Als bevorzugtes Objekt für Himmelsbeobachter beider Hemisphären gehört der Lagunennebel (Messier 8 oder M8 bzw. NGC 6523) zu den beeindruckendsten Beispielen stellarer Kinderstuben in unserer Nachbarschaft in der Milchstraße. Sein in kleinen Teleskopen und Ferngläsern sichtbares verschwommenes Leuchten enthüllt die Art chaotischer Umgebung, in der neue Sterne geboren werden.
Die argentinischen Astronomen Julia Arias (Universidad de La Serena) und Rodolfo Barbá (Universidad de La Serena und ICATE-CONICET) haben das Gemini South Telescope in Chile benutzt, um ein dramatisches neues Bild der Kinderstube zu machen, was als „psychedelisch“ beschrieben werden könnte. Weil M8 rund 5.000 Lichtjahre entfernt liegt, ist das farbenprächtige Szenario wirklich ein psychedelisches „Flashback“, denn die Photonen mussten für dieselbe Anzahl Jahre durch den Raum reisen, bevor sie den gigantischen 8-Meter-Spiegel des Gemini South Telescope erreichten. Astronomen nennen die abgebildete Region manchmal das „Südliche Kliff“, weil sie eine scharfe Abgrenzung besitzt. Hinter dem „Kliff“ scheint Licht einer versprengten Gruppe junger Hintergrundsterne durch die Wolkenlandschaft.
Arias und Barbá nahmen die Bilddaten, um die entwicklungsgeschichtliche Beziehung zwischen den neu geborenen Sternen und so genannten Herbig-Haro-Objekten (HH Objekte) zu erforschen. HH Objekte entstehen, wenn junge Sterne in ihren Wachstumsphasen große Mengen sich schnell bewegenden Gases wegschleudern. Dieses Gas dringt in den umgebenden Nebel ein und erzeugt hell leuchtende Schockwellen, weil das Gas durch Reibung aufgeheizt und das umgebende Gas durch die hochenergetische Strahlung naher heißer Sterne angeregt wird. Die Forscher fanden ein Dutzend dieser HH Objekte auf dem Bild, deren Ausdehnungen zwischen wenigen Tausend Astronomischen Einheiten (etwa eine Billion Kilometer) und 1,4 Parsec (4,6 Lichtjahre, etwas mehr als die Distanz der Sonne zum nächstgelegenen Stern Proxima Centauri) variieren.
Die Aufnahme ist ein Komposit aus einzelnen Bildern mit zwei optischen Schmalbandfiltern, die empfindlich für Emissionen von Wasserstoff (rot) und ionisiertem Schwefel (grün) sind, sowie einem weiteren, welcher Nahinfrarotlicht (blau) darstellt. Sie enthüllt dramatische Details einer prachtvollen Wolkenlandschaft aus Staub und Gas, welche die Kinderstube aus mittelschweren und niedrigmassigen Sternen umgibt. Die meisten der neu geborenen Sterne sind in die Spitzen der dicken Staubwolken eingebettet, die wie helle unruhige Säulen erscheinen.
Der Lagunennebel befindet sich in Richtung des Sternbildes Sagittarius (Schütze) in der südlichen Milchstraße. Durch große Amateurteleskope erscheint er als schwaches geisterhaftes Leuchten mit einem Hauch von Pink. Auf diesem Bild ergibt sich eine starke Farbdifferenzierung durch die Zuweisung der Farben rot, grün und blau in den Datensätzen und den Gebrauch selektiver Filter, welche die Charakteristika der Gaswolken offenbaren. Deswegen sind die gezeigten Farben nicht repräsentativ für die tatsächliche Farbe des Lichts. Beispielsweise erscheint Licht aus dem nahinfraroten Ende des Spektrums auf diesem Bild blau; für das Auge ist es eigentlich unsichtbar.
Der Gemini Multi-Object-Spectrograph (GMOS) am Gemini South Telescope fing das Licht für das spektakuläre neue Bild auf seinem Sitzplatz auf dem Gipfel des Cerro Pachón in den chilenischen Anden ein.
Quelle: http://www.gemini.edu/node/11631
(THK)
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