Forscher gewinnen neue Erkenntnisse über die Isabella-Anomalie

Die Isabella-Anomalie (IA, oben) liegt in derselben Tiefe wie andere Fragmente der Farallon-Platte unter Oregon und Washington und befindet sich auf einer Linie mit Fragmenten vor der kalifornischen Küste. (Forsyth lab / Brown University)
Die Isabella-Anomalie (IA, oben) liegt in derselben Tiefe wie andere Fragmente der Farallon-Platte unter Oregon und Washington und befindet sich auf einer Linie mit Fragmenten vor der kalifornischen Küste. (Forsyth lab / Brown University)

Die Isabella-Anomalie – Anzeichen für eine große Masse aus kühlem, dehydrierten Material etwa 100 Kilometer unterhalb von Zentralkalifornien – ist in Wirklichkeit ein erhalten gebliebener Teil der ozeanischen Farallon-Platte. Der Großteil der Farallon-Platte wurde tief in den Erdmantel gedrückt, als sich die Pazifische Platte und die Nordamerikanische Platte vor 100 Millionen Jahren näherten, um schließlich zusammenzutreffen und die San-Andreas-Verwerfung zu bilden.

Große Teile einer alten tektonischen Platte, die vor Millionen Jahren unter Nordamerika glitt, sind heute noch unter Gebieten Zentralkaliforniens und Mexikos präsent. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Forschungsarbeit unter Leitung von Geophysikern der Brown University.

Vor rund 100 Millionen Jahren lag die ozeanische Farallon-Platte zwischen der sich einander annähernden Pazifischen Platte und der Nordamerikanischen Platte, die letztendlich zusammentrafen, um die San-Andreas-Verwerfung zu bilden. Als diese Platten konvergierten, wurde ein Großteil der Farallon-Platte unter Nordamerika subduziert und sank tief in den Mantel hinab. Vor der Westküste Nordamerikas spaltete sich die Farallon-Platte auf und hinterließ ein paar kleine Überreste an der Oberfläche, die nicht weiter subduziert wurden und Teil der Pazifischen Platte wurden.

Aber diese neue Forschungsarbeit deutet darauf hin, dass große Teile der Farallon-Platte an diesen nicht subduzierten Fragmenten hängen blieben. Die Wissenschaftler nutzten seismische Tomografie und andere Daten um zu zeigen, dass ein Gebiet der Baja-Region und ein Gebiet von Zentralkalifornien in der Nähe der Sierra Nevada Mountains auf „fossilen“ Teilen der Farallon-Platte sitzen.

„Viele Forscher hatten vermutet, dass diese Teile recht nah an der Oberfläche abgebrochen wären“, sagte der Geophysiker Donald Forsyth von der Brown University, der die Arbeit zusammen mit Yun Wang leitete. Wang war ein Student der Brown University und ist jetzt an der University of Alaska. „Wir denken, dass sie tatsächlich in ziemlich großer Tiefe abbrachen und diese großflächigen Teile zurückließen.“ Die Ergebnisse werden in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht.

Geologen wissen bereits seit Jahren von einer „Hochgeschwindigkeitsanomalie“ in seismischen Tomografiedaten nahe den Sierra Nevada Mountains in Kalifornien. Seismische Tomografie misst die Geschwindigkeit seismischer Wellen tief unter der Oberfläche. Die Geschwindigkeit der Wellen liefert Informationen über die Zusammensetzung und Temperatur des Untergrunds. Im Allgemeinen deuten langsamere Wellen auf weicheres und heißeres Material hin, schnellere Wellen zeigen härteres und kühleres Material an.

Die Anomalie in Kalifornien – bekannt als die Isabella-Anomalie – weist auf eine große Masse aus relativ kühlem und dehydrierten Material hin, die sich in einer Tiefe von 100 bis 200 Kilometern unter der Oberfläche befindet. Es war nur nicht bekannt, woraus diese Masse besteht, aber es gab ein paar Theorien. Sie wurde oft durch einen Prozess namens Delamination erklärt. Die Kruste unter dem östlichen Teil der Berge ist dünn und der Mantel ist heiß, was dafür spricht, dass Teile der lithosphärischen Platte unterhalb der Berge delaminiert wurden, also abgebrochen waren. Wissenschaftler dachten, dass die Anomalie die Signatur dieses abgesunkenen Lithosphärenteils sein könnte, welcher kühler und trockener als der umgebende Mantel sein würde.

Aber vor wenigen Jahren registrierten Forscher eine neue Anomalie unter der Baja-Halbinsel Mexikos genau östlich von den bekannten Überresten der Farallon-Platte an der Küste. Aufgrund ihrer Nähe zu dem Farallon-Fragment dachten Forsyth und Wang, dass die Anomalie sehr wahrscheinlich eine unterirdische Ausweitung des Fragments ist.

Eine genauere Betrachtung der Region zeigte, dass es an der Oberfläche nahe des östlichen Randes der Anomalie Andesit-Ablagerungen gibt, die reich an Magnesium sind. Diese Art von Ablagerungen sind vulkanische Gesteine, die normalerweise mit dem Schmelzen von ozeanischem Krustenmaterial in Zusammenhang stehen. Ihre Anwesenheit lässt darauf schließen, dass der östliche Rand der Anomalie die Orte repräsentiert, an denen die Farallon-Platte endgültig abbrach und Andesit an die Oberfläche aufstieg, als die Kruste am Ende der subduzierten Platte schmolz.

Das führte Forsyth und seine Kollegen zu der Vermutung, dass die Isabella-Anomalie in Kalifornien möglicherweise ebenfalls einen Teil darstellt, der noch mit einem nicht subduzierten Fragment der Farallon-Platte verbunden ist. Deswegen untersuchten sie die tomografischen Daten der gesamten Westküste erneut. Sie verglichen die Baja- und Isabella-Anomalien mit Anomalien, die mit bekannten Farallon-Fragmenten unterhalb von Washington und Oregon verbunden sind. Die Studie ergab, dass alle Anomalien in derselben Tiefe am stärksten sind – etwa in 100 Kilometern. Und alle reihen sich fast genau östlich der bekannten Farallon-Fragmente auf. „Die Geometrie war der Clou“, sagte Forsyth. „Die Art und Weise ihrer Ausrichtung ergab einfach Sinn.“

Die Ergebnisse könnten Wissenschaftler dazu zwingen, die tektonische Geschichte des westlichen Nordamerika neu zu untersuchen, sagte Forsyth. Insbesondere erzwingen sie eine Neubetrachtung der Delamination in der Sierra Nevada, die benutzt wurde, um die Isabella-Anomalie zu erklären. „Wie auch immer die Sierra Nevada abbrach“, sagte Forsyth, „es geschah wahrscheinlich nicht so, wie viele Leute es sich vorgestellt hatten.“

Sein Kollege und Co-Autor Brian Savage von der University of Rhode Island stimmt zu: „Diese Arbeit hat unser Verständnis über den Aufbau der Westküste Nordamerikas radikal verändert“, sagte er. „Sie wird ein gründliches Umdenken bezüglich der geologischen Vergangenheit Nordamerikas und zweifellos auch vieler anderer kontinentaler Grenzen nach sich ziehen.“

Die Arbeit wurde von der National Science Foundation unterstützt. Die anderen Autoren der Abhandlung waren die Studentinnen Christina Rau und Nina Carriero von der Brown University, Brandon Schmandt von der University of Oregon und James Gaherty von der Columbia University.

Quelle: http://news.brown.edu/pressreleases/2013/03/farallon

(THK)

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