Ein Forschungsteam unter Leitung der Rice University in Houston (Texas) hat herausgefunden, warum das Colorado Plateau (eine rund 337.000 Quadrat-kilometer große Region, die sich über Colorado, Utah, Arizona und New Mexico erstreckt) aufsteigt, obwohl Teile seiner unteren Kruste abzusinken scheinen. Die große tektonisch stabile Region der westlichen Vereinigten Staaten gab Geologen lange Zeit Rätsel auf.
Eine am 27.4.2011 im Journal Nature veröffentlichte Abhandlung zeigt, wie magmatisches Material aus der Tiefe in die Lithosphäre (die Erdkruste und den oberen Mantel) emporsteigt. Diese Bewegung zwingt Schichten dazu abzudrehen und herabzusinken, sagte der leitende Autor Alan Levander, Professor und „Carey Croneis“-Vorsitzender für Geologie an der Rice University. (Anm. d. Red: Carey Croneis ist der Eigenname der Position, benannt nach dem ehemaligen Kanzler der Rice University.)
Die eindringende Asthenosphäre hat zwei Gesichter. Tief in dem oberen Mantel, zwischen 95 und 300 Kilometern Tiefe, ist sie normalerweise weniger dicht und wesentlich weniger zähflüssig als die darüber liegende Mantellithosphäre der tektonischen Platten; die Platten können sich dort über die dehnbare Oberfläche bewegen.
Aber wenn die Asthenosphäre einen Weg findet, kann sie in die Lithosphäre eindringen und sie von unten nach oben erodieren. Das teilweise geschmolzene Material dehnt sich aus und kühlt ab, während es nach oben fließt. Es dringt in die stärkere Lithosphäre ein, wo es sich verfestigt und die spröde Kruste und den obersten Mantel schwer genug macht, um zu brechen und abzusinken. Die schwimmende Asthenosphäre füllt dann den entstandenen Raum auf, wo sie sich ausdehnt und das hebt das Plateau an.
Levander und seine Mitarbeiter wissen das, weil sie Hinweise auf den Prozess in Daten sahen, die von dem umfassenden USArray Seismic Observatory gesammelt wurden, einem mobilen Netzwerk aus Hunderten hochqualitativen Seismografen, die im Abstand von 45 Meilen in Nord/Süd-Richtung in den Vereinigten Staaten aufgestellt wurden. Die Seismografen wurden 2004 zunächst im Westen aufgestellt und wandern in einem zehn Jahre andauernden Prozess Richtung Osten, wobei jede Seismografenstation für 1,5 Jahre am selben Ort verbleibt. Die von der Rice University gemachten seismischen Aufnahmen sind analog zu medizinischen Ultraschallbildern und wurden mit CAT-ähnlichen Bildern kombiniert, welche von Seismologen an der University of Oregon angefertigt wurden. Die sich daraus ergebenden Aufnahmen enthüllten eine ausgeprägte Anomalie, die sich von der Kruste weit in den Mantel hinein erstreckt.
Levander sagte, die kombinieren Bilder des Colorado Plateaus zeigen das konvektive „Herabtropfen“ der Lithospäre direkt nördlich des Grand Canyons. Die Lithosphäre sinkt langsam mehrere Hundert Kilometer in die Erde. Dieser Prozess könnte dabei geholfen haben, den Grand Canyon selbst zu bilden, weil das Aufsteigen des Plateaus in den letzten sechs Millionen Jahren den Lauf des Colorado Flusses bestimmte.
Levander zufolge hat das USArray vergleichbare Strukturen an zwei anderen Orten im amerikanischen Westen gefunden, was darauf hindeutet, dass die Kräfte, welche die untere Kruste und den obersten Mantel deformieren, weitverbreitet sind. In beiden anderen Orten geschahen die Absenkungsprozesse innerhalb der letzten zehn Millionen Jahre. „Aber unter dem Colorado Plateau haben wir sie auf frischer Tat ertappt“, sagte er.
„Wir mussten einen Auslöser finden, der die Lithosphäre dicht genug macht, damit sie absinkt“, sagte Levander. Die teilweise geschmolzene Asthenosphäre ist „heiß und ein bisschen schwimmfähig und wenn es einen topografischen Gradienten entlang der oberen Oberfläche der Asthenosphäre gibt – so wie unter dem Colorado Plateau – dann wird die Asthenosphäre mit ihm fließen und während ihres Aufstiegs einer geringen Dekompressionsschmelze unterliegen.“
Es schmilzt genug, um in die Basis der Lithosphäre einzudringen und sich zu verfestigen, „und das passiert in einer solchen Tiefe, dass es zu einer dichten Phase erstarrt. Die Hitze von der eindringenden Schmelze reduziert auch die Viskosität der Mantellithospäre, wodurch sie leichter fließt. Ab einem bestimmten Punkt überschreitet die Basis der Lithosphäre die Dichte der darunter liegenden Asthenosphäre und beginnt, herabzutropfen.“
Levander sagte, das von der National Science Foundation unterstützte USArray liefere schon eine Fülle von geologischen Daten. „Ich habe einige Freunde und Kollegen in Europa, die versuchen, ein EuroArray zu entwickeln und einer von ihnen sagte ‚Ok, sieht aus, als hättest du eine Maschine, die wissenschaftliche Abhandlungen produziert.‘ Ja das tun wir“, sagte Levander. „Wir können jetzt Dinge sehen, die wir niemals zuvor sahen.“
Co-Autoren der Studie sind:
Cin-Ty Lee, Dozent für Geowissenschaften und der Student Kaijian Liu von der Rice University; Eugene Humphreys, Professor für Geophysik und der Student Brandon Schmandt von der University of Oregon; die frühere Rice Wissenschaftlerin Meghan Miller, jetzt Dozentin für Geowissenschaften an der University of Southern California; Professor Karl Karlstrom und der Student Ryan Crow von der University of New Mexico.
Die finanziellen Zuwendungen der National Science Foundation EarthScope und der Research Prize der Alexander von Humboldt Foundation für Levander unterstützten die Forschungsarbeit.
Video-Link: https://youtu.be/n1ayLEVE0vg
Alan Levander erklärt die neuen Forschungsergebnisse (englisch) (Rice University)
Quelle: http://www.media.rice.edu/media/NewsBot.asp?MODE=VIEW&ID=15703&SnID=268527991
(THK)
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