Neues Chandra-Video zeigt einen Neutronenstern in Aktion

Eine Aufnahme des Vela-Pulsars und seines Partikeljets. (NASA / CXC / Univ of Toronto / M.Durant et al)
Eine Aufnahme des Vela-Pulsars und seines Partikeljets. (NASA / CXC / Univ of Toronto / M.Durant et al)

Im Gegensatz zu manchen Blockbustern ist die Fortsetzung eines Videos des Chandra X-ray Observatory besser als der erste Teil: Dieses neueste Video zeigt einen tieferen Blick auf einen sich schnell bewegenden Partikeljet, der von einem rasch rotierenden Neutronenstern erzeugt wird und könnte neue Einblicke in die Natur von einer der dichtesten Materien im Universum geben.

Der Held dieses Chandra-Videos ist der Vela-Pulsar – ein Neutronenstern, der sich bildete, als ein massereicher Stern kollabierte. Der Vela-Pulsar liegt etwa 1.000 Lichtjahre von der Erde entfernt, besitzt einen Durchmesser von ungefähr 19 Kilometern und vollzieht eine komplette Rotation in 89 Millisekunden – schneller als der Rotor eines Helikopters.

Während der Pulsar rotiert, produziert er einen Jet aus geladenen Teilchen, die mit circa 70 Prozent der Lichtgeschwindigkeit an der Rotationsachse des Pulsars entlangrasen. Die neuen Chandra-Daten, die zwischen Juni 2010 und September 2010 gesammelt wurden, sprechen dafür, dass der Pulsar möglicherweise langsam wackelt oder präzediert, während er rotiert. Die Präzessionsperiode, welche analog dem langsamen Wackeln eines Tischkreisels entspricht, wird auf 120 Tage geschätzt.

Wir denken, dass der Vela-Pulsar wie ein rotierender Gartensprenkler ist – bis auf die Tatsache, dass das ‚Wasser‘ mit mehr als der halben Lichtgeschwindigkeit ausgestoßen wird“, sagte Martin Durant von der University of Toronto in Kanada, der Erstautor der Abhandlung, die diese Ergebnisse beschreibt.

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Video-Link: https://youtu.be/MBe_vr97jMM

Video mit allgemeinen Informationen über den Vela-Pulsar. (NASA / CXC / A. Hobart)

Eine mögliche Ursache für die Präzession eines rotierenden Neutronensterns ist, dass er geringfügig deformiert wurde und keine perfekte Kugel mehr darstellt. Diese Deformation könnte durch den kombinierten Einfluss der schnellen Rotation und sogenannter „Glitches“ verursacht werden, das sind plötzliche Erhöhungen der Rotationsgeschwindigkeit des Pulsars aufgrund der Wechselwirkung seines supraflüssigen Kerns mit seiner Kruste.

„Die Abweichung von einer perfekten Kugel entspricht möglicherweise nur Eins zu 100 Millionen“, sagte Co-Autor Oleg Kargaltsev von der George Washington University in Washington, der die Ergebnisse am Montag auf dem 221sten Treffen der American Astronomical Society in Long Beach (Kalifornien) präsentiere. „Neutronensterne sind so dicht, dass sogar eine winzige Deformation wie diese eine große Auswirkung hätte.“

Wenn der Beleg für die Präzession des Vela-Pulsars bestätigt wird, wäre es das erste Mal, dass bei einem Neutronenstern diese Eigenschaft gefunden wurde. Die Form und die Bewegung des Vela-Jets hat eine verblüffende Ähnlichkeit mit einer rotierenden Helix – eine Form, die natürlicherweise durch Präzession erklärt wird.

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Video-Link: https://youtu.be/bL0mwElYwMc

Zeitraffer-Aufnahme des Partikeljets, der von dem Vela-Pulsar ausgeht. (NASA / CXC / Univ of Toronto / M.Durant et al)

Eine andere Möglichkeit ist, dass die starken Magnetfelder um den Pulsar die Form des Jets beeinflussen. Wenn der Jet durch die Präzession zum Beispiel eine kleine Krümmung entwickelt, werden die magnetischen Feldlinien an der Innenseite enger aneinanderliegen. Das drückt die Teilchen in Richtung der Außenseite der Krümmung und verstärkt den Effekt.

„Es ist, als hätte man einen ungesicherten Feuerwehrschlauch und einen Durchfluss aus Wasser mit hohem Druck“, sagte Co-Autor George Pavlov, der leitende Wissenschaftler des Chandra-Projekts von der Pennsylvania State University in University Park. „Man braucht nur eine kleine Krümmung in dem Schlauch und es kann eine gewaltige Bewegung erfolgen.“

Es ist das zweite Chandra-Video des Vela-Pulsars. Das erste wurde im Jahr 2003 von Pavlov und seinen Co-Autoren veröffentlicht. Es umfasste kürzere, ungleichmäßig verteilte Beobachtungen, so dass die Veränderungen in dem Jet weniger betont waren und die Forscher behaupteten nicht, dass eine Präzession auftrat. Basierend auf denselben Daten argumentierten Avinash Deshpande vom Arecibo Observatory in Puerto Rico und dem Raman Research Institute in Bangalore (Indien) und der verstorbene Venkatraman Radhakrishnan in einer Abhandlung aus dem Jahr 2007 jedoch, dass der Vela-Pulsar präzedieren könnte.

Astronomen kehrten zur Beobachtung des Vela-Pulsars zurück, weil er eine ausgezeichnete Gelegenheit zur Untersuchung bietet, wie ein Pulsar und sein Jet funktionieren. Der 0,7 Lichtjahre lange Jet des Vela-Pulsars ist vergleichbar mit denen, die von Masse ansammelnden, supermassiven Schwarzen Löchern in anderen Galaxien erzeugt werden, nur viel kleiner. Weil sich der Jet des Vela-Pulsars binnen einer Periode von Monaten dramatisch verändert und weil er relativ nahe liegt, kann er in allen Einzelheiten studiert werden, im Gegensatz zu Jets von Schwarzen Löchern, die sich über viel größere Zeiträume verändern.

Wenn die Präzession bestätigt wird und der Vela-Pulsar tatsächlich ein deformierter Neutronenstern ist, sollte er eine beständige Quelle von Gravitationswellen sein und wäre ein Hauptziel für die nächste Generation von Gravitationswellendetektoren, die entwickelt wurden, um Einsteins allgemeine Relativitätstheorie zu testen.

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Video-Link: https://youtu.be/v3Dk08eB64I

Animation der Präzession und der damit einhergehenden Effekte auf den Jet. (NASA / CXC / Univ of Toronto / M.Durant et al)

Eine Abhandlung, die diese Ergebnisse beschreibt, wird am Donnerstag (10. Januar 2013) im Astrophysical Journal veröffentlicht. Die anderen Co-Autoren der Arbeit waren Julia Kropotina und Kseniya Levenfish von der St. Petersburg State Polytechnical University in St. Petersburg (Russland).

Das Marshall Space Flight Center der NASA in Huntsville (Alabama) leitet das Chandra-Programm für das Science Mission Directorate in Washington. Das Smithsonian Astrophysical Observatory kontrolliert Chandras Wissenschafts- und Flugoperationen von Cambridge (Massachusetts) aus.

Quelle: http://chandra.harvard.edu/press/13_releases/press_010713.html

(THK)

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