Neue Erkenntnisse über Rote Kobolde und Blaue Jets

Rote Kobolde oberhalb eines Gewittersturms in Red Willow Land, Nebraska, USA. (Image: Jason Ahrns)
Rote Kobolde oberhalb eines Gewittersturms in Red Willow Land, Nebraska, USA. (Image: Jason Ahrns)

Ist es ein Vogel? Ein Flugzeug? Ein UFO? Seltsame Lichter am Himmel werden von Atmosphären-Wissenschaftlern genau beobachtet. Von Forschern als „Rote Kobolde“ bezeichnet, zeigen sich diese tanzenden Wolkenfeen manchmal als blutrote Lichtausbrüche mit der Gestalt einer Qualle. Manchmal erscheinen sie als trompetenförmige, blaue Emissionen, Blue Jets genannt. Sie treten allerdings nur bei einer einzigen Gelegenheit auf: während schwerer Gewitterstürme. Obwohl sie seit Jahren sporadisch von Flugzeugpiloten gesehen werden, gab es erst in den vergangenen zwei Jahrzehnten genug Belege, um Atmosphären-Wissenschaftler davon zu überzeugen, das Phänomen zu untersuchen.

Was ist das am Himmel?

Jetzt könnten verblüffte Forscher Antworten auf ihre Frage „Was um alles in der Welt ist das?“ gefunden haben. Über den schwarzen Wolken eines Gewittersturms erscheinen die Kobolde als Ausbrüche von rotem Licht, das hoch in die Erdatmosphäre strahlt, sagte der Wissenschaftler Hans Nielsen von der University of Alaska in Fairbanks. Die kurzen Blitze sehen aus wie leuchtende Quallen mit roten Schirmen und violetten Tentakeln. In einer einzigen Nacht kann ein großes Gewittersturmsystem bis zu einhundert Kobolde emittieren.

In die weite blaue (oder rote) Ferne

Nielsen und Jason Ahrns von der University of Alaska in Fairbanks, Matthew McHarg von der U.S. Air Force Academy und Forscher des Fort Lewis College kamen diesen Sommer zusammen, um die Kobolde zu untersuchen. Um ihre Forschung durchzuführen, nutzten sie eine Gulfstream-V der National Science Foundation und des National Center for Atmospheric Research, ein hoch fliegendes Flugzeug, das Höhen bis zu 50.000 Fuß (ca. 15 Kilometer) erreichen kann. Ihr Projekt wird von der National Science Foundation finanziert.

Laut Nielsen und McHarg ähneln Kobolde Blitzen insofern, als dass sie elektrische Entladungen aus der Atmosphäre sind. „Aber während Kobolde in mancherlei Hinsicht Blitzen ähneln, unterscheiden sie sich in anderer Hinsicht von ihnen. Blitze existieren unter und in den Wolken in einer Höhe zwischen drei und acht Kilometern. Kobolde treten weit oberhalb der Wolken in einer Höhe von circa 80 Kilometern auf – zehnmal höher als ein Blitz“, sagte McHarg. Ihm zufolge sind sie auch riesig groß und erreichen eine Höhe von knapp 50 Kilometern.

Trotzdem dauern Rote Kobolde nicht sehr lange – nur etwa eine Tausendstel Sekunde. Das ist 300 Mal schneller als ein Augenblinzeln. Blaue Jets, die nicht direkt Teil der Forschungsstudie waren, dauern länger als Rote Kobolde und haben ihren Ursprung auf der Oberseite der Sturmwolken. Sie schießen in eine Höhe, die weniger als halb so hoch ist wie die der Roten Kobolde. Blaue Jets sind schmaler als Rote Kobolde und fächern sich wie trompetenförmige Blumen in blauen oder violetten Farbtönen auf.

Ein Blauer Jet, ein enger Verwandter des Roten Kobolds. (Stanford University)
Ein Blauer Jet, ein enger Verwandter des Roten Kobolds. (Stanford University)

„Dieses Forschungsgebiet entwickelt sich schnell und ist wichtig für das Verständnis des globalen elektrischen Kreislaufs“, sagte Anne-Marie Schmoltner, Programmdirektorin der Division of Atmospheric and Geospace Sciences der National Science Foundation, welche die Forschungsarbeit unterstützt. „Die luftgestützte Kampagne zur Untersuchung von Roten Kobolden in diesem Sommer lieferte Beobachtungen mit beispiellosen zeitlichen Auflösungen.“

Was die himmlischen Lichter eines Gewittersturms erzeugt

Atmosphären-Forscher haben Theorien entwickelt, die diese Lichter am Himmel zu erklären versuchen. Rote Kobolde könnten auftreten, wenn positiv geladene Wolken-Boden-Blitze einschlagen. Solche Blitze machen bis zu zehn Prozent aller Blitze aus und sind um ein Vielfaches energiereicher als gewöhnliche, negativ geladene Blitze. Die Ausbrüche könnten mit riesigen elektrischen Funken vergleichbar sein.

Nach einem starken Einschlag auf dem Boden wird das elektrische Feld über einem Gewittersturm möglicherweise bis zu einem Punkt verstärkt, an dem es einen „elektrischen Zusammenbruch“ verursacht – eine Überladung, die den Widerstand der Atmosphäre gegenüber elektrischem Stromfluss schwächt. Das Ergebnis ist ein immenser roter Funke – oder Kobold – in der Atmosphäre. Obwohl sie noch immer rätselhaft sind, haben Rote Kobolde geholfen, andere lange bestehende Fragen zu lösen.

Wissenschaftler haben festgestellt, dass Rote Kobolde einige der niederfrequenten Radioausbrüche erzeugen, die seit Jahren von Instrumenten auf der ganzen Welt registriert werden, aber deren Quelle unbekannt war. Starke Gammastrahlenausbrüche, die eher von der Erde als aus dem Weltall kommen, entstehen während Gewitterstürmen, wobei ihre genaue Beziehung zu Roten Kobolden jedoch unklar bleibt. Forscher fragen sich jetzt, ob Rote Kobolde (und Blaue Jets) wichtige Auswirkungen auf die Atmosphäre haben könnten. Ob Kobolde und Jets beispielsweise die chemische Zusammensetzung der oberen Atmosphäre verändern können. Auch wenn sie kurz sind, könnten sie dauerhafte Ladungen abgeben.

„Die tiefrote Farbe der Kobolde wird durch Licht erzeugt, das von Stickstoffmolekülen in der Atmosphäre emittiert wird“, sagte McHarg. Rote Kobolde könnten sich als wichtig für die atmosphärische Chemie und das globale Klima erweisen, indem sie die Konzentrationen von Stickoxiden in der Atmosphäre verändern. Die Forscher verwenden eine als Hochgeschwindigkeits-Spektroskopie bezeichnete Technik, um die verschiedenen Farben der Kobolde zu untersuchen, die von ihren übertragene Energiemenge zu bestimmen und mehr über ihre chemische Zusammensetzung zu erfahren.

Wie man einen Kobold beobachtet

Können Gewitter-Beobachter auf der Erdoberfläche Rote Kobolde und Blaue Jets mit dem bloßen Auge sehen? Ja – wenn sie wissen, wohin sie schauen müssen. Beobachter müssen in der Lage sein, einen entfernten Gewittersturm zu sehen, ohne dass sich Wolken in der Sichtlinie befinden – in einem Gebiet ohne städtische Beleuchtung. Dann müssen sie über den Gewittersturm schauen, nicht auf die Blitze innerhalb der Wolken.

Den Forschern zufolge ist es wahrscheinlich, dass die Beobachter einen Roten Kobold sehen werden, wenn sie lange genug warten. Blaue Jets sind schwerer zu sehen. Die beste Sicht würde man vermutlich aus einem Flugzeug haben, das sehr hoch fliegt und viele Kilometer von einem Gewittersturm entfernt ist. Ein Auto mit seinen Gummireifen wäre das sicherste Fahrzeug, um nach den kurzlebigen Kobolden der Gewitterstürme Ausschau zu halten.

Quelle: http://www.nsf.gov/discoveries/disc_summ.jsp?cntn_id=128912

(THK)

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