Die Herrschaft der Rieseninsekten endete mit der Entwicklung der Vögel

Dieser rund 300 Millionen Jahre alte fossile Insektenflügel (Stephanotypus schneideri) misst 19,5 Zentimeter. Der kleinere Flügel veranschaulicht die Flügellänge der größten Libelle in den letzten 65 Millionen Jahren (Photo by Wolfgang Zessin)
Dieser rund 300 Millionen Jahre alte fossile Insektenflügel (Stephanotypus schneideri) misst 19,5 Zentimeter. Der kleinere Flügel veranschaulicht die Flügellänge der größten Libelle in den letzten 65 Millionen Jahren (Photo by Wolfgang Zessin)

Riesige Insekten beherrschten den prähistorischen Himmeln in Zeiten, als die Erdatmosphäre reich an Sauerstoff war. Dann kamen die Vögel. Einer neuen Studie von Wissenschaftlern der University of California in Santa Cruz zufolge wurden die Insekten nach der Entwicklung der Vögel vor etwa 150 Millionen Jahren trotz steigendem Sauerstoffgehalt kleiner.

Insekten erreichten ihre größten Ausmaße vor 300 Millionen Jahren während der Zeitperioden des späten Karbon und des frühen Perm. Dies war das Reich der räuberischen Greiffliegen, riesiger libellenähnlicher Insekten mit Flügelspannweiten bis zu 70 Zentimetern. Die gängige Theorie schreibt ihre enorme Größe den hohen Sauerstoffkonzentrationen in der Atmosphäre (über 30 Prozent, verglichen mit heutigen 21 Prozent) zu, was den Rieseninsekten ermöglichte, genug Sauerstoff in die winzigen Atemröhrchen (Tracheen; Anm. d. Red.) zu bekommen, die sie anstelle von Lungen benutzen.

Die neue Studie wirft einen genauen Blick auf die Beziehung zwischen der Insektengröße und den prähistorischen Sauerstoffkonzentrationen. Matthew Clapham, ein Assistenzprofessor für Erd- und planetare Wissenschaften an der UC Santa Cruz (UCSC), und Jered Karr, ein Doktorand an der UCSC, der als Student mit der Arbeit an dem Projekt begann, stellten aus den veröffentlichten Aufzeichnungen fossiler Insekten einen umfangreichen Datensatz über deren Flügellängen zusammen. Anschließend analysierten sie die Insektengröße in Beziehung zum Sauerstoffgehalt im Zeitraum von mehreren hundert Millionen Jahren der Insektenentwicklung. Ihre Ergebnisse wurden am 4. Juni 2012 in der Onlineausgabe der Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht.

„Die maximale Größe der Insekten folgt dem Sauerstoffgehalt überraschend genau, während er 200 Millionen Jahre lang ansteigt und abfällt“, sagte Clapham. „Dann, ziemlich am Ende des Jura und am Beginn der Kreidezeit vor etwa 150 Millionen Jahren, steigt der Sauerstoffgehalt plötzlich an, aber die Insektengröße schrumpft. Und das stimmt erstaunlich gut mit der Entwicklung der Vögel überein.“ Mit Raubvögeln im Rücken wurde das Bedürfnis nach Manövrierfähigkeit eine treibende Kraft bei der Entwicklung fliegender Insekten, was zur Bevorzugung einer kleineren Körpergröße führte.

Die Ergebnisse würden auf einer recht direkten Analyse basieren, aber die Daten zu bekommen, sei eine arbeitsreiche Aufgabe gewesen, sagte Clapham. Karr erstellte den Datensatz mit mehr als 10.500 Flügellängen fossiler Insekten aus umfangreichen Veröffentlichungen über fossile Insekten. Für den zeitlichen Verlauf der atmosphärischen Sauerstoffkonzentrationen stützten sich die Forscher auf das gebräuchliche „Geocarbsulf“-Modell, das von dem Yale-Geologen Robert Berner entwickelt wurde. Sie wiederholten die Analyse auch unter Verwendung eines anderen Modells und erhielten vergleichbare Resultate.

Die Studie lieferte nur wenig Unterstützung für Auswirkungen von Pterosauriern auf die Insektengröße – den fliegenden Reptilien, die sich vor etwa 230 Millionen Jahren in der späten Trias entwickelten. In der Trias gab es größere Insekten als im Jura, nachdem der Pterosaurus erschien. Aber eine 20 Millionen Jahre überspannende Lücke in den fossilen Aufzeichnungen von Insekten macht es schwierig zu sagen, wann sich die Größe der Insekten veränderte und ein Abfall des Sauerstoffgehaltes im selben Zeitraum erschwert die Analyse zusätzlich.

Eine weitere Wandlung bei der Größe von Insekten trat später am Ende der Kreidezeit auf, vor etwa 90 bis 65 Millionen Jahren. Auch hier macht es ein Mangel an Fossilien schwierig, die Abnahme der Insektengröße während dieser Zeit zu verfolgen und dafür könnten verschiedene Faktoren verantwortlich sein. Diese umfassen die fortlaufende Spezialisierung der Vögel, die Entwicklung von Fledermäusen und ein Massenaussterben am Ende der Kreidezeit.

„Ich vermute, es lag an der anhaltenden Spezialisierung der Vögel“, sagte Clapham. „Die frühen Vögel waren nicht sehr gut im Fliegen. Aber bis zum Ende der Kreidezeit sahen die Vögel schon fast so wie moderne Vögel aus.“ Clapham betonte, dass sich die Studie auf Veränderungen der Maximalgröße von Insekten im Verlauf der Zeit konzentriert. Die durchschnittliche Insektengröße wäre aufgrund von Einseitigkeiten in den fossilen Aufzeichnungen viel schwerer zu bestimmen, weil größere Insekten mit höherer Wahrscheinlichkeit konserviert und entdeckt werden.

„Es gab immer kleine Insekten“, sagte er. „Sogar im Perm, als man diese Rieseninsekten hatte, gab es eine Menge Insekten mit Flügeln, die nur ein paar Millimeter lang waren. Es ist immer eine Kombination aus ökologischen und umweltbedingten Faktoren, die die Körpergröße bestimmen und es gibt reichlich ökologische Gründe dafür, dass Insekten klein sind.“

Diese Forschungsarbeit wurde von der National Science Foundation und der UC Santa Cruz unterstützt.

Quelle: http://news.ucsc.edu/2012/06/giant-insects.html

(THK)

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