Die vielen Stimmungslagen des Saturnmondes Titan

Diese Bilderserie zeigt die Wolkendecke über dem Nordpol des Titan (NASA / JPL-Caltech / University of Arizona / CNRS / LPGNantes)
Diese Bilderserie zeigt die Wolkendecke über dem Nordpol des Titan (NASA / JPL-Caltech / University of Arizona / CNRS / LPGNantes)

Eine Reihe kürzlicher Studien, von denen sich viele auf Daten der NASA-Raumsonde Cassini stützen, enthüllt neue Details darüber, wie sich der Saturnmond Titan mit den Jahreszeiten und sogar binnen eines Tages verändert. Die Studien wurden in einer Spezialausgabe des Journals Planetary and Space Science mit dem Titel „Titan through Time“ („Titan im Lauf der Zeit“) veröffentlicht und zeigen, dass der größte Mond des Saturn ein Cousin der Erde ist – wenn auch ein sehr eigenartiger Cousin.

„Als Ganzes liefern uns diese Abhandlungen einige neue Teile für das Puzzle namens Titan“, sagte Conor Nixon, ein Wissenschaftler des Cassini-Teams am Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland), der zusammen mit dem Teammitglied Ralph Lorenz vom Applied Physics Laboratory der Johns Hopkins University in Laurel (Maryland) an der Bearbeitung der Spezialausgabe beteiligt war. „Sie zeigen uns detailliert, dass sich Titans Atmosphäre und Oberfläche wie die der Erde verhalten – mit Wolken, Niederschlag, Flusstälern und Seen. Sie zeigen uns, dass sich die Jahreszeiten auch auf Titan verändern, wenn auch auf unerwartete Weise.“

Das Cassini-Teammitglied Stephane Le Mouelic vom French National Center for Scientific Research (CNRS) an der University of Nantes leitete eine Studie, welche die auf Titan auftretenden Arten von saisonalen Veränderungen mit den bislang besten Bildern der ausgedehnten Nordpolarwolke hervorhebt.

Eine jüngst veröffentlichte Auswahl von Bildern – erstellt aus Daten, die binnen fünf Jahren von Cassinis Visual and Infrared Mapping Spectrometer gesammelt wurden – zeigt, wie sich die Wolke ausdünnt und zurückzieht, als der Frühling auf der nördlichen Hemisphäre den Winter ablöst.

Cassini registrierte die Wolke, von der Wissenschaftler annehmen, dass sie aus Ethan besteht, erstmals 2004 kurz nach der Ankunft im Saturnsystem. Die erste wirklich gute Gelegenheit für das Spektrometer, um den halb beleuchteten Nordpol zu beobachten, ergab sich im Dezember 2006. Zu dem Zeitpunkt schien die Wolke den kompletten Nordpol bis hinunter zum 55. Grad nördlicher Breite zu bedecken. Aber auf den Bildern von 2009 hatte die Wolkendecke so viele Lücken, dass sie den Kohlenwasserstoffozean namens Kraken Mare und umgebende Seen dem Blick Cassinis preisgab.

„Schnappschuss für Schnappschuss liefern diese Aufnahmen den Cassini-Wissenschaftlern konkrete Hinweise darauf, dass sich die Atmosphäre Titans mit den Jahreszeiten verändert“, sagte Le Mouelic. „Wir können es nicht erwarten, mehr von der Oberfläche zu sehen, insbesondere die nördliche Region der Ozeane und Seen.“

In den Daten von Cassinis Composite Infrared Mapping Spectrometer, um die Temperaturen auf der Oberfläche Titans zu analysieren, sahen die Wissenschaftler nicht nur saisonale Veränderungen auf Titan, sie sahen erstmals auch Tag-Nacht-Veränderungen der Oberflächentemperatur. Um die Oberfläche des Mondes zu sehen, verwendete die von der Cassini-Mitarbeiterin Valeria Cottini vom Goddard Space Flight Center geleitete Studie gesammelte Daten einer Wellenlänge, die Titans dichten Dunst durchdringt. Wie auf der Erde, war die Oberflächentemperatur auf Titan, welche normalerweise um die kühle 95 Kelvin (ca. -178 Grad Celsius) beträgt, am Nachmittag deutlich wärmer als in der Morgendämmerung.

„Obwohl der Temperaturunterschied von 1,5 Kelvin kleiner ist, als wir es auf der Erde gewohnt sind, zeigen die Ergebnisse dennoch, dass sich die Oberfläche Titans in vielerlei Hinsicht wie die unserer Erde verhält“, sagte Cottini. „Wir sehen jetzt, wie der lange Tag auf Titan (er entspricht 16 Erdtagen) sich durch die Wolken bemerkbar macht.“

Eine dritte Studie von Dominic Fortes, einem Wissenschaftler am University College London (England), beschäftigt sich mit dem lange bestehenden Rätsel von der inneren Struktur Titans und deren Beziehung zu dem auffallend erdähnlichen Sortiment geologischer Strukturen, das man auf seiner Oberfläche sieht. Fortes konstruierte eine Reihe Modelle über die innere Struktur Titans und verglich sie mit den neusten Daten von Cassinis Radio Science Experiment.

Schematische Darstellung der inneren Struktur Titans (A. D. Fortes / UCL / STFC)
Schematische Darstellung der inneren Struktur Titans (A. D. Fortes / UCL / STFC)

Die Arbeit zeigt, dass das Innere des Mondes teilweise oder möglicherweise sogar vollständig abgegrenzt ist. Das bedeutet, dass der Kern dichter als die äußeren Schichten des Mondes ist, wenn auch weniger dicht als erwartet. Gründe dafür könnte darin bestehen, dass der Kern immer noch eine große Menge Eis enthält oder dass die Gesteine mit Wasser reagiert und Minerale von geringer Dichte gebildet haben.

Die Erde und andere terrestrische Planeten haben eine vollständig differenzierte innere Struktur und besitzen einen dichten Eisenkern. Fortes Modell schließt jedoch einen metallischen Kern im Zentrum Titans aus und stimmt mit Daten des Cassini Magnetometer überein, die auf eine relativ kühle und feuchte, felsige innere Struktur hindeuten. Das neue Modell hebt auch die Schwierigkeit hervor, die Anwesenheit wichtiger Gase wie Methan und Argon-40 in der Atmosphäre Titans zu erklären, weil sie nicht in der Lage zu sein scheinen, aus dem Kern flüchten zu können.

Die Cassini-Huygens-Mission ist ein Gemeinschaftsprojekt der NASA, der European Space Agency (ESA) und der Italian Space Agency. Das Jet Propulsion Laboratory der NASA leitet die Mission für das Science Mission Directorate in Washington, D.C.. Das Team des Visual and Infrared Mapping Spectrometer sitzt an der University of Arizona in Tucson. Das Team des Composite Infrared Spectrometer hat seinen Sitz am Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland), wo das Instrument gebaut wurde. Das Radio Science Subsystem wurde von der NASA und der Italian Space Agency gemeinsam entwickelt.

Quelle: http://www.jpl.nasa.gov/news/news.cfm?release=2012-048

(THK)

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