
Am 17. März 2012 komplettierte die kleine MESSENGER-Sonde ihre Primärmission, den Planeten Merkur für ein Erdjahr zu umkreisen und zu beobachten. Die Vielzahl der Überraschungen dieser Mission hat unser Verständnis des innersten Planeten des Sonnensystems vollständig verändert. Wie in einer von zwei am 21. März 2012 auf Science Express veröffentlichten Studien berichtet, haben Wissenschaftler herausgefunden, dass Merkurs Kern, von dem man schon annahm, dass er einen größeren Bruchteil des Planeteninneren einnimmt als die Kerne von Erde, Venus oder Mars, sogar noch größer ist als vermutet. Die Begleitstudie zeigt, dass die Höhenschwankungen auf Merkur viel kleiner sind als auf dem Mars oder dem Mond und dokumentiert Belege dafür, dass es seit der frühsten Phase in der geologischen Vergangenheit Merkurs großräumige Änderungen seiner Topografie gab.
Die vielen Erfolge der Mission haben es ermöglicht, sie um ein weiteres Jahr zu verlängern. „Das erste Jahr der orbitalen Beobachtungen MESSENGERs erbrachte eine reichhaltige Ernte von Ergebnissen“, sagt Sean Solomon von der Carnegie Institution, leitender Wissenschaftler der MESSENGER-Mission und ein Co-Autor der beiden Studien. „Von Merkurs außergewöhnlich dynamischer Magnetosphäre und Exosphäre bis zu der Oberfläche und dem Planeteninneren, dessen Zusammensetzung unerwartet hohe Anteile flüchtiger Substanzen aufweist, unterscheidet sich der Planet sehr von dem, was wir uns noch vor wenigen Jahren vorgestellt haben. Die Anzahl und Vielfältigkeit neuer Ergebnisse wird der wissenschaftlichen Gemeinschaft diese Woche in den beiden Studien und in Präsentationen auf der Lunar and Planetary Science Conference vorgestellt und liefert einen bemerkenswerten Eindruck davon, wie viel wir bisher gelernt haben.“
Ein überraschender Kern
MESSENGERS Radioaufzeichnungen haben dem Forschungsteam erlaubt, das erste präzise Modell von Merkurs Gravitationsfeld zu entwickeln, das Licht auf die innere Struktur, die Dicke seiner Kruste, den Zustand seines Kerns und seine tektonische und thermale Vergangenheit wirft, wenn es mit topografischen Daten und der Rotation des Planeten kombiniert wird.

Merkurs Kern nimmt einen großen Bruchteil des Planeten ein, etwa 85 Prozent des Planetenradius – sogar noch größer als bisherige Schätzungen. Aufgrund der geringen Größe des Planeten dachten viele Wissenschaftler, dass sich das Planeteninnere bis zu dem Punkt abgekühlt haben sollte, an dem der Kern fest wäre. Allerdings deuten geringe dynamische Bewegungen (die von erdbasierten Radarsystemen registriert wurden) in Kombination mit den von MESSENGER gemessenen neuen Parametern des Gravitationsfeldes und der Eigenschaften von Merkurs innerem Magnetfeld (welches für einen aktiven Kerndynamo spricht) darauf hin, dass der Planetenkern zumindest teilweise flüssig ist.
Merkurs Kern unterscheidet sich von jedem anderen planetaren Kern im Sonnensystem. Die Erde besitzt einen metallischen, flüssigen äußeren Kern über einem festen inneren Kern. Merkur scheint eine feste Silikatkruste und einen festen Silikatmantel über einem festen äußeren Kern aus Eisensulfid zu besitzen, sowie einen tieferen flüssigen Kernbereich und möglicherweise einen festen inneren Kern. Diese Ergebnisse haben Auswirkungen auf das Verständnis der thermalen Entwicklung des Planeten und darauf, wie das Magnetfeld Merkurs erzeugt wird.
Landschaftliche Kuriositäten
Die Topografie eines Planeten kann fundamentale Informationen über dessen innere Struktur und seine geologische und thermale Entwicklung offenbaren. Höhenmessungen von MESSENGERs Mercury Laser Altimeter (MLA) haben das erste präzise topografische Modell der nördlichen Hemisphäre Merkurs erstellt und Abhänge und die Schroffheit der Oberfläche in vielen Auflösungen erfasst. Aus MESSENGERS exzentrischer, fast polaren Umlaufbahn erkennt das MLA Oberflächengebiete, die zwischen 15 und 100 Meter breit sind und etwa 400 Meter auseinander liegen.
Die Höhenspanne ist wesentlich kleiner als diejenige auf dem Mars oder dem Mond. Die bekannteste Struktur ist ein ausgedehntes Gebiet von Tiefebenen in den hohen nördlichen Breiten, welches die vulkanischen nördlichen Ebenen beherbergt. Innerhalb dieser Tiefebenenregion gibt es eine große topografische Erhebung, die sich bildete, nachdem die vulkanischen Ebenen entstanden waren.
In mittleren Breiten haben sich die inneren Ebenen des 1.550 Kilometer großen Caloris-Einschlagbeckens dahingehend verändert, dass Teile des Bodens jetzt höher liegen als der Rand. Das erhöhte Gebiet scheint Teil einer quasi-linearen Erhebung zu sein, die sich in den mittleren Breiten fast über die Hälfte des Planetenumfangs erstreckt. Diese Strukturen lassen vermuten, dass großräumige Veränderungen an Merkurs Topografie auftraten, nachdem sich das Einschlagbecken gebildet hatte und die Entstehung der vulkanischen Ebenen abgeschlossen war.
Diese und andere neue Ergebnisse von MESSENGER werden in 57 Abhandlungen angesprochen, welche diese Woche auf der 43. Lunar and Planetary Science Conference in The Woodlands (Texas) präsentiert werden.
Quelle: http://carnegiescience.edu/news/mercury%E2%80%99s_surprising_core_and_landscape_curiosities
(THK)
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