Die Eigenschaften eines Materials werden stark von der elektrischen und magnetischen Struktur der Ionen und Elektronen beeinflusst, aus denen es besteht. In einem Ferromagneten zeigen benachbarte Elektronenspins in dieselbe Richtung und verursachen ein starkes externes Magnetfeld. In einem Antiferromagneten zeigen sie allerdings in entgegengesetzte Richtungen, wodurch kein Magnetismus zustande kommt. Dieses Verhalten kann in Geräten wie Schaltern, Speichern und Computern ausgenutzt werden.
Multiferroische Materialien eröffnen eine noch umfassendere Physik – und erweiterte Anwendungsmöglichkeiten – weil ihre magnetischen und elektrischen Ordnungen miteinander verbunden sind. Jedoch ist die magnetische und elektrische Strukturierung von Multiferroika noch nicht vollständig verstanden. Jetzt haben Shunsuke Furukawa, Masahiro Sato und Shigeki Onoda vom RIKEN Advanced Science Institute in Wako (Japan) berechnet, wie die magnetische Ordnung in eindimensionalen multiferroischen Materialien, dem einfachsten Beispiel dieser Materialien, entsteht.
Diese Einfachheit bedeutet, dass eindimensionale multiferroische Materialien nützliche Modelle für das Verständnis mehrdimensionaler oder ‚loser‘ multiferroischen Materialien sind. Ihre eindimensionalen Spinketten können nicht nur eine Vielzahl von ferromagnetischen und anti-ferromagnetischen Ausrichtungen annehmen, sie können sich auch in komplizierteren Mustern anordnen, etwa Spiralen, die über weite Teile der Kette definiert sind (siehe die nebenstehende Abbildung). Das Verständnis dieser exotischen Muster könnte zu neuen grundlegenden Wissenschaften führen, genau wie zu neuen Anwendungen. Außerdem kann eine eindimensionale Kette auch die elektrische Kontrolle über magnetische Strukturen und die Reaktion auf Licht, welches für komplexere Multiferroika charakteristisch ist, ermöglichen.
Onada und seine Kollegen konzentrierten sich auf die Beschreibung der magnetischen Struktur in einer eindimensionalen Kette in Bezug darauf, wie stark benachbarte Spins miteinander verbunden sind. Sie fingen an, indem sie eine Rechentechnik benutzten, die es erlaubt, für die genaue Bearbeitung einer unendlich großen Ansammlung von Spins ein Phasendiagramm zu konstruieren, das beschreibt, wie sich die Anordnung der Spins verändert, wenn sich die Spin-Spin-Verbindungen in dem Material ändern. Vor allem zeigte das Diagramm, dass eine ferromagnetische Verbindung zwischen zwei engen Nachbarn viel wahrscheinlicher eine weitreichende Ordnung erzeugte, als eine anti-ferromagnetische Verbindung.
Diese Beobachtung erklärte erfolgreich die experimentell nachgewiesene Anordnung von Spins in verschiedenen eindimensionalen multiferroischen Cupraten (chemische Verbindungen mit einem kupferhaltigen Anion). Insbesondere war das Forschungsteam in der Lage, korrekt vorherzusagen, dass das lose multiferroische Material LiCu2O2, dessen einzigartige Physik die Aufmerksamkeit von Physikern seit über einer Dekade auf sich zieht, zu einem gewissen Grad eine optisch aktive Ordnung annimmt und eine spezifische Reaktion auf Licht zeigt. „Diese Ergebnisse bestätigen, dass eindimensionale Multiferroika ein ideales Labor für die Untersuchung von Spin-Dynamiken sind“, sagte Onada und er denkt, dass die Berechnungen weitere Studien von neuen eindimensionalen Multiferroika und anderen neuen Materiezuständen fördern werden.
Quelle: http://www.rikenresearch.riken.jp/eng/research/6535
(THK)
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