Wissenschaftler des National Institute of Standards and Technology (NIST) haben erstmals den Hall-Effekt in einem Gas aus ultrakalten Atomen beobachtet. Der Hall-Effekt ist eine wichtige Wechselwirkung zwischen Magnetfeldern und elektrischen Strömen und wird üblicherweise mit Metallen und Halbleitern in Zusammenhang gebracht. Variationen des Hall-Effekts werden im Ingenieurswesen und in der Physik verwendet und haben Anwendungen, die von Zündsystemen in Automobilen bis hin zu grundlegenden Messungen der Elektrizität reichen. Die neue Entdeckung könnte Wissenschaftlern helfen, mehr über die Physik von Quantenphänomenen wie der Suprafluidität und dem Quanten-Hall-Effekt zu erfahren.
Ihre Forschungsarbeit erschien am 14. Juni 2012 in der Onlineausgabe der Proceedings of the National Academy of Sciences.
Im Jahr 1879 von Edwin Hall entdeckt, ist der Hall-Effekt am leichtesten in einem rechtwinkligen Leiter wie einer Kupferplatte sichtbar zu machen, wenn ein Strom entlang dessen Länge fließt. Ein Magnetfeld, das im rechten Winkel zu dem elektrischen Strom (in die Platte hinein) angelegt wird, lenkt den Weg der Ladungsträger (beispielsweise Elektronen) in dem Strom ab, indem es eine Kraft ausübt, die rechtwinklig zu dem Magnetfeld und zu dem fließenden Strom wirkt. Das drückt die Ladungsträger auf eine Seite der Platte und erzeugt ein elektrisches Potenzial, eine „Hall-Spannung“. Die Hall-Spannung kann verwendet werden, um die versteckten internen Eigenschaften elektrischer Systeme zu messen, etwa die Konzentration der Ladungsträger und das Vorzeichen ihrer Ladung.
„Kalte Atomsysteme sind eine großartige Bühne für die Untersuchung komplizierter Vorgänge, weil sie fast frei von Störungen sind. Die Atome bewegen sich viel langsamer als Elektronen in Festkörpern und die Systeme sind viel einfacher“, sagt Lindsay LeBlanc vom NIST. „Der Trick liegt darin, die Bedingungen zu erschaffen, welche die Atome dazu bringen, sich wie gewünscht zu verhalten.“
Die Messung des Hall-Effekts in einem Bose-Einstein-Kondensat baut auf früheren Forschungsarbeiten des NIST über die Erzeugung synthetischer elektrischer und magnetischer Felder auf. Zuerst verwendet die Gruppe Laser, um die Energie des Atoms an dessen Impuls zu koppeln, was zwei interne Zustände in eine Beziehung namens Superposition versetzt. Das lässt die elektrisch neutralen Atome wie geladene Teilchen agieren. Mit der Wolke aus etwa 20.000 Atomen, die sich in Form eines ungebundenen [lockeren] Balles angesammelt haben, verändern die Wissenschaftler dann die einfangende Kraft – sie drücken die Atome in der Wolke zusammen und ziehen sie auseinander, um die Bewegung von Ladungsträgern in einem Wechselstrom zu simulieren. Als Reaktion darauf beginnen sich die Atome in einer Weise zu bewegen, die mathematisch identisch damit ist, wie geladene Teilchen sich bewegen würden, die den Hall-Effekt erfahren – also rechtwinklig zu den Richtungen des „Stromflusses“ und des künstlichen Magnetfeldes.
LeBlanc zufolge bietet die Messung des Hall-Effekts ein weiteres Werkzeug für die Untersuchung der Vorgänge der Suprafluidität (einem quantenbasierten Zustand, in dem Flüssigkeiten bei niedrigen Temperaturen ohne [innere] Reibung fließen) und dem so genannten Quanten-Hall-Effekt, bei dem das Verhältnis der Hall-Spannung und des Stroms durch das Material quantisiert ist, was die Bestimmung fundamentaler Konstanten erlaubt.
Quelle: http://www.nist.gov/pml/div684/halleffect_061912.cfm
(THK)
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