„Chamäleon“-Pulsar verblüfft Astronomen

Schematische Darstellung eines Pulsars. Die blauen Linien repräsentieren die magnetischen Feldlinien. Die entlang der Magnetpole emittierten Strahlungspulse sind violett gekennzeichnet. (NASA)
Schematische Darstellung eines Pulsars. Die blauen Linien repräsentieren die magnetischen Feldlinien. Die entlang der Magnetpole emittierten Strahlungspulse sind violett gekennzeichnet. (NASA)

Ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung von Wissenschaftlern der University of Manchester hat einen Pulsar identifiziert, der ohne Vorwarnung imstande ist, die Art und Weise seines Leuchtverhaltens dramatisch zu ändern.

Unter Verwendung eines Röntgensatellitenteleskops und terrestrischer Radioteleskope fand man heraus, dass der Pulsar in einem etwa halbstündigen Zyklus zwischen zwei extremen Stadien wechselt: einem, das von Röntgenpulsen bestimmt wird, und einem anderen, in dem ein hochgradig geordnetes Muster aus Radiopulsen dominiert.

Die Forschungsarbeit wurde von Professor Wim Hermsen vom Netherlands Institute for Space Research und der University of Amsterdam geleitet und erschien am 25. Januar 2013 im Journal Science. Wissenschaftler des Jodrell Bank Observatory und anderer Einrichtungen auf der ganzen Welt verwendeten gleichzeitige Beobachtungen mit dem Röntgensatelliten XMM-Newton und zwei Radioteleskopen – dem LOw Frequency Array (LOFAR) in den Niederlanden und dem Giant Meter Wave Telescope (GMRT) in Indien -, um dieses bislang einzigartige Verhalten zu enthüllen.

Pulsare sind kleine, rotierende Sterne von der Größe einer Stadt, etwa 20 Kilometer im Durchmesser. Aus ihren Magnetpolen emittieren sie Strahlungsimpulse in entgegengesetzte Richtungen. Während der Stern rotiert, streicht der Strahl wiederholt über die Erde und wir sehen ein kurzes Aufblitzen, ähnlich wie bei einem Leuchtturm. Manche Pulsare produzieren Strahlung im gesamten elektromagnetischen Spektrum, Röntgen- und Radiowellenlängen eingeschlossen. Obwohl sie vor mehr als 45 Jahren entdeckt wurden, ist der genaue Mechanismus, durch den Pulsare leuchten, noch immer unbekannt.

Seit einiger Zeit weiß man, dass das Verhalten einiger Radiowellen emittierender Pulsare zwischen zwei (oder sogar noch mehr) Zuständen wechselt, wobei sich das Muster und die Intensität ihrer Radiopulse ändert. Der Moment der Zustandsänderung ist plötzlich und unvorhersehbar. Dank Satellitenteleskopen weiß man außerdem, dass eine Handvoll Radiopulsare auch in Röntgenfrequenzen registriert werden können. Allerdings ist das Röntgensignal so schwach, dass nichts über dessen Veränderlichkeit bekannt ist.

Um herauszufinden, ob die Röntgenstrahlung ebenfalls wechseln kann, untersuchten die Wissenschaftler einen besonderen Pulsar namens PSR B0943+10, einen der ersten, jemals entdeckten. Er zeigt Radiopulse, die sich in Form und Helligkeit alle paar Stunden ändern, wobei manche der Veränderungen innerhalb einer Sekunde geschehen.

Dr. Ben Stappers von der School of Physics and Astronomy der University of Manchester sagte: „Das Verhalten dieses Pulsars ist ziemlich erstaunlich – es ist, als hätte er zwei verschiedene Persönlichkeiten. Weil PSR B0943+10 einer der wenigen Pulsare mit Röntgenemissionen ist, könnte es neue Einblicke in die Natur des Emissionsprozesses geben, wenn man in Erfahrung bringen könnte, wie sich diese energiereichere Strahlung verhält, während sich die Radiostrahlung ändert.“

Weil die Quelle nur schwache Röntgenstrahlung emittiert, nutzte das Team das empfindlichste Röntgenteleskop der Welt, das XMM-Newton der European Space Agency an Bord eines Satelliten, der die Erde umkreist. Die Beobachtungen fanden im Rahmen von sechs separaten Sessions statt, die jeweils etwa sechs Stunden andauerten. Um den exakten Moment der Zustandsänderung des Radioverhaltens zu identifizieren, wurde der Pulsar gleichzeitig mit zwei der größten Radioteleskope der Welt beobachtet, dem LOFAR und dem GMRT.

Die Forscher fanden heraus, dass die Röntgenstrahlung ihr Verhalten in der Tat zur selben Zeit wie die Radioemissionen veränderte, wie man erwarten konnte. In dem Zustand, wo das Radiosignal stark und geordnet war, war die Röntgenstrahlung schwach, und als die Radioemission in den schwachen Zustand wechselte, wurde die Röntgenstrahlung heller.

Über die Ergebnisse der Studie sagte der Projektleiter Wim Hermsen: „Zu unserer Überraschung stellten wir fest, dass sich die Helligkeit der Röntgenemissionen um den Faktor Zwei verdoppelte, wenn sich die Helligkeit der Radioemissionen halbierte. Außerdem haben die intensiven Röntgenstrahlen einen anderen Charakter als diejenigen während des radiohellen Zustands, weil ihr Ursprung thermaler Natur zu sein scheint und mit der Rotationsperiode des Pulsars pulsiert.“

Dr. Stappers sagte, dies sei eine aufregende Entdeckung: „Neben dem Helligkeitsanstieg im Röntgenbereich entdeckten wir auch, dass die Röntgenemissionen ebenfalls pulsieren – etwas, das nicht beobachtet wird, wenn die Radioemissionen hell sind. Das war das Gegenteil von dem, was wir erwartet hatten. Ich habe die Veränderungen des Pulsars mit einem Chamäleon verglichen. Ähnlich wie das Tier verändert sich der Stern in Reaktion auf seine Umgebung, beispielsweise auf eine Veränderung der Temperatur.“

Geoff Wright von der University of Sussex ergänzte: „Unsere Beobachtungen weisen ausdrücklich darauf hin, dass in der Nähe des Magnetpols ein temporärer ‚Hotspot‘ erscheint, der sich mit dem Zustandswechsel ein- und ausschaltet. Aber warum ein Pulsar derart dramatische und unvorhersehbare Veränderungen erfahren sollte, ist völlig unklar.“

Der nächste Schritt für die Wissenschaftler ist die Beobachtung anderer Objekte, die ein vergleichbares Verhalten zeigen, um zu erforschen, was mit der Röntgenemission passiert. Später in diesem Jahr wird eine weitere Reihe gleichzeitiger Röntgen- und Radiobeobachtungen eines zweiten Pulsars stattfinden. An diesen Beobachtungen wird das Lovell-Teleskop des Jodrell Bank Observatory beteiligt sein.

Quelle: http://www.manchester.ac.uk/aboutus/news/display/?id=9386

(THK)

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