Die Theorie, dass sich unser Universum innerhalb einer Blase befindet, und dass multiple andere Universen innerhalb ihrer eigenen Blasen existieren – und das „Multiversum“ bilden – wird erstmals von Physikern getestet.
Zwei wissenschaftliche Abhandlungen, die in den Physical Review Letters und Physical Review D veröffentlicht wurden, sind die ersten, die detailliert auf die Frage eingehen, wie man nach Signaturen von anderen Universum suchen kann. Physiker suchen jetzt nach scheibenförmigen Mustern in der kosmischen Hintergrundstrahlung (cosmic microwave background, CMB) – Reststrahlung, die beim Urknall übrig blieb – was verräterische Anzeichen für Kollisionen zwischen anderen Universen und unserem eigenen liefern könnte.
Viele moderne Theorien der fundamentalen Physik sagen voraus, dass sich unser Universum innerhalb einer Blase befindet. Neben unserer Blase enthält dieses „Multiversum“ andere, von denen man annehmen kann, dass jede von ihnen ein Universum enthält. In den anderen „Taschen-Universen“ könnten die fundamentalen Konstanten oder sogar die grundlegenden Naturgesetze anders sein.
Bis jetzt war niemand in der Lage einen Weg zu finden, um in der kosmischen Hintergrundstrahlung effizient nach Anzeichen für Kollisionen zwischen Blasen-Universen zu suchen – und damit die Existenz des Multiversums zu beweisen, weil die scheibenförmigen Muster in der Strahlung sich überall am Himmel befinden könnten. Zusätzlich mussten Physiker in der Lage sein zu testen, ob die von ihnen registrierten Muster das Ergebnis von Kollisionen waren oder nur zufällige Muster in den Daten darstellen.
Ein Team von Kosmologen vom University College London (UCL), Imperial College London und dem Perimeter Institute for Theoretical Physics (Kanada) ist dieses Problem jetzt angegangen.
„Es ist ein sehr schwieriges Statistik- und Rechenproblem, nach all den möglichen Radien von Kollisionsabdrücken an jeder erdenklichen Stelle des Himmels zu suchen“, sagt Dr. Hiranya Peiris vom UCL Department of Physics and Astronomy und Co-Autor der Studie. „Aber das hat meine Neugier geweckt.“
Das Team führte Simulationen durch, wie der Himmel mit und ohne kosmische Kollisionen aussehen würde und entwickelte einen bahnbrechenden Algorithmus, um zu bestimmen, was besser mit der Fülle der Daten über die kosmische Hintergrundstrahlung von der Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP) der NASA übereinstimmt. Sie setzten die erste auf Beobachtungen basierende, obere Grenze dafür, wie viele Signaturen von Blasenkollisionen in der kosmischen Hintergrundstrahlung vorhanden sein könnten.
Stephen Feeney, ein Doktorand am UCL und Co-Autor der Abhandlungen, entwickelte den leistungsfähigen Computeralgorithmus für die Suche nach den verräterischen Signaturen für Kollisionen zwischen „Blasen-Universen“. Er sagte: „Die Arbeit repräsentiert eine Möglichkeit, eine Theorie zu testen, die wirklich verrückt ist: dass wir innerhalb eines gewaltigen Multiversums existieren, wo ständig andere Universen geboren werden.“
Eines von vielen Dilemmas, dem Physiker gegenüberstehen, ist, dass Menschen sehr gut darin sind, Muster in den Daten zu erkennen, die einfach Zufall sind. Allerdings lässt sich der Algorithmus des Teams viel schwerer täuschen und wendet sehr strenge Regeln an, um zu herauszufinden, ob die Daten einem Muster entsprechen oder ob das Muster nur Zufall ist.
Dr. Daniel Mortlock, ein Co-Autor vom Department of Physics am Imperial College London, sagte: „Es ist zu leicht, interessante Muster in zufälligen Daten falsch zu interpretieren (wie das ‚Marsgesicht‘, das sich als normaler Berg herausstellt, wenn man es näher betrachtet). Deswegen ließen wir große Sorgfalt walten, um die Wahrscheinlichkeit abzuschätzen, dass die möglicherweise von uns gefundenen Blasenkollisions-Signaturen durch Zufall hervorgegangen sein könnten.“
Die Autoren betonen, dass diese ersten Ergebnisse nicht beweiskräftig genug sind, um einerseits das Multiversum auszuschließen oder andererseits den Abdruck einer Blasenkollision definitiv zu bestätigen. WMAP ist jedoch nicht das letzte Wort: neue Daten des von der European Space Agency (ESA) betriebenen Planck-Satelliten sollten helfen, das Rätsel zu lösen.
Quelle: http://www.ucl.ac.uk/news/news-articles/1108/110802-first-test-of-multiverse
(THK)
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