Röntgenbeobachtungen des Suzaku Observatoriums liefern den derzeit besten Einblick in die Größe, Masse und chemische Zusammensetzung eines benachbarten Galaxienhaufens. Die Studie erbringt außerdem den ersten direkten Beweis dafür, dass sich Millionen Grad heiße Gaswolken dicht zusammengedrängt in den Außenbereichen des Galaxienhaufens befinden.
Suzaku wird von der Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) gefördert, unter Mitwirkung der NASA und Beteiligung der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft. Die Ergebnisse wurden in der Ausgabe vom 25. März des Journals Science veröffentlicht.
Galaxienhaufen durchmessen Millionen von Lichtjahren und der größte Teil ihrer normalen Materie besteht aus heißem Gas, das den Raum zwischen den Galaxien füllt und Röntgenstrahlung emittiert.
„Den Inhalt der normalen Materie in Galaxienhaufen zu verstehen ist ein Schlüsselelement dafür, anhand dieser Objekte die Entwicklung des Universums zu untersuchen“, erklärte Adam Mantz, ein Co-Autor der Studie am Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland).
Galaxienhaufen bieten unabhängige Kontrollen von kosmologischen Messgrößen, die von anderen Hilfsmitteln aufgestellt wurden. Dazu zählen etwa Durchmusterungsprojekten, explodierende Sternen und der kosmische Mikrowellen-Hintergrund, der ein Nachglühen des Urknalls ist. Die Daten der Galaxienhaufen und die der anderen Messgrößen passen nicht zusammen.
Die von der NASA betriebene Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP) erforschte den kosmischen Mikrowellen-Hintergrund und stellte fest, dass Baryonen – was Physiker als normale Materie bezeichnen – nur 4,6 Prozent des Universums ausmachen. Vorherige Studien zeigten, dass Galaxienhaufen sogar noch weniger Baryonen als dieser Prozentsatz zu enthalten scheinen.
Suzaku Aufnahmen von leuchtschwachem Gas in den Randzonen eines benachbarten Galaxienhaufens haben Astronomen erstmals erlaubt, diese Diskrepanz aufzuklären.
Das perfekte Ziel der Untersuchungen des Satelliten war der Perseus Galaxienhaufen in rund 250 Millionen Lichtjahren Entfernung, welcher nach dem Sternbild benannt wurde, in dem er liegt. Er ist die hellste ausgedehnte Röntgenquelle neben unserer eigenen Galaxie und ist zudem der hellste und nächstgelegene Cluster, bei dem Suzaku versuchte, das entlegene Gas zu kartieren.
Vor der Untersuchung mit Suzaku war unser Wissen über die Eigenschaften dieses Gas auf die innersten Bereiche von Galaxienhaufen beschränkt, wo die Röntgenemissionen am hellsten sind, aber das lies einen riesiges Volumen im Wesentlichen unerforscht“, sagte Aurora Simionescu, die leitende Wissenschaftlerin der Studie am Kavli Institute für Particle Astrophysics and Cosmology (KIPAC) der Stanford University.
Ende 2009 beobachteten die Röntgenteleskope von Suzaku den Cluster wiederholt durch schrittweise Anfertigungen von Aufnahmen, welche die Randgebiete östlich und nordöstlich des Zentrums zeigen. Jede Bildserie umfasste eine Himmelsregion von zwei Grad Durchmesser, was der vierfachen Größe des Vollmonds oder – bezogen auf die Entfernung des Clusters – ungefähr neun Millionen Lichtjahren entspricht.
Mit den Daten maßen die Wissenschaftler die Dichte und die Temperatur des leuchtschwachen Röntgengases, woraus sie andere wichtige Größen ableiten konnten. Eine ist der so genannte „viriale Radius“, der die Grenzen des Clusters kennzeichnet. Auf Basis dieser Messungen durchmisst der Cluster 11,6 Millionen Lichtjahre und beinhaltet mehr als 660 Billionen Sonnenmassen. Das ist fast die tausendfache Masse unserer Milchstraße.
Die Wissenschaftler bestimmten auch das Verhältnis der Gasmassen zur Gesamtmasse des Clusters, inklusive Dunkler Materie – die mysteriöse Substanz, die WMAP zufolge etwa 23 Prozent des Universums ausmacht. Wegen ihrer enormen Größe sollten Galaxienhaufen eine repräsentative Probe kosmischer Materie enthalten, mit Verhältnissen zwischen normaler und Dunkler Materie, die vergleichbar mit den Beobachtungen von WMAP sind. Im Gegensatz zu früheren Studien scheint der Perseus Cluster jetzt zu viele Baryonen zu enthalten, was immer noch im Widerspruch zu den WMAP Daten steht.
Um das Problem zu lösen, mussten die Forscher die Verteilung des heißen Gases in dem Cluster verstehen. In der Zentralregion wird das Gas wiederholt durch vorbeiziehende Galaxien beeinflusst. Aber Computersimulationen zeigen, dass frisches Gas an den Randzonen des Clusters dazu neigt, irreguläre Klumpen zu bilden.
Wenn die Verklumpungen nicht berücksichtigt werden, wird die Dichte des Gases überschätzt. Das führte zu der aufgetretenen Unstimmigkeit mit dem Anteil normaler Materie, der im kosmischen Mikrowellen-Hintergrund gefunden wurde.
„Die Verteilung dieser Klumpen und die Tatsache, dass sie beim Eintreten in den Cluster nicht sofort zerstört werden, sind wichtige Anhaltspunkte, um die physikalischen Prozesse zu verstehen, die in diesen zuvor unerforschten Regionen stattfinden“, sagte Steve Allen, der leitende Wissenschaftler der Suzaku Beobachtungen am KIPAC.
Das Goddard Space Flight Center stellte die Röntgenteleskope und die Datenverarbeitungs-Software für Suzaku bereit und betreibt eine Einrichtung, die us-amerikanische Astronomen unterstützt, welche den Satelliten benutzen.
Suzaku (japanisch für „roter Vogel des Südens“) ist der fünfte japanische Röntgenastronomie-Satellit. Er wurde als Astro-E2 am 10. Juli 2005 gestartet und im Orbit dann umbenannt. Das Observatorium wurde am Institute of Space and Astronautical Science der JAXA in Zusammenarbeit mit der NASA und anderen japanischen und us-amerikanischen Einrichtungen entwickelt.
Quelle: http://www.nasa.gov/mission_pages/astro-e2/news/perseus-cluster.html
(THK)
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