Forschungsergebnisse liefern neuen Denkansatz zum Verständnis der Bewegung von Kontinenten
Vor mehr als 40 Jahren veröffentlichte der Pionier der Plattentektonik, der Geophysiker J. Tuzo Wilson, einen Artikel in der Zeitschrift Nature, in dem er beschrieb, wie sich die ozeanischen Becken entlang der Ostküste des nordamerikanischen Kontinents geöffnet und geschlossen hatten.
Seine Entdeckungen, die den Namen „The Wilson Tectonic Cycle“ (dt. Wilson-Zyklus, Anm. d. Red.) bekamen, legten zugrunde, dass dieser Prozess im Laufe der Erdgeschichte mehrfach vonstatten gegangen war, wobei der bisher letzte Vorgang die Aufspaltung des Superkontinents Pangaea in die heutigen sieben Kontinente verursacht habe.
Wilsons Ideen bildeten den Kern der sogenannten Plattentektonik-Revolution, der Basis für die heutigen Theorien, die den Prozessen für die Bildung von Gebirgen und Erdbeben zugrunde liegen.
Seit seiner Veröffentlichung im Jahr 1967 haben weitere Studien ergeben, dass großflächige Umformungen von Kontinenten in einigen Regionen wiederholt geschehen, in anderen jedoch gar nicht, die Gründe dafür jedoch blieben weitgehend unerforscht.
Jetzt allerdings warfen neue Forschungsergebnisse des Geophysikers Tony Lowry von der Utah State University und seiner Kollegin Marta Pérez-Gussinyé von der Royal Holloway University of London ein überraschendes Licht auf diese rastlosen Gesteinszyklen.
„Es fängt alles mit Quarz an“, sagte Lowry, der die Ergebnisse der aktuellen Studie in der neuesten Ausgabe der Nature veröffentlichte.
Die Wissenschaftler beschreiben eine neuartige Vorgehensweise bei der Messung von Eigenschaften der tiefen Erdkruste.
Die Arbeit enthüllt die Schlüsselrolle von Quarz beim Einsetzen der Bewegungsabläufe von Ereignissen, die die Oberfläche der Erde dazu bringen, aufzubrechen, zu knittern, sich zu falten und wieder zu dehnen und dadurch Berge, Ebenen und Täler zu bilden.
„Wenn man jemals von den Great Plains des Mittelwestens in Richtung Westen zu den Rocky Mountains gefahren ist, wundert man sich, wie die flachen Ebenen sich plötzlich ab einem gewissen Punkt zu steilen Gipfeln erheben“, so Lowry.
„Es stellte sich heraus, dass die Erdkruste unterhalb der Ebenen fast keinen Quarz beinhaltet, während die Rocky Mountains sehr quarzhaltig sind.“
Er vermutet, dass solche Quarzbänder der Katalysator sein könnten, der die Gesteinszyklen der Bildung von Gebirgen in Bewegung setzt.
„Erdbeben, Gebirgsbildung und andere sichtbare Zeichen der Tektonik von Kontinenten hängen davon ab, wie leicht Gestein als Reaktion auf Druck fließt“, sagte Lowry.
„Wir wissen zwar, dass Tektonik eine Reaktion auf die Auswirkungen der Schwerkraft ist, aber wir wissen sehr wenig über das Verhalten von Gesteinsfluss und wie sie sich von einem Standort zum anderen unterscheiden.“
Wilsons Theorie lieferte einen wichtigen Hinweis darauf, so Lowry, weil die Wissenschaftler über einen langen Zeitraum beobachtet hatten, dass sich Gebirgsketten und Grabenzonen über einen langen Zeitraum hinweg immer wieder an den selben Stellen gebildet haben.
Doch warum ist das so?
„In den letzten Jahrzehnten haben wir gelernt, dass hohe Temperaturen, Wasser und ausgiebig vorhandener Quarz ausschlaggebende Faktoren sind, die Gestein leichter fließen lassen“, so Lowry. „Bis jetzt hatten wir allerdings keine Möglichkeit, diese Faktoren auch zu messen und seit Langem bestehende Fragen zu beantworten.“
Seit 2002 lieferten die seismischen Messpunkte des von der National Science Foundation (NSF) gegründeten Earthscope Transportable Array im Westen der Vereinigten Staaten aus der Ferne Messdaten über die Eigenschaften des Kontinentalgesteins.
„Wir haben die Daten von Earthscope mit anderen geophysischen Messungen von Schwerkraft und dem Austausch von Oberflächenwärme auf eine komplett neue Art kombiniert, die es uns erlaubt, die Auswirkungen von Temperatur, Wasser und Quarz in der Erdkruste zu unterscheiden“, sagte Lowry.
Durch die Messdaten von Earthscope konnte das Team sowohl die Dicke, als auch die seismische Geschwindigkeitsrate der Kontinentalkruste im Westen Amerikas einschätzen.
„Diese verblüffende Studie bietet neuartige Einsichten in die Prozesse, die großflächige Veränderungen von Kontinenten antreiben, und deren Dynamik“, so Greg Anderson, der Leiter des Earthscope-Programms an der NFS. „Diese sind wichtig zum Verständnis über die Anordnung und die Entwicklung der Kontinente.“
Die seismische Geschwindigkeit beschreibt, wie schnell Schallwellen und Scherwellen durch das Gestein wandern, was Rückschlüsse auf dessen Temperatur und Zusammensetzung zulässt.
„Die seismische Geschwindigkeit ist sowohl von der Temperatur, als auch vom Gesteinstyp abhängig“, sagte Lowry.
„Doch wenn die Geschwindigkeiten als Rate kombiniert werden, fällt die Abhängigkeit von der Temperatur heraus. Wir fanden heraus, dass die Geschwindigkeitsrate besonders empfindlich auf das Vorhandensein von Quarz reagierte.“
Als sie auch den Einfluss der Temperatur ausgeschlossen hatten, fanden die Wissenschaftler heraus, dass eine niedrige seismische Geschwindigkeitsrate, die auf eine dünne und quarzreiche Erdkruste hinweist, systematisch in den selben Gebieten vorkam, wie höhere Temperaturen in der tieferen Erdkruste, die unabhängig von den Temperaturströmugen an der Oberfläche entstehen.
„Das war eine Überraschung“, meinte er. „Wir glauben, das weist auf einen Reaktionszyklus hin, der von Quarz ausgelöst wird.“
Wenn Temperatur und Wassergehalt gleich sind, so Lowry, konzentriert sich der Gesteinsfluss dort, wo der Quarz ist, weil das die einzige Schwachstelle ist.
Wenn das Gestein erst einmal in Fluss gerät, bringt die Bewegung des Gesteins Hitze mit sich und diese effiziente Art der Wärmebewegung erhöht die Temperatur weiter, was zu einer Schwächung der Erdkruste führt.
„Wenn Gestein erwärmt wird, muss es Wasser abgeben, das ansonsten chemisch in den Kristallen gebunden ist“, meinte er.
Das Wasser schwächt die Erdkruste noch weiter, was zunehmend zur ihrer Verformung in einem bestimmten Gebiet führt.
Weiterführende Links:
Der Wilson-Zyklus bei Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Wilson-Zyklus
Quelle: http://www.nsf.gov/news/news_summ.jsp?cntn_id=118951
(THK)
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