Ein Mann aus der Eisenzeit, dessen Schädel und Gehirn im Rahmen von Ausgrabungen der University of York freigelegt wurden, war einer neuen Studie zufolge das Opfer eines grauenhaften Ritualmordes.
Die Wissenschaftler sagen, dass Frakturen und Male auf den Knochen darauf hindeuten, dass der zwischen 26 und 45 Jahre alte Mann höchstwahrscheinlich durch Erhängen starb. Danach wurde er sorgfältig enthauptet und sein Kopf wurde für sich allein begraben.
Archäologen entdeckten die Überreste 2008 in einer von mehreren Gruben aus der Eisenzeit auf dem Gebiet „Heslington East“, einer 750 Millionen Pfund teuren Campus-Erweiterung der University of York. In dem Schädel war immer noch Gehirngewebe vorhanden, das rund 2.500 Jahre zurückdatiert wurde und damit eines der ältesten erhaltenen Gehirne in Europa darstellt.
Ein fachübergreifendes Forschungsteam, darunter Archäologen, Chemiker, Bio-Archäologen und Neurologen, wurde zusammengestellt, um die Ursache festzustellen, wie das Gehirn des Mannes erhalten wurde, obwohl das andere weiche Gewebe verweste und nur die Knochen übrig ließ.
Das Team untersucht außerdem Details über den Tod und das Begräbnis des Mannes, welches vielleicht zu dem Überdauern des normalerweise hochgradig anfälligen Weichgewebes beigetragen haben könnte. Die Studie wurde von der University of York und English Heritage finanziert und im Journal of Archaeological Science veröffentlicht.
Archäologen des York Archaeological Trust entdeckten den einzelnen Schädel, wie er mit dem Gesicht nach unten in dem braunen, weichen, sandigen Lehm lag, der reich an organischen Substanzen ist. Sie kamen im Auftrag der Universität, um die Probeausgrabung durchzuführen, bevor die Bauarbeiten auf der Campus-Erweiterung beginnen sollten.
Seit ihrer Entdeckung wurden das Gehirn und der Schädel unter streng kontrollierten Bedingungen aufbewahrt, aber die Wissenschaftler haben Proben mit einer Reihe von hochentwickelten Geräten untersucht, darunter einem CT-Scanner am York Hospital und einem Massenspektrometer an der University of York.
Proben des Gehirngewebes enthielten eine DNA-Sequenz, die mit Sequenzen übereinstimmte, welche nur in wenigen Individuen aus der Toskana und dem Nahen Osten gefunden wurden. Kohlenstoffmessungen legen nahe, dass die Überreste aus den Jahren zwischen 673 und 482 vor Christus stammen.
Peri-mortem Frakturen (Brüche zum Todeszeitpunkt) des zweiten Halswirbels stimmen mit einer traumatischen Spondylolisthesis (gewaltsames seitliches Verschíeben des Wirbels) überein und eine Gruppe von ungefähr neun horizontalen feinen Schnittmarkierungen, die von einem Instrument mit schmaler Klinge – wie einem Messer – stammen, sind auf der Vorderseite des Wirbelkörpers erkennbar.
Bei histologischen Untersuchungen wurden Überreste von Gehirngewebe gefunden und hoch empfindliche neuroimmunologische Techniken und Analysen bewiesen das Vorhandensein von bestimmten Lipiden und gehirnspezifischen Proteinen in den Resten.
Das Wissenschaftsteam untersucht jetzt, wie diese Lipide und Proteine möglicherweise kombiniert waren, um das verbleibende Material des erhaltenen Gehirns zu bilden und welchen Einblick das möglicherweise auf die Umstände des Todes, des Fundortes und der Erhaltung der Heslington-Gehirns werfen kann.
Das Team wird geleitet von Dr. Sonia O’Connor, einer Forschungsstipendiatin für archäologische Wissenschaften an der University of Bradford und Gast-Forschungsstipendiatin an der University of York. Dazu gehören Wissenschaftler aus den Abteilungen für Archäologie, Biologie und Chemie an der York, archäologische Wissenschaft an der University of Bradford, dem Biocentre and the Department of Laboratory Medicine an der Manchester University und dem UCL Institute of Neurology in London.
Dr. O’Connor sagte: „Es kommt sehr selten vor, dass man bei skelettieren menschlichen Überresten archäologischen Ursprungs noch eine Todesursache feststellen kann. Die Konservierung des Gehirns bei ansonsten skelettierten Überresten ist sogar noch erstaunlicher, jedoch nicht einzigartig.“
„Dies ist die umfassendste Untersuchung, die jemals an einem Gehirn vorgenommen wurde, das bei einem begrabenen Skelett gefunden wurde und sie lässt uns erstmals ansatzweise verstehen, warum Gehirngewebe noch tausende Jahre erhalten bleiben kann, nachdem das restliche weiche Gewebe bereits verwest ist.“
Obwohl die „Schädeltrophäen“ in der Eisenzeit offenbar eine Rolle gespielt haben und es Beweise dafür gibt, dass in der Bronzezeit deswegen menschliche Überreste konserviert wurden, gibt es nach Ansicht der Wissenschaftler in diesem Fall keine Anzeichen dafür. Analysen ergaben keinen Nachweis von Biomarkern, die auf eine absichtliche Konservierung durch Einbalsamierung oder Räuchern hindeuten.
Dr. O’Connor fügte hinzu: „Der Austrocknungszustand des Gehirns und der Mangel an Anzeichen für Zersetzung weisen darauf hin, dass das Begräbnis in den feinkörnigen, beinahe sauerstofflosen Sedimenten der Grube sehr kurz nach dem Tod stattgefunden hatte. Das ist eine markante und ungewöhnliche Abfolge von Ereignissen und könnte deshalb die Erklärung für die außergewöhnlich gute Konservierung des Gehirns sein.“
Quelle: http://www.york.ac.uk/news-and-events/news/2011/research/iron-ge-man/
(SOM)
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