Der Blazar PKS 1424+240 ist die entfernteste bekannte Quelle sehr energiereicher Gammastrahlen, aber das Emissionsspektrum weicht von den Erwartungen ab. Blazare sind die hellsten aktiven galaktischen Kerne (active galactic nucleus, AGN) und viele von ihnen emittieren hochenergetische Gammastrahlen. Neue Beobachtungen des Blazars PKS 1424+240 zeigen, dass er die entfernteste bekannte Quelle hochenergetischer Gammastrahlen ist. Aber sein Emissionsspektrum scheint im Licht der neuen Daten jetzt äußerst ungewöhnlich zu sein.
Ein Team unter Leitung von Physikern der University of California in Santa Cruz (UCSC) verwendete Daten des Hubble Space Telescope, um eine untere Grenze für die Rotverschiebung des Blazars (z≥0,6035) festzulegen, was mit einer Entfernung von mindestens 7,4 Milliarden Lichtjahren übereinstimmt. Über eine derart große Entfernung sollte ein wesentlicher Anteil der Gammastrahlen von dem extragalaktischen Hintergrundlicht (extragalactic background light, EBL) absorbiert werden, aber Berechnungen mit der erwarteten Absorption ergaben ein überraschendes Emissionsspektrum für den Blazar.
„Wir sehen eine außerordentlich helle Quelle, welche nicht die charakteristischen Emissionen zeigt, die man von einem sehr hochenergetischen Blazar erwartet“, sagte Amy Furniss, eine Doktorandin am Santa Cruz Institute for Particle Physics (SCIPP) der UCSC und Erstautorin einer Abhandlung, die die neuen Ergebnisse beschreibt. Die Abhandlung wurde für die Veröffentlichung in den Astrophysical Journal Letters akzeptiert und ist online auf arXiv.org verfügbar.
Co-Autor David Williams, ein Assistenzprofessor für Physik an der UC Santa Cruz, sagte, dass die Ergebnisse möglicherweise auf etwas Neues hinsichtlich der Emissionsmechanismen von Blazaren, dem extragalaktischen Hintergrundlicht oder der Ausbreitung von Gamma-Photonen über lange Distanzen hinweisen würden. „Wir beobachten sehr energiereiche Gammastrahlungsquellen in größeren Entfernungen, als wir erwartet hatten und dadurch ergeben sich ein paar Sachverhalte, die wir nicht vollständig verstehen“, sagte Williams. „Eine Quelle in dieser Distanz wird uns erlauben besser zu verstehen, wie hoch die Hintergrundabsorption ist und lässt uns die kosmologischen Modelle zu überprüfen, die das extragalaktische Hintergrundlicht vorhersagen.“
Das extragalaktische Hintergrundlicht ist die diffuse Strahlung aller Sterne und Galaxien – ein schwaches, aber überall vorhandenes Leuchten, welches das Universum erfüllt. Wenn ein energiereiches Gamma-Photon mit einem energiearmen EBL-Photon kollidiert, löschen sie sich gegenseitig aus und erzeugen ein Elektron-Positron-Paar. Je weiter die Gammastrahlen reisen, desto wahrscheinlicher werden sie durch diesen Mechanismus absorbiert. Das begrenzt die Entfernung, in der Quellen hochenergetischer Gammastrahlen noch registriert werden können.
Die Messung des extragalaktischen Hintergrundlichts ist extrem schwierig, weil es in unserer direkten Nachbarschaft so viele helle Lichtquellen gibt. Neben Schätzungen, die auf kosmologischen Modellen basieren, haben Astronomen die Anzahl von Galaxien benutzt, um eine untere Grenze für das extragalaktische Hintergrundlicht festzulegen. Mit Hilfe eines Modells, das nahe an dieser unteren Grenze liegt, berechnete Furniss die erwartete Absorption der hochenergetischen Gammastrahlen von PKS 1424+240 und leitete daraus ein inneres Gamma-Emissionsspektrum für den Blazar ab. Die Ergebnisse weichen allerdings von der erwarteten Emission ab, welche auf den gängigen Blazar-Modellen beruht.
Man vermutet, dass die Emissionen eines Blazars aus einem relativistischen Teilchenjet resultieren, angetrieben von Materie, die auf ein supermassives Schwarzes Loch im Zentrum der Galaxie zustürzt. „In dem Emissionsmechanismus des Blazars könnte sich etwas abspielen, das wir nicht verstehen“, sagte Williams. „Es gibt auch exotischere Erklärungen, aber es wäre zu früh, um zu diesem Zeitpunkt darüber zu spekulieren.“
Gammastrahlen von PKS 1424+240 wurden erstmals vom Fermi Gamma-ray Space Telescope und nachfolgend von dem bodengestützten Instrument VERITAS (Very Energetic Radiation Imaging Telescope Array System) registriert, das empfindlich für Gammastrahlen im Hochenergieband von 100 Gigaelektronenvolt (GeV) bis über zehn Teraelektronenvolt (TeV) ist. Um die Rotverschiebung des Blazars zu bestimmen, verwendeten die Forscher Daten des Cosmic Origins Spectrograph an Bord des Hubble Space Telescope für weitere Studien. Die Rotverschiebung ist ein Maß dafür, wie stark das Licht eines Objekts aufgrund der Expansion des Universums in längere Wellenlängen verschoben wurde.
Neben Furniss und Williams wirkten folgende Co-Autoren an der Studie mit: J. Xavier Prochaska (Professor für Astronomie und Astrophysik an der UCSC), Joel Primack (Professor für Physik an der UCSC), Michele Fumagalli (ein früherer Doktorand an der UCSC und jetzt an den Carnegie Observatories und der Princeton University tätig), Charles Danforth und John Stocke (University of Colorado), Meg Urry (Yale University), Alex Filippenko (UC Berkeley), sowie William Neely (NF/ Observatory).
Quelle: http://news.ucsc.edu/2013/04/distant-blazar.html
(THK)
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