Eine neue Simulation mit einem Supercomputer zeigt, dass die Kollision zweier Neutronensterne durchaus die magnetischen Strukturen erzeugen kann, von denen man annimmt, dass sie die Hochgeschwindigkeits-Partikeljets antreiben, welche mit kurzen Gammastrahlungsausbrüchen (Gamma-ray Bursts, GRBs) einhergehen. Die Studie liefert den detaillierstesten Einblick in die Kräfte, die einige der energiereichsten Explosionen im Universum hervorrufen.
Die hochmoderne Simulation lief für fast sieben Wochen auf dem Damiana Computer Cluster am Albert Einstein Institut (AEI) in Potsdam (Deutschland). Sie verfolgt Ereignisse, die sich in 35 Millisekunden abspielen – dreimal schneller als ein Augenblinzeln.
GRBs gehören zu den hellsten bekannten Ereignissen und emittieren in wenigen Sekunden soviel Energie wie unsere gesamte Galaxie in einem Jahr. Der Großteil der Emissionen wird in Form von Gammastrahlen ausgesandt, der energiereichsten Form von Licht.
„Wir haben es zum ersten Mal geschafft, die Simulationen bis zur Verschmelzung und der Bildung des Schwarzen Lochs laufen zu lassen“, sagte Chryssa Kouveliotou, eine Co-Autorin der Studie am Marshall Space Flight Center der NASA in Huntsville (Alabama). „Das ist die bei weitem längste Simulation von diesem Prozess und nur bei genügend großen Zeitspannen wächst das magnetische Feld und reorganisiert sich selbst von einer chaotischen Struktur in etwas, das einem Jet gleicht.“
GRBs mit einer Dauer von über zwei Sekunden sind der häufigste Typ und man denkt weithin, dass dieser Typ durch den Kollaps eines massiven Sterns in ein Schwarzes Loch entsteht. Wenn Materie in das Schwarze Loch fällt, bilden Teile davon Jets in die entgegengesetzte Richtung, die sich mit annähernd Lichtgeschwindigkeit bewegen. Diese Jets bohren sich entlang der Rotationsachse durch den kollabierenden Stern und erzeugen einen Gammastrahlenausbruch, wenn sie aus dem Stern herausbrechen. Kurze, schnell abklingende GRBs zu verstehen hat sich dagegen als schwieriger herausgestellt. Astronomen hatten Probleme, präzise Positionen für nachfolgende Studien zu erhalten.
Das änderte sich im Jahre 2004, als der NASA-Satellit Swift rasch damit begann, Ausbrüche zu lokalisieren und den Astronomen mitzuteilen, wo sie hinschauen müssen.
„Für mehr als zwei Jahrzehnte war das führende Modell für kurze GRBs die Verschmelzung zweier Neutronensterne“, sagte Co-Autor Bruno Giacomazzo von der University of Maryland und dem Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland). „Jetzt können wir tatsächlich zeigen, dass die Verschmelzung zweier Neutronensterne ein ultrastarkes Magnetfeld erzeugt, das wie die Jets strukturiert ist, welche für einen GRB benötigt werden.“
Ein Neutronenstern ist der komprimierte Kern, der übrig bleibt, wenn ein Stern mit weniger als 30 Sonnenmassen als Supernova explodiert. Seine Materie erreicht Dichten, die auf der Erde nicht reproduziert werden können – ein einziger Löffel voll wiegt soviel wie das Himalaya Gebirge.
Die Simulation begann mit einem Paar magnetisierter Neutronensterne, die einander in nur rund 18 Kilometern Abstand umkreisen. Jeder Stern vereinigt 1,5 Sonnenmassen in einer Kugel von nur ungefähr 27 Kilometern Durchmesser und generiert ein Magnetfeld, das etwa eine Billion mal stärker ist als das der Sonne.
In 15 Millisekunden kollidierten und verschmolzen die Neutronensterne miteinander, um ein schnell rotierendes Schwarzes Loch mit der 2,9-fachen Sonnenmasse zu bilden. Der Rand des Schwarzen Lochs, bekannt als Ereignishorizont, maß weniger als 9,5 Kilometer im Durchmesser. Ein wirbelndes Chaos aus superdichter Materie mit Temperaturen, die 18 Milliarden Grad Fahrenheit (oder Celsius oder Kelvin – bei solchen Werten fallen die Unterschiede kaum ins Gewicht, Anm. d. Red.) umgab das neu geborene Schwarze Loch. Die Verschmelzung vergrößerte die Stärke des kombinierten Magnetfeldes, aber brachte es auch in Unordnung.
In den nächsten 11 Millisekunden verstärkte das Gas, welches mit annähernd Lichtgeschwindigkeit herumwirbelt, das magnetische Feld zusätzlich, wodurch es letztendlich 1.000 Mal stärker wurde als die Magnetfelder der ursprünglichen Sterne. Zur selben Zeit ordnete sich das Feld etwas mehr und bildete ein Paar nach außen gerichteter Trichter entlang der Rotationsachse des Schwarzen Lochs.
Das ist exakt die zum Antreiben der Jets aus ultraschnellen Teilchen benötigte Konfiguration, welche einen kurzen GRB erzeugt. Keiner der magnetischen Trichter war mit Hochgeschwindigkeitsmaterie angefüllt als die Simulation endete, aber frühere Studien haben gezeigt, dass Entstehung von Jets unter diesen Bedingungen auftreten kann.
„Indem wir Einsteins Relativitätsformeln gelöst haben wie niemals zuvor und der Natur ihren Lauf ließen, haben wir den Schleier um die kurzen GRBs gelüftet und enthüllt, was ihre zentrale Antriebskraft sein könnte“, sagte Luciano Rezzolla, der Hauptautor der Studie am AEI. „Das ist ein lang erwartetes Ergebnis. „Jetzt scheint es so, als ob die Verschmelzung von Neutronensternen unweigerlich verbundene Jet-artige Strukturen in einem ultrastarken Magnetfeld erzeugt.“
Die Studie ist online verfügbar und wird in der Ausgabe vom 1. Mai der The Astrophysical Journal Letters veröffentlicht.
Die Autoren merken an, dass der ultimative Beweis für das Verschmelzungsmodell auf den Nachweis von Gravitationswellen – Kräuselungen im Raumzeit-Gefüge, die von der Relativitätstheorie vorhergesagt werden – warten muss. Verschmelzende Neutronensterne werden als hervorragende Kandidaten angesehen, deswegen berechneten die Forscher auch, wie das Gravitationswellensignal des Modells aussehen würde. Observatorien auf der ganzen Welt suchen nach Gravitationswellen, bis jetzt ohne Erfolg, weil die Signale so schwach sind.
Das untenstehende Video zeigt die Simulation selbst und das, was vor der eigentlichen Verschmelzung geschieht:
Video-Link: https://youtu.be/ow9JCXy1QdY
Quelle: http://www.nasa.gov/topics/universe/features/gamma-ray-engines.html
(THK)
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