Typ-Ia-Supernovae könnten bei der Beobachtung der rätselhaften Dunklen Energie helfen

Der Tycho-Supernova-Überrest, beobachtet im Jahr 1572 von Tycho Brahe und hier aufgenommen vom Chandra Röntgenobservatorium (NASA / Chandra X-ray Observatory)
Der Tycho-Supernova-Überrest, beobachtet im Jahr 1572 von Tycho Brahe und hier aufgenommen vom Chandra Röntgenobservatorium (NASA / Chandra X-ray Observatory)

„Zombie“-Sterne explodieren wie Bomben, wenn sie sterben, nur um durch das Aufsaugen von Materie anderer Sterne wieder zum Leben zu erwachen. Einem Astrophysiker der University of California in Santa Barbara (UCSB) zufolge ist dies nicht die Handlung des neusten 3D-Blockbusters, sondern etwas, das im Universum jeden Tag geschieht – etwas, das zur Messung von Dunkler Energie verwendet werden kann.

Diese spezielle Sternkategorie, bekannt als Typ-Ia-Supernovae, hilft bei der Untersuchung der rätselhaften Dunklen Energie, die nach Meinung von Wissenschaftlern mit der Expansion des Universums in Verbindung steht.

Andy Howell, außerordentlicher Professor für Physik an der UCSB und Wissenschaftler am Las Cumbres Observatory Global Telescope Network (LCOGT), schrieb einen Übersichtsartikel über dieses Thema, der kürzlich in den Nature Communications veröffentlicht wurde. LCOGT, ein privat finanziertes globales Netzwerk von Teleskopen, arbeitet eng mit der UCSB zusammen.

Supernovae sind Sterne, die seit 1054 n. Chr. beobachtet wurden, als ein explodierender Stern den Krebsnebel, einen Supernova-Überrest hinterließ.

In jüngerer Zeit ist die Entdeckung der Dunklen Energie laut Howell eine der tiefgreifendsten Erkenntnisse des letzten halben Jahrhunderts. Unsichtbare Dunkle Energie macht etwa drei Viertel des Universums aus. „Wir haben das erst vor 20 Jahren durch die Untersuchung von Typ-Ia-Supernovae entdeckt, das sind thermonukleare Supernovae, die als ‚Standardkerze‘ oder ‚kalibrierte Kerze‘ agieren“, sagte Howell. „Diese Sterne sind Werkzeuge zur Messung von Dunkler Energie. Sie alle besitzen in etwa dieselbe Helligkeit, daher können wir sie benutzen, um Entfernungen im Universum herauszufinden.“

„Diese Supernovae sind so hell, dass sie mit der angenäherten Energie von einer Milliarde Sonnen leuchten“, ergänzte er.

Er nennt Typ-Ia-Supernovae „Zombie“-Sterne, weil sie tot sind, aber zu neuem Leben erwachen, indem sie Materie eines Begleitsterns absaugen. In den vergangenen 50 Jahren haben Astrophysiker entdeckt, dass Typ-Ia-Supernovae Teil von Doppelsternsystemen sind – zwei Sterne, die sich gegenseitig umkreisen. Der explodierende Stern ist ein Weißer Zwerg. „Unsere Sonne wird am Ende ihres Lebens zu einem solchen Weißen Zwerg“, sagte er. „Er wird die Masse der Sonne in der Größe der Erde vereinen.“

Die Weißen Zwerge, die dazu neigen, als Typ-Ia-Supernovae zu explodieren, haben ungefähr dieselbe Masse. Dies wurde als eine fundamentale Grenze in der Physik erachtet. In einem Nature-Artikel vor fünf Jahren berichtete Howell allerdings über seine Entdeckung von Sternen, welche die theoretische Grenze überschreiten. Diese zuvor unbekannten Typ-Ia-Supernovae besitzen mehr als die übliche Masse, bevor sie explodieren – eine Tatsache, die Wissenschaftler verwirrt.

Howell präsentierte eine Hypothese, um diese neue Objektklasse zu verstehen. „Eine Theorie ist, dass zwei Weiße Zwerge verschmolzen sein könnten; das Doppelsternsystem könnte aus zwei Weißen Zwergen bestehen“, sagte er. „Dann spiralen sie im Laufe der Zeit aufeinander zu und verschmelzen miteinander. Wenn sie verschmelzen, explodieren sie. Das könnte eine Erklärung dafür sein, was dort vor sich geht.“

Supernova 1994D am Rande der Galaxie NGC 4526, ebenfalls eine Typ-Ia-Supernova (NASA / Hubble Space Telescope)
Supernova 1994D am Rande der Galaxie NGC 4526, ebenfalls eine Typ-Ia-Supernova (NASA / Hubble Space Telescope)

Astrophysiker verwenden Typ-Ia-Supernovae, um die Geschichte der Expansion des Universums zu kartieren. „Was wir gefunden haben ist, dass das Universum sich nicht mit derselben Rate ausgedehnt hat“, sagte Howell. „Und sie hat sich aufgrund der Gravitation nicht verlangsamt, wie jeder erwartet hatte. Stattdessen hat sie sich beschleunigt. Es gibt eine Kraft, die der Gravitation entgegenwirkt und wir wissen nicht, was es ist. Wir nennen es Dunkle Energie.“

Die neuen Ergebnisse beziehen sich auf Einsteins Konzept der kosmologischen Konstanten. Das ist ein Term, den seinen Formeln hinzufügte, um sie valide zu machen. Allerdings tat Einstein das, weil er glaubte, das Universum sei statisch; er wusste nicht, dass das Universum expandiert. Als die Expansion des Universums entdeckt wurde, glaubte Einstein, dass dieses Konzept sein größter Fehler war. „Es stellt sich heraus, dass die kosmologische Konstante tatsächlich einer seiner größten Erfolge war“, sagte Howell. „Und zwar deswegen, weil wir sie jetzt brauchen, um die Daten zu erklären.“

Er sagte, dass Dunkle Energie möglicherweise eine Eigenschaft des Raumes ist. „Der Raum selbst besitzt eine mit ihm verbundene Energie“, erklärte Howell. „Das scheinen die Ergebnisse anzudeuten, Dunkle Energie ist überall im Raum verteilt. Es sieht aus, als sei sie eine Eigenschaft des Vakuums, aber wir sind nicht völlig sicher. Wir versuchen herauszufinden, wie sicher wir sind – und wenn wir Typ-Ia-Supernovae als Standardkerzen verbessern, können wir unsere Messungen verfeinern.“

In der Vergangenheit haben Menschen einige wenige Supernovae beobachtet, die so hell waren, dass sie mit bloßem Auge gesehen werden konnten. Mit Teleskopen haben Astronomen weiter entfernte Supernovae entdeckt. „Jetzt haben wir riesige Digitalkameras an unseren Teleskopen und wirklich große Teleskope“, sagte Howell. „Wir sind in der Lage, ausgedehnte Bereiche des Himmels regelmäßig zu überwachen. Wir finden täglich Supernovae.“ Astronomen haben in den vergangenen Jahren Tausende Supernovae entdeckt.

In seiner beruflichen Laufbahn hat Howell diese leistungsfähigen Teleskope zur Beobachtung von Supernovae benutzt. Heute ist er – neben dem Unterrichten an der UCSB – an detaillierten Supernovae-Studien mit dem LCDGT beteiligt, die darauf abzielen, Dunkle Energie zu verstehen. Mit diesem umfangreichen Netzwerk aus Observatorien wird es möglich sein, den Nachthimmel kontinuierlich zu untersuchen.

„Das nächste Jahrzehnt hält wirkliche Versprechungen bereit, ernsthafte Fortschritte beim Verständnis fast aller Aspekte von Typ-Ia-Supernovae zu machen, von ihrer Explosionsphysik über ihre Vorläufersterne bis zu ihrem Gebrauch als Standardkerzen“, schreibt Howell in Nature Communications. „Und mit diesem Wissen kommt vielleicht der Schlüssel, um die dunkelsten Geheimnisse der Dunklen Energie zu lüften.“

Quelle: http://www.ia.ucsb.edu/pa/display.aspx?pkey=2516

(THK)

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