Physiker entwirrt die Debatte um Schrödingers Katze

Illustration von Schrödingers Gedankenexperiment. Der radioaktive Zerfall eines Kerns setzt Gift frei, das die Katze in einer verschlossenen Kiste tötet. Quantenmechanisch betrachtet ist die Katze gleichzeitig tot und lebendig, solange das abgeschlossene System nicht mit der Außenwelt interagiert. (Wikipedia / User: Dhatfield / CC-by-SA 3.0)
Illustration von Schrödingers Gedankenexperiment. Der radioaktive Zerfall eines Kerns setzt Gift frei, das die Katze in einer verschlossenen Kiste tötet. Quantenmechanisch betrachtet ist die Katze gleichzeitig tot und lebendig, solange das abgeschlossene System nicht mit der Außenwelt interagiert. (Wikipedia / User: Dhatfield / CC-by-SA 3.0)

Der Physiker Art Hobson von der University of Arkansas hat eine Lösung für die lang bestehende Debatte über die Natur von Quantenmessungen vorgeschlagen, welche innerhalb des Rahmenwerks der Standardquantenphysik liegt. Hobson argumentiert, dass das als „Nichtlokalität“ bekannte Phänomen der Schlüssel ist, um das durch „Schrödingers Katze“ veranschaulichte Messproblem zu verstehen. Sein Artikel wurde am 8. August 2013 in Physical Review A veröffentlicht, einem Journal der American Physical Society.

Im Jahr 1935 nutzte der Nobelpreisträger Erwin Schrödinger das Beispiel einer Katze in einer verschlossenen Kiste, um das zentrale Paradoxon der Quantenphysik zu verdeutlichen: Mikroskopische Teilchen wie Elektronen, Photonen oder Atome können in zwei Quantenzuständen gleichzeitig existieren. Diese Zustände werden als „Superpositionen“ bezeichnet.

„Eine quantenphysikalische Messung bedeutet die Verwendung eines großen, makroskopischen Instruments (beispielsweise einem Geigerzähler), um etwas über den Quantenzustand eines mikroskopischen Systems – wie einem Atom oder einem einzelnen Photon – zu erfahren“, sagte Hobson. „Wenn man das mikroskopische System mit einem makroskopischen Messgerät verbindet, welches zwischen den beiden verschiedenen Zuständen des mikroskopischen Systems unterscheidet, dann scheint die Quantentheorie anzudeuten, dass der Geigerzähler ebenfalls in einer Superposition ‚verschränkt‘ wird und in zwei Zuständen gleichzeitig existiert. Allerdings ist das etwas, das wir niemals beobachten und das nicht hinnehmbar ist.“

In Bezug auf Schrödingers Beispiel sagte Hobson, dass die Katze die Rolle des Geigerzählers spiele, der mit einem radioaktiven Kern verbunden ist, um den zerfallenen oder den nicht zerfallenen Zustand des Kerns zu bestimmen. Eine „lebende Katze“ wäre ein makroskopisches Signal für einen nicht zerfallenen Kern und eine “tote Katze“ wäre das makroskopische Signal für einen zerfallenen Kern. Die Quantentheorie scheint zu besagen, dass die Katze deshalb in einer Superposition verschränkt und gleichzeitig tot und lebendig ist.

In seinem Artikel schreibt Hobson stattdessen, dass der Quantenzustand der Katze mit dem Zustand des Kerns „verschränkt“ ist, was darauf schließen lässt, dass es eine wichtige „nichtlokale Beziehung“ oder eine unmittelbare Fernwirkung zwischen den beiden gibt. Wenn zwei beliebige, verschränkte Objekte in entgegengesetzte Richtungen geschickt werden und der Zustand des einen verändert wird, verändert laut der Nichtlokalität im selben Moment auch das andere Objekt seinen Zustand, egal wie weit sie voneinander entfernt sein mögen. Hobson führt direkte experimentelle Belege für seine Analyse an, die von 1990 durchgeführten Experimenten zur nichtlokalen Beobachtung verschränkter Photonenpaare stammen.

„Das Eigenartige ist, dass diese Reaktion augenblicklich geschieht, ohne dass Licht oder ein elektromagnetisches Signal oder ein Radiosignal Zeit hat, zwischen den beiden Objekten zu kommunizieren“, sagte Hobson. „Es ist ein einzelnes Objekt, das sich wie ein einzelnes Objekt verhält, aber an zwei verschiedenen Orten existiert. Die Entfernung zwischen ihnen spielt keine Rolle.“

Dieses Phänomen müsse einbezogen werden, um das Messproblem zu lösen, sagte er. Hinsichtlich Schrödingers Katze bedeutet das, die Katze wird nicht länger als tot und lebendig angesehen. Sie ist stattdessen tot, wenn der Kern zerfällt, und lebendig, wenn der Kern nicht zerfällt, genau wie man erwarten würde.

Hobson zufolge kamen seit 1978 drei zuvor veröffentlichte Analysen zu ähnlichen Lösungen für das Messproblem, aber die früheren Lösungen wurden zu der Zeit wenig beachtet und die Debatte ging weiter. „Das führt zu Verwirrung und sogar zu pseudowissenschaftlichen Behauptungen über die Auswirkungen der Quantenphysik“, sagte er.

„Es ist wichtig, die Grundlagen der Quantenphysik zu ordnen“, sagte Hobson. „Sie ist jetzt mehr als ein Jahrhundert alt und es hat diese Theorien gegeben, aber sie wurden nicht beachtet oder nicht ernst genug genommen. Es ist meine Hoffnung, dass diese Lösung des Messproblems jetzt von der Quantengrundlagen-Gemeinschaft akzeptiert werden wird.“

Hobson ist emeritierter Professor für Physik am J. William Fulbright College of Arts and Sciences.

Quelle: http://newswire.uark.edu/articles/21764/physicist-disentangles-schrodinger-s-cat-debate

(THK)

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