Magma im Erdmantel kann sich in größerer Tiefe bilden als vermutet

Schematischer Querschnitt durch das Erdinnere unter einem ozeanischen Rücken. Die neue Studie zeigt, dass sich geringe Mengen Magma in Tiefen bis zu 250 Kilometern bilden können. (Graphic by Dasgupta Group)
Schematischer Querschnitt durch das Erdinnere unter einem ozeanischen Rücken. Die neue Studie zeigt, dass sich geringe Mengen Magma in Tiefen bis zu 250 Kilometern bilden können. (Graphic by Dasgupta Group)

Eine Forschungsarbeit der Rice University deutet darauf hin, dass Gestein in einer größeren Tiefe schmilzt als gedacht.

Eine von dem Geologen Rajdeep Dasgupta geleitete Gruppe setzte in einem Labor der Rice University sehr kleine Peridotit-Proben sehr hohen Druckverhältnissen aus, um zu bestimmen, dass Gestein sich zumindest in kleinen Mengen in einer Tiefe von 250 Kilometern unter dem Meeresboden verflüssigen kann und dies auch tut. Er sagte, dies würde mehrere Rätsel erklären, die Wissenschaftlern Kopfzerbrechen bereitet haben. Dasgupta ist leitender Autor der Abhandlung, die diese Woche im Journal Nature veröffentlicht wird.

Der Mantel ist die mittlere Schicht des Planeten, ein Puffer aus Gestein zwischen der Kruste und dem Kern. Wenn man Millionen Beobachtungsjahre in einige Minuten komprimieren könnte, würde der Mantel wie eine rollende Masse aus aufsteigendem und absinkendem Material aussehen. Diese langsame aber konstante Konvektion bringt Material aus dem Inneren des Planeten an die Oberfläche – und durch Vulkane gelegentlich auch noch höher.

Das Team der Rice University konzentrierte sich auf den Mantel unter dem Ozean, weil die Kruste dort gebildet wird und „die Verbindung zwischen der inneren Welt und der Oberflächenwelt dort hergestellt wird“, wie Dasgupta sagte. Silikatschmelzen – Magma genannt – steigen mit den Konvektionsströmen auf, kühlen sich ab und breiten sich aus, um den Meeresboden zu bilden. Lange Zeit dachte man, dass der Anfangspunkt für das Schmelzen etwa 70 Kilometer unter dem Meeresboden liegt.

Das habe Geologen verwirrt, die die Existenz von tieferer, silikatischer Magma vermuteten, aber nicht beweisen konnten, sagte Dasgupta, ein Assistenzprofessor für Geowissenschaften an der Rice University. Wissenschaftler bestimmen die Dichte des Mantels, indem sie die Geschwindigkeit seismischer Wellen nach einem Erdbeben messen, von ihrem Ursprung bis zu anderen Orten auf dem Planeten. Diese Wellen bewegen sich schneller durch festes Gestein als durch Flüssigkeiten und Geologen waren überrascht, als sie Wellen registrierten, die sich innerhalb dessen verlangsamten, was eigentlich die „Schnellstraße“ des Mantels sein sollte. „Seismologen haben Anomalien in ihren Geschwindigkeitsdaten beobachtet, die sich bis zu 200 Kilometer unter dem Meeresboden befinden“, sagte Dasgupta. „Basierend auf unserer Arbeit zeigen wir, dass geringe Mengen Magma in dieser Tiefe produziert werden, was die Anomalien möglicherweise erklären würde.“

Die Forschungsarbeit liefere auch Anhaltspunkte über die Größe der elektrischen Leitfähigkeit des ozeanischen Mantels, sagte er. „Das Magma in solchen Tiefen weist eine genügend große Menge an ungelöstem Kohlendioxid auf, so dass seine Leitfähigkeit sehr hoch ist“, sagte Dasgupta. „Infolgedessen können wir die Leitfähigkeit des Mantels erklären, von der wir wussten, dass sie sehr hoch ist, was aber immer schwierig zu erklären war.“

Weil Menschen noch nicht tief genug gebohrt haben, um den Mantel direkt zu untersuchen (auch wenn manche es versuchen), müssen die Forscher Daten von Gesteinen extrapolieren, die an die Oberfläche gelangt sind. Eine zuvor von Dasgupta durchgeführte Studie ergab, dass das Schmelzen im tiefen oberen Erdmantel durch die Anwesenheit von Kohlendioxid verursacht wird. Die aktuelle Studie zeigt, dass Kohlenstoff nicht nur dafür sorgt, Karbonate zu verflüssigen, sondern auch dabei hilft, in den entscheidenden Tiefen silikatisches Magma zu produzieren.

Eine mikroskopische Gesteinsprobe zeigt unter hohen Druck- und Temperaturbedingungen Anzeichen für eine karbonisierte Silikatschmelze am Rand. (Image by Dasgupta Group)
Eine mikroskopische Gesteinsprobe zeigt unter hohen Druck- und Temperaturbedingungen Anzeichen für eine karbonisierte Silikatschmelze am Rand. (Image by Dasgupta Group)

Die Forscher fanden zudem heraus, dass karbonisiertes Gestein bei bedeutend niedrigeren Temperaturen schmilzt als nicht karbonisiertes Gestein. „Dieses tiefe Schmelzen macht die Silikatdifferenzierung des Planeten viel effizienter als bislang gedacht“, sagte Dasgupta. „Nicht nur das: Dieses tiefe Magma ist der Hauptträger, der alle Zutaten für Leben – Wasser und Kohlenstoff – an die Erdoberfläche bringt.“

In Dasguptas Hochdruck-Labor an der Rice University sind vulkanische Gesteine Fenster ins Innere des Planeten. Die Forscher zermalmten winzige Gesteinsproben, die Kohlendioxid enthielten, um herauszufinden, in welcher Tiefe Magma entsteht. „Unser Forschungsgebiet wird als experimentelle Petrologie bezeichnet“, sagte er. „Wir haben alle notwendigen Werkzeuge, um sehr hohe Druckverhältnisse (bis zu 750.000 Pounds pro Square Inch für diese Experimente) und Temperaturen zu simulieren. Wir können kleine Gesteinsproben diesen Bedingungen aussetzen und schauen was passiert.“ (Anm. d. Red.: 750.000 Pounds pro Square Inch entsprechen fast 52.000 Bar.)

Sie verwenden leistungsstarke, hydraulische Pressen, um „Gestein von Interesse“ teilweise zu schmelzen, das winzige Mengen Kohlenstoff enthält, um zu simulieren, was ihrer Meinung nach unter gleichen Bedingungen im Mantel geschieht. „Wenn Gestein aus dem tiefen Mantel in geringere Tiefen gelangt, überschreitet es eine bestimmte Grenze – die Solidus-Linie -, wo Gesteine beginnen, teilweise zu schmelzen und Magma zu produzieren“, sagte Dasgupta.

„Forscher wissen, dass die Folge einer geringen Menge Kohlendioxid oder Wasser eine Absenkung dieser Grenze wäre, aber unsere neue Abschätzung setzte sie 150 bis 180 Kilometer tiefer an als die bekannte Tiefe von 70 Kilometern“, sagte er.

„Was wir jetzt sagen ist, dass das Schmelzen in einer Tiefe von circa 200 Kilometern schon beginnen kann, wenn nur eine geringe Menge Kohlendioxid im Mantel vorhanden ist. Und wenn wir den Effekt für geringe Mengen Wasser einbeziehen, beträgt die Produktionstiefe von Magma mindestens 250 Kilometer. Das produziert keine große Menge Magma, aber wir zeigen, dass das Ausmaß der Magmaproduktion größer ist als bislang vermutet, und dass sie infolgedessen die Kapazität besitzt, geophysikalische und geochemische Eigenschaften des Planeten als Ganzes zu beeinflussen“, ergänzte er.

Co-Autoren der Studie sind die Studentin Ananya Mallik von der Rice University und der Postdoktorand Kyusei Tsuno, Professor Anthony Withers, Marc Hirschmann, der George and Orpha Gibson Chair of Earth and Planetary Sciences an der University of Minnesota, sowie Greg Hirth, ein Professor für Geowissenschaften an der Brown University. Die Studie wurde von der National Science Foundation und einem Packard Fellowship Dasguptas unterstützt.

Quelle: http://news.rice.edu/2013/01/09/magma-in-mantle-has-deep-impact-2/

(THK)

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