Ein internationales Team unter Leitung von der University of New South Wales hat einen entfernten Stern untersucht, der mehr als die 100.000-fache Erdanziehungskraft besitzt, um die kontroverse Theorie zu überprüfen, laut der eine der Naturkonstanten keine Konstante ist.
Die Antwort auf die absolute Frage nach dem Leben, dem Universum und Allem? Nicht ganz, aber das internationale Forschungsteam hat Untersuchungen durchgeführt, die neue Möglichkeiten eröffnen, um das zu erforschen, was bisher nur physikalische Theorien waren. Mit dem Hubble Space Telescope haben die Astronomen getestet, ob die Stärke der elektromagnetischen Kraft in dem starken Gravitationsfeld eines Weißen Zwergs verändert wird. Das Teammitglied Professor Martin Barstow von der University of Leicester wird die neue Arbeit auf dem National Astronomy Meeting der Royal Astronomical Society (RAS) in St. Andrews (Schottland) präsentieren.
In einer Abhandlung im Journal Physics Review Letters unterstreicht das Team aus Forschern der University of Leicester, der University of Cambridge, der University of Arizona und der University of New Southwales die möglichen Auswirkungen seiner Arbeit. „Die Forschung eröffnet neue Möglichkeiten, um nach exotischen ‚Skalarfeldern‘ zu suchen – das sind Energieformen, die oft in physikalischen Theorien auftauchen, welche versuchen, das Standardmodell der Teilchenphysik mit Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie zu kombinieren“, sagte Professor Barstow.
Die elektromagnetische Kraft ist eine der vier Grundkräfte, die das Universum gestalten. Ihre Stärke ist im Standardmodell durch eine einfache, dimensionslose Zahl gegeben, die sogenannte Feinstrukturkonstante. Sie wird mit dem griechischen Buchstaben alpha (α) bezeichnet und kombiniert die Lichtgeschwindigkeit, die elektrische Ladung eines Elektrons und das Plancksche Wirkungsquantum. Die Feinstrukturkonstante alpha hat auf der Erde immer den gleichen Wert: circa 1/137 (genauer: 7,2973525698 * 10-3).
Eine Schlüsselfrage ist, ob sich alpha in anderen Teilen des Universums oder in starken Gravitationsfeldern verändert. Kürzliche Beobachtungen von Licht eines entfernten Quasars deuten darauf hin, dass die Feinstrukturkonstante über große Entfernungen am Himmel variiert. (Quasare sind helle Quellen, die durch heiße Materie erzeugt werden, wenn sie ein Schwarzes Loch umkreist.) Aber es gibt noch keine unabhängige Überprüfung für dieses Ergebnis. Manche Theorien sagen voraus, dass alpha in der Anwesenheit von exotischen Skalarfeldern variieren wird. Solche Skalarfelder werden angeführt, um dabei zu helfen, das Standardmodell mit Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie zu vereinen, welche die Gravitation beschreibt.
Weiße Zwergsterne – die kompakten Überreste, welche zurückbleiben, wenn sonnenähnliche Sterne das Ende ihres Lebens erreichen – sind ein ideales natürliches Laboratorium, um diese Theorie zu testen. Weil sie viel Materie in eine Kugel von der Größe der Erde komprimieren, besitzen sie starke Gravitationsfelder. Indem Astronomen den Wert von alpha in der Nähe eines Weißen Zwergs messen und ihn mit dem Wert hier und jetzt im Labor vergleichen, können sie indirekt ergründen, ob diese alpha-verändernden Skalarfelder tatsächlich existieren.
Das Team maß alpha erstmals mit Hilfe von Eisen- und Nickelionen, die in der Atmosphäre des Weißen Zwergs G191-B2B gefangen waren. (Ionen sind Atome, denen Elektronen hinzugefügt oder entrissen wurden, was ihnen eine elektrische Ladung verleiht.) Trotz des starken Gravitationsfeldes des Weißen Zwergs – fast 100.000 Mal stärker als das der Erde – verweilen die Ionen über der Oberfläche, weil sie ständig von der starken Strahlung des Sterns weggedrückt werden.
Die Ionen absorbieren einen Teil des Lichts von dem Weißen Zwerg und erzeugen ein „Absorptionsspektrum“, das mit dem Hubble Space Telescope beobachtet wurde. Das Absorptionsspektrum erlaubt den Wissenschaftlern, den Wert von alpha in der Atmosphäre des Weißen Zwergs mit hoher Genauigkeit zu messen. Indem sie die Positionen der von Hubble gemessenen Absorptionslinien mit den im Labor gemessenen Positionen vergleichen, können sie sagen, ob alpha in der Nähe des Weißen Zwergs einen anderen Wert hat.
Professor Barstow ergänzt: „Wir haben festgestellt, dass jeder Unterschied zwischen dem Wert von alpha auf der Erde und dem Wert, der in dem starken Gravitationsfeld des Weißen Zwergs gemessen wurde, kleiner als ein Zehntausendstel sein muss. Das bedeutet, dass jegliche Skalarfelder die elektromagnetische Kraft nur schwach beeinflussen.“
„Unglücklicherweise war unsere Arbeit dadurch begrenzt, dass wir sehr alte Labormessungen aus den 1970er Jahren verwenden mussten. In der Zukunft sollten wir mit besseren Labordaten zur Ergänzung der hochpräzisen astronomischen Daten in der Lage sein, die Veränderlichkeit von alpha bis in die Größenordnung von einem Millionstel zu messen. Bei dieser Größenordnung wären wir imstande, genaue Aussagen darüber zu machen, ob alpha eine wahre Naturkonstante ist.“
(THK)
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