Die Entdeckung von anorganischen, halbdurchlässigen Tonbläschen deutet darauf hin, dass Mineralien eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Leben gespielt haben könnten.
Ein Team von Wissenschaftlern für angewandte Physik an der School of Engineering and Applied Sciences (SEAS) der Harvard University in Princeton und der Brandeis University haben die Bildung von semipermeablen Bläschen aus anorganischem Lehm bewiesen.
Die Forschungsarbeit, die in der Zeitschrift Soft Matter veröffentlicht wurde, zeigt, dass Tonbläschen ein ausgezeichneter Behälter für die Entstehung komplexer organischer Moleküle in geschlossenen Hohlräumen sind.
Die Autoren sind der Meinung, dass diese Entdeckung die Möglichkeit nahelegt, dass sich im Inneren solcher anorganischen Mikrobläschen aus Ton primitive Zellen gebildet haben könnten.
„In den letzten Jahrzehnten haben eine Menge Arbeiten die Rolle von Luftbläschen bei der Anreicherung von Molekülen und Nanopartikeln erforscht, was interessante chemische Reaktionen hervorgebracht hat“, sagte der Chefautor Anand Bala Subramaniam, ein Doktorand an der SEAS.
„Wir können jetzt den kompletten physikalischen Vorgang für den Wandel von einem zweiphasigen Ton-Luftbläschen-System, welches jede Art von Chemie in der wässrigen Phase ausschließt, zu einem einzigen Tonbläschen-System in wässriger Phase vorstellen“, so Subramaniam. „Dadurch bildet sich ein semipermeables Bläschen aus Materialien aus, die bereits in der Umgebung vorhanden sind.“
„Lehmgepanzerte Bläschen“ bilden sich auf natürlicher Weise unter Wasser, wenn sich plättchenförmige Partikel von Montmorillonit an der äußeren Oberfläche von Luftbläschen anheften.
Wenn diese Tonbläschen in Kontakt mit einfachen organischen Flüssigkeiten wie Ethanol oder Methanol kommen, die eine geringere Oberflächenspannung als Wasser besitzen, benetzt die Flüssigkeit die überlappenden Plättchen. Sobald die Oberfläche der inneren Tonschale angefeuchtet wird, löst sich die störende Luftblase in ihrem Inneren auf.
Das dabei entstehende Tonbläschen ist eine starke, kugelförmige Hülle, die eine physikalische Grenze zwischen dem Wasser im Inneren und dem Wasser außen bildet. Die lichtdurchlässigen, zellartigen Bläschen sind robust genug, um ihren Inhalt in einer dynamischen Wasserumgebung wie dem Meer zu schützen.
Mikroskopisch kleine Öffnungen in der Bläschenwand schaffen eine semipermeable Membran, die es chemischen Grundbausteinen erlaubt, in die „Zelle“ einzudringen, während größere Strukturen am Verlassen gehindert werden.
Seit Hunderten von Jahren haben Wissenschaftler Montmorillonit, das in Ton reichlich vorhanden ist, untersucht. Das Mineral ist bekannt dafür, dass es wie ein chemischer Katalysator wirkt, der Lipide zur Bildung von Membranen anregt und einzelne Nukleotide dazu bringt, sich zu RNA-Strängen zu verbinden.
Da Liposomen und RNA die Vorläufer bei der Entstehung von Leben sind, weisen Subramaniam und seine Co-Autoren besonders darauf hin, dass die Poren in den Tonbläschen hierbei sogar doppelte Funktion erfüllen könnten, einerseits als selektive Eingangspforten, andererseits als Katalysatorpunkte.
„Die Schlussfolgerung hiervon ist, dass kleine Fettsäuremoleküle eindringen und sich dann selbsttätig zu größeren Strukturen zusammensetzen können, die dann nicht mehr heraus kommen“, meinte der Projektleiter Howard A. Stone, ein früheres Fakultätsmitglied von Harvard und jetziger Professor für Mechanische und Luft-und Raumfahrttechnik in Princeton. „Wenn es einen Vorteil hat, in einem Tonbläschen geschützt zu sein, dann wäre es für Moleküle, die sich selbst organisieren können, sicher die Methode der Wahl.“
Zukünftige Forschungen werden die physikalischen Interaktionen zwischen den plättchenförmigen Tonbestandteilen einerseits und den Flüssigkeiten und dem Lehm andererseits untersuchen. Die Wissenschaftler sind ebenso daran interessiert, ob sich diese Tonbläschen auch tatsächlich in natürlicher Umgebung nachweisen lassen.
„Natürlich ist es nicht sicher, ob diese Tonbläschen wirklich eine signifikante Rolle bei der Entstehung des Lebens gespielt haben“, so Subramaniam. „Doch die Tatsache, dass sie so stabil sind zusammen mit der altbekannten Katalysatoreigenschaft von Ton, lässt den Schluss zu, dass sie zumindest irgendeine Rolle dabei gespielt haben könnten.“
Zu den Co-Autoren von Subramaniam und Stone gehören auch Jiandi Wan von der Princeton University und Arvind Gopinath von der Brandeis University.
Die Studie wurde vom Harvard Materials Research Science and Engineering Center finanziert und von der Harvard Center for Brain Science Imaging Facility gefördert.
Quelle: http://www.seas.harvard.edu/news-events/press-releases/clay-armored-bubbles
(THK)
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