Astronomen decken einen überraschenden Trend bei der Galaxienentwicklung auf

Das Diagramm zeigt den Prozentsatz der entwickelten Scheibengalaxien in vier Zeitspannen, die jeweils etwa drei Milliarden Jahre umfassen. Die vier farbigen Graphen stellen die unterschiedlichen Massenbereiche der untersuchten Galaxien dar. (NASA / Goddard Space Flight Center)
Das Diagramm zeigt den Prozentsatz der entwickelten Scheibengalaxien in vier Zeitspannen, die jeweils etwa drei Milliarden Jahre umfassen. Die vier farbigen Graphen stellen die unterschiedlichen Massenbereiche der untersuchten Galaxien dar. (NASA / Goddard Space Flight Center)

Eine Vergleichsstudie mit hunderten Galaxien, die von den Keck-Teleskopen auf Hawaii und dem Hubble Space Telescope der NASA beobachtet wurden, hat ein unerwartetes Veränderungsmuster enthüllt, das sich acht Milliarden Jahre in die Vergangenheit erstreckt – mehr als die Hälfte des Alters des Universums.

„Astronomen dachten, dass sich Scheibengalaxien im nahen Universum vor acht Milliarden Jahren in ihre heutige Form entwickelt hatten und seitdem nur eine geringe weitere Entwicklung erfuhren“, sagte Susan Kassin, eine Astronomin am Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland) und leitende Wissenschaftlerin der Studie. „Der Trend, den wir stattdessen beobachteten, zeigt das Gegenteil: dass sich Galaxien während dieser Zeitperiode stetig veränderten.“

Heute haben sternbildende Galaxien die Form geordneter, scheibenförmiger Systeme, wie die Andromeda-Galaxie oder die Milchstraße, wo die Rotation über andere interne Bewegungen dominiert. Die entferntesten blauen Galaxien in der Studie neigen dazu, sehr verschieden zu sein und zeigen ungeordnete Bewegungen in multiple Richtungen. Es gibt heute eine stetige Veränderung in Richtung größerer Ordnung, weil sich die ungeordneten Bewegungen zerstreuen und die Rotationsgeschwindigkeiten ansteigen. Diese Galaxien entwickeln sich langsam in manierliche Scheiben.

Blaue Galaxien – ihre Farbe spricht für entstehende Sterne in ihnen – zeigen weniger ungeordnete Bewegungen und schnellere Rotationsgeschwindigkeiten, je näher sie an der Gegenwart beobachtet werden. Dieser Trend gilt für Galaxien aller Massen, aber die massereichsten Systeme zeigen immer den höchsten Ordnungsgrad. Forscher sagen, die entfernten blauen Galaxien, die sie untersuchten, würden sich langsam in rotierende Scheibengalaxien wie unsere eigene Milchstraße verwandeln.

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Video-Link: https://youtu.be/9-a_0Wu8TVU

Video mit Animationen und weiteren Informationen über die Entwicklung der Galaxien. (NASA / Goddard Space Flight Center / Please note: The closing time-lapse in this video is Copyright © 2012 by Rochner Films. All rights reserved. Used under authorization. Courtesy of Rochner Films.)

„Vorherige Studien berücksichtigten keine Galaxien, die nicht wie die stark geordneten rotierenden Scheiben aussahen, die im heutigen Universum häufig vorkommen“, sagte Co-Autor Benjamin Weiner, ein Astronom an der University of Arizona in Tucson. „Durch die Nichtbeachtung untersuchten diese Studien nur die seltenen, entwickelten Galaxien im entfernten Universum mit der Schlussfolgerung, dass sich Galaxien nicht verändert haben.“

Anstatt ihre Auswahl auf bestimmte Galaxientypen zu begrenzen, betrachteten die Forscher alle Galaxien mit Emissionslinien, die hell genug waren, um für die Bestimmung interner Bewegungen verwendet zu werden. Emissionslinien sind die schmalen Wellenlängen der Strahlung, die typischerweise von dem Gas in einer Galaxie emittiert wird. Sie werden aufgedeckt, wenn das Licht einer Galaxie in seine Farbbestandteile aufgespalten wird. Diese Emissionslinien enthalten auch Informationen über die internen Bewegungen der Galaxie und die Entfernung.

Das Team untersuchte eine Auswahl von 544 blauen Galaxien aus dem Deep Extragalactic Evolutionary Probe 2 (DEEP2) Redshift Survey, einem Projekt, welches das Hubble-Teleskop und die 10-Meter-Zwillings-Teleskope des W. M. Keck Observatory auf Hawaii einsetzt. Die Galaxien sind zwischen zwei und acht Milliarden Lichtjahre entfernt und ihre stellaren Massen liegen zwischen 0,3 Prozent und 100 Prozent der Masse unserer Heimatgalaxie. Eine Abhandlung, die diese Ergebnisse beschreibt, wurde am 20. Oktober 2012 im The Astrophysical Journal veröffentlicht.

Die Milchstraßen-Galaxie muss die gleiche wilde Entwicklung durchgemacht haben wie die Galaxien der DEEP2-Stichprobe und sich langsam in ihren gegenwärtigen Zustand entwickelt haben, als die Sonne und das Sonnensystem gebildet wurden.

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Video-Link: https://youtu.be/49fJy-SZT98

Simulationen wie diese werden Wissenschaftlern helfen, die neuen Daten über die Entwicklung von Galaxien zu verstehen und zu interpretieren. (F. Governato and T. Quinn (Univ. of Washington), A. Brooks (Univ. of Wisconsin, Madison), and J. Wadsley (McMaster Univ.)

In den vergangenen acht Milliarden Jahren ist die Anzahl der Verschmelzungen zwischen großen und kleinen Galaxien stark angestiegen. Deshalb stehen die Gesamtrate der Sternbildung und die Störungen durch Supernova-Explosionen mit der Sternentstehung in Zusammenhang. Wissenschaftler vermuten, dass diese Faktoren möglicherweise eine Rolle bei der Erschaffung dieses beobachteten Entwicklungstrends spielen könnten.

Jetzt da Astronomen dieses Muster sehen, können sie Computersimulationen über die Galaxienentwicklung verfeinern, bis diese Modelle imstande sind, den beobachteten Trend nachzubilden. Das wird die Wissenschaftler zu den physikalischen Prozessen führen, die dafür verantwortlich sind.

Der DEEP2 Survey wird vom Lick Observatory der University of California in Santa Cruz in Zusammenarbeit mit der University of California in Berkeley, der University of Hawaii in Manoa, der Johns Hopkins University in Baltimore (Maryland), der University of Chicago und dem California Institute of Technology in Pasadena geleitet.

Das Hubble Space Telescope ist ein internationales Gemeinschaftsprojekt zwischen der NASA und der European Space Agency. Das Goddard Space Flight Center in Greenbelt betreibt das Teleskop. Das Space Telescope Science Institute (STScI) in Baltimore führt die wissenschaftlichen Operationen von Hubble durch. Das STScI wird von der Association of Universities for Research in Astronomy Inc. in Washington geleitet.

Quelle: http://www.nasa.gov/topics/universe/features/galaxy-evol.html

(THK)

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