Ein Ankurbeln der körpereigenen Immunreaktion könnte der Schlüssel zur Heilung von HIV sein

Walter and Eliza Hall Institute
Walter and Eliza Hall Institute

Australische Wissenschaftler haben erfolgreich eine HIV-ähnliche Erkrankung bei Mäusen geheilt, indem sie die Funktion spezieller Zellen verstärkt haben, die wichtig für die Immunreaktion sind.

Ein Team unter Leitung von Dr. Marc Pellegrini vom Walter and Eliza Hall Institute bewies, dass der Botenstoff Interleukin-7 (IL-7) die Immunabwehr bei chronischen Virusinfektionen reaktivieren kann, so dass der Wirtskörper das Virus rückstandslos vernichten kann.

Dr. Pellegrini von der Abteilung Infektion und Immunität des Instituts ist der Meinung, dass die Forschungsergebnisse nicht nur eine Heilung bei chronischen Virusinfektionen wie HIV oder Hepatitis B und C möglich machen könnten, sondern auch bei bakteriellen Erkrankungen, die weltweit eine große wirtschaftliche und gesundheitliche Belastung sind, wie zum Beispiel Tuberkulose.

Gängige Behandlungsmethoden bei chronischen Infektionen setzen den Schwerpunkt auf eine langlebige Immunantwort bei einer spezifischen Erkrankung. Dr. Pellegrini, der mit Simon Preston und Jesse Toe zusammenarbeitet und seine Kollegen Professorin Pamela Ohashi und Tak Mak vom Ontario Cancer Institute, sind allerdings der Meinung, dass eine solche Langzeit-Immunantwort bei chronischen Erkrankungen nicht immer unbedingt sehr effektiv sind. Deshalb konzentrieren sie sich darauf, wie man die Immunreaktion verändern kann, damit sie eine solche Infektion besser bekämpfen kann.

„Viren wie HIV oder Hepatitis B und C überwältigen das Immunsystem und führen zur Entstehung von chronischen Infektionen, die dann ein Leben lang anhalten und unheilbar werden.“ Weiter meint Dr. Pellegrini: „Trotz des ungeheuer großen Aufwands sind bei einigen Viruserkrankungen solche Langzeit-Immunantworten wirkungslos, weil der Körper so stark von Viren überschwemmt wird, dass das Immunsystem, insbesondere die T-Zellen, einfach den Kampf dagegen aufgibt. Man hat den Begriff „Abwehr-Erschöpfung“ geprägt, um diesen Zustand zu beschreiben. Unser Denkansatz beruht darauf, hinter den Mechanismus zu kommen, der diese Abwehr-Erschöpfung hervorruft und den Wirtskörper zu verändern, damit er die natürliche Abwehr so verstärkt, dass er die Infektion wieder bekämpfen kann.“

In Versuchen mit Mäusen erforschte das Team die Funktionsweise von Interleukin 7, einem im Körper natürlich vorkommenden Botenstoff, bei einer HIV-ähnlichen Infektion. IL-7 gehört zu den Zytokinen (Botenstoffe der Zellen) und spielt damit eine eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung des Immunsystems.

„Wir fanden heraus, dass IL-7 das Immunsystem auf eine dermaßen tiefgreifende Art und Weise verstärkte, dass die Versuchstiere schrittweise die Viren bekämpfen konnten, ohne dass es dabei zu allzu starken ungewollten Gewebeschäden kam“, sagte Dr. Pellegrini.

Weitere Untersuchungen zeigten, dass IL-7 auf molekularer Ebene ein Gen namens SOCS-3 ausschaltet.

„Wenn eine Infektion den Körper überschwemmt, wird SOCS-3 hochaktiv und unterdrückt zugleich die Immunreaktion. Dies ist vermutlich eine natürliche Vorsichtsmaßnahme, um unkontrollierte Reaktionen zu verhindern, die körpereigenes Gewebe zerstören könnten.“ Pellegrini weiter: „Im Fall einer solchen „überwältigenden“ Infektion zieht das Immunsystem quasi die Bremse zu früh an und die Infektion bleibt bestehen.“

Simon Preston, der an der SOCS-3-Studie forschte, sagte, dass das Ausschalten des SOCS-3-Gens das Immunsystem anregte und den Versuchstieren half, die Infektion komplett zu beseitigen.

„Der Schlüssel bei unserer Beweisführung war, dass das Ausschalten von SOCS-3 nur dann richtig funktionierte, wenn es sich im Inneren der T-Zellen befand“, sagte Preston. „Dies gestattete der Immunantwort die Anzahl virusspezifischer T-Zellen zu erhöhen und damit eine Abwehrreaktion zu erzeugen, die stark genug war, das Virus zu vernichten, ohne eine zu starke Reaktion hervorzurufen, die dem Versuchstier geschadet hätte.“

Dr. Pellegrini ist der Meinung, dass die Forschungsergebnisse gute Ansätze für neue Therapiemethoden liefern können, die speziell die körpereigenen Abwehrzellen zur Bekämpfung der Krankheit benutzen könnten, statt die Krankheit selbst ins Visier zu nehmen. „Die Ergebnisse können dabei helfen, Medikamente zu entwickeln, die auf spezielle körpereigene Moleküle wie zum Beispiel SOCS-3 ausgerichtet sind, um diese dann für einen bestimmten kurzen Zeitraum abzuschalten und in diesem dann die T-Zellen wiederzubeleben, die sich dann neu formieren können um die Krankheit zu bekämpfen.“

Diese Studie wurde unterstützt vom Australian National Health and Medical Research Council, dem Canadian Institute for Health und dem Cancer Research Institute.

(SOM)

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