IBEX beobachtet erstmals den Helioschweif unseres Sonnensystems

Diese Karte zeigt, was IBEX sieht, wenn das Instrument in den Helioschweif hineinblickt. Die gelben und roten Gebiete kennzeichnen Regionen mit sich langsam bewegenden Teilchen, bläuliche Gebiete stehen für sich schnell bewegende Teilchen. (NASA / IBEX)
Diese Karte zeigt, was IBEX sieht, wenn das Instrument in den Helioschweif hineinblickt. Die gelben und roten Gebiete kennzeichnen Regionen mit sich langsam bewegenden Teilchen, bläuliche Gebiete stehen für sich schnell bewegende Teilchen. (NASA / IBEX)

Seit längerer Zeit wurde vermutet, dass unser Sonnensystem einen Schweif besitzt, ähnlich wie ein Komet. Genau wie jedes Objekt, das sich durch ein anderes Medium bewegt – beispielsweise ein Meteor, der durch die Erdatmosphäre fliegt – lässt es die Teilchen einen Schweif hinter sich bilden. Aber der Schweif unserer solaren Blase, der Heliosphäre, wurde nie beobachtet. Bis jetzt.

Der Interstellar Boundary Explorer (IBEX) der NASA hat die Grenzen des heliosphärischen Schweifs kartiert – etwas, das zuvor nicht möglich war. Wissenschaftler bezeichnen diesen Schweif als Helioschweif („Heliotail“) und beschreiben ihn detailliert in einer Abhandlung, die am 10. Juli 2013 im The Astrophysical Journal veröffentlicht wurde. Indem es die Bilder der ersten drei Beobachtungsjahre von IBEX kombinierte, erarbeitete das Team einen Schweif, der einen Zusammenschluss von sich schnell und langsam bewegenden Teilchen zeigt. An den Seiten gibt es zwei Lappen mit langsameren Teilchen, oben und unten sind schnellere Teilchen zu finden, wobei die gesamte Struktur verdreht ist, weil sie den Druck und Zug der magnetischen Felder außerhalb unseres Sonnensystems erfährt.

„Durch die Untersuchung der neutralen Atome machte IBEX die ersten Beobachtungen des Helioschweifs“, sagte David McComas, Hauptautor der Studie und leitender Wissenschaftler der IBEX-Mission am Southwest Research Institute in San Antonio (Texas). „Es wurden viele Modelle vorschlagen, nach denen der Helioschweif so oder so aussehen sollte, aber wir hatten keine Beobachtungen. Wir zeichneten immer Bilder, auf denen der Schweif der Heliosphäre außerhalb des Bildes verschwindet, weil wir nicht einmal darüber spekulieren konnten, wie er wirklich aussieht.“

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Video-Link: https://youtu.be/ORPpfrvfH8o

Video-Beschreibung der aktuellen IBEX-Forschungsergebnisse. (NASA / Goddard Space Flight Center)

Obwohl Teleskope solche Schweife um andere Sterne entdeckt haben, ist es schwierig zu sehen, ob unser Stern auch einen besitzt. Die Raumsonde Pioneer 10 wurde in diese Richtung gelenkt, nachdem sie im Jahr 1983 die Umlaufbahn Neptuns passiert hatte. Im Jahr 2003 verlor sie jedoch Energie, bevor sie in den Schweif eintreten konnte, so dass wir keine direkten Daten der Sonde aus dem Schweif haben. Seine Beobachtung aus der Ferne ist schwer, weil die Teilchen in dem Schweif – genau wie die Heliosphäre selbst – nicht leuchten, weshalb sie auf normalem Wege nicht sichtbar sind.

IBEX dagegen kann solche Regionen kartieren, indem das Instrument neutrale Teilchen misst, die durch Kollisionen an den Grenzen der Heliosphäre erzeugt wurden. Diese Technik verwendet die Abbildung energetisch neutraler Atome (Energetic neutral Atom Imaging) und stützt sich auf die Tatsache, dass die Bahnen neutraler Teilchen nicht von den Magnetfeldern der Heliosphäre beeinflusst werden. Die Teilchen bewegen sich in gerader Linie von der Kollision zu IBEX. Die Ursprungsorte der neutralen Teilchen zu beobachten, beschreibt folglich, was in diesen entfernten Regionen geschieht.

„Mittels neutraler Atome kann IBEX weit entfernte Strukturen beobachten, sogar von der Erdumlaufbahn aus“, sagte Eric Christian, IBEX-Missionswissenschaftler am Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland). „Und IBEX beobachtet den gesamten Himmel, also hat er uns die ersten Daten darüber geliefert, wie der Schweif der Heliosphäre aussieht – ein wichtiger Beitrag zum Verständnis unseres Standortes in und unserer Bewegung durch die Galaxie.“

Auch andere Sterne besitzen einen Schweif. Die drei Bilder zeigen die Schweife der Sterne LL Orionis (oben links), BZ Camelopardalis (oben rechts) und Mira (unten). (NASA / HST / R.Casalegno / GALEX)
Auch andere Sterne besitzen einen Schweif. Die drei Bilder zeigen die Schweife der Sterne LL Orionis (oben links), BZ Camelopardalis (oben rechts) und Mira (unten). (NASA / HST / R.Casalegno / GALEX)

Die Reise dieser Teilchen beginnt Jahre bevor sie auf die IBEX-Instrumente treffen. Der Sonnenwind, der von der Sonne ausgeht, strömt in alle Richtungen und reicht bis weit hinter die entferntesten Planeten des Sonnensystems, bis er sich letztendlich verlangsamt und sich als Reaktion auf den Druck der eindringenden interstellaren Materie um den Schweif biegt. Die Teilchen treten einer Massenwanderung von Partikeln bei, die sich innerhalb der Grenze der Heliosphäre (einer dünnen Schicht namens Heliopause) zurückbewegen.

Während dies geschieht, durchquert ein stetiger Strom aus langsameren, neutralen Atomen unser Sonnensystem. Wenn eines dieser neutralen Atome mit einem der schnelleren, geladenen Teilchen kollidiert, können sie ein Elektron austauschen. Das Ergebnis der Kollision kann ein langsames, geladenes Teilchen und schnelles, neutrales Atom sein. Das neutrale Atom ist nicht länger an die Magnetfelder gebunden und rast stattdessen direkt in die Richtung davon, die es zu dem Zeitpunkt hatte. Manche neutralen Atome reisen jahrelang, bis sie von IBEX registriert werden.

„Durch das Sammeln dieser energetisch neutralen Atome liefert IBEX Karten der ursprünglich geladenen Partikel“, sagte McComas. „Die Strukturen in dem Helioschweif sind für unsere Augen unsichtbar, aber wir können diesen Trick benutzen, um die äußersten Regionen unserer Heliosphäre abzubilden.“

Frühe IBEX-Ergebnisse zum Helioschweif wiesen ursprünglich darauf hin, dass es im Verlauf des Helioschweifs nur eine kleine Region aus sich langsam fortbewegendem Wind geben könnte. Aber als die Wissenschaftler erst einmal genug Daten gesammelt hatten, erkannten sie, dass sie anfangs nur einen Teil des Gesamtbildes gesehen hatten. Basierend auf der jetzt von ihnen erstellten Karte des Helioschweifs sieht jemand, der direkt in den Schweif blickt, eine Form ähnlich einem vierblättrigen Kleeblatt. Die beiden Seitenblätter sind mit sich langsam bewegenden Partikeln gefüllt, und die Blätter oben und unten enthalten schnellere Teilchen. Diese Form ergibt Sinn, wenn man die Tatsache bedenkt, dass die Sonne in den vergangenen paar Jahren in der Nähe ihrer Pole hauptsächlich schnellen Sonnenwind emittiert hat, während der Sonnenwind in der Umgebung ihres Äquators langsamer war. Das ist ein normales Muster in der jüngsten Phase des elfjährigen Sonnenaktivitätszyklus.

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Video-Link: https://youtu.be/Bgo5HVuT-X8

Diese Animation beschreibt den Weg, den ein von der Sonne emittiertes Teilchen zurückgelegt hat, bevor es auf die IBEX-Detektoren trifft. (NASA / Goddard Space Flight Center)

Das vierblättrige Kleeblatt ist allerdings nicht perfekt mit der Sonne ausgerichtet. Die gesamte Form ist leicht gedreht, was dafür spricht, dass die geladenen Teilchen in eine neue Richtung gestoßen werden und sich an den Magnetfeldern der lokalen Galaxie orientieren, während sie sich weiter von der Sonne und deren magnetischem Einfluss entfernen. Die Forscher wissen aber immer noch nicht, wie lang der Schweif ist.

„Der Schweif ist unser Fußabdruck in der Galaxie und es ist aufregend, dass wir beginnen, seine Struktur zu verstehen“, sagte Christian. „Der nächste Schritt ist, diese Beobachtungen in unsere Modelle einzubeziehen und den Anfang zu machen, unsere Heliosphäre wirklich zu verstehen.“

Wissenschaftler können ihre Computersimulationen der Heliosphäre gegen die neuen Beobachtungen testen und ihre Modelle verbessern, wo es erforderlich ist. Zusammengenommen werden die Daten von Instrumenten im Weltraum und die Laboranalysen auf dem Boden unser Verständnis des kometenähnlichen Schweifs hinter uns fortlaufend verbessern.

IBEX ist ein Heliophysics Small Explorer der NASA. Das Southwest Research Institute leitet IBEX mit nationalen und internationalen Partnerteams. Das Goddard Space Flight Center betreibt das Explorers Programm für das Science Mission Directorate in Washington.

Quelle: http://www.nasa.gov/content/nasa-s-ibex-provides-first-view-of-the-solar-system-s-tail/index.html

(THK)

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