Form des Elektrons wirft Zweifel auf die Supersymmetrie

Blick in eine Vakuumkammer, die für die Messung des elektrischen Dipolmoments verwendet wurde. (B.R. O'Leary)
Blick in eine Vakuumkammer, die für die Messung des elektrischen Dipolmoments verwendet wurde. (B.R. O'Leary)

Eine kleine Gruppe teilchensuchender Yale- und Harvard-Wissenschaftler hat einen neuen Orientierungswert für die fast perfekte Rundheit des Elektrons ermittelt. Der neue Wert wirft Zweifel auf bestimmte Theorien, die vorhersagen, was jenseits des herrschenden Modells über die elementaren Kräfte und Teilchen (dem Standardmodell) liegt.

„Wir wissen, dass das Standardmodell nicht alles einschließt“, sagte der Yale-Physiker David DeMille. DeMille leitet zusammen mit John Doyle und Gerald Gabrielse von der Harvard University die ACME Collaboration. Die ACME Collaboration verwendet eine völlig andere Methode, um einige der gleichen Teilchentypen nachzuweisen, die auch mit großen Experimenten am Large Hadron Collider (LHC) in Europa gesucht werden. „Wie unsere Kollegen am LHC versuchen wir, etwas im Labor zu sehen, das sich von den Vorhersagen des Standardmodells unterscheidet.“ Die ACME Collaboration sucht nach neuen Materieteilchen, indem sie deren Auswirkungen auf die Form von Elektronen misst – jenen negativ geladenen subatomaren Teilchen, die in jedem Atom kreisen.

In einer Forschungsarbeit, die am 19. Dezember 2013 in Science Express veröffentlicht wurde, berichtet das Team über die bislang präziseste Vermessung der Elektronenform. Sie verbesserten die bisherige Messung um mehr als den Faktor Zehn und zeigten, dass das Teilchen runder ist, als von einigen Erweiterungen des Standardmodells vorausgesagt wurde, darunter von mehreren Versionen der Supersymmetrie. Diese Theorie postuliert neue Teilchentypen, die beispielsweise helfen, Dunkle Materie zu berücksichtigen – eine rätselhafte Substanz, von der man annimmt, dass sie den Großteil der Materie im Universum ausmacht.

Die Forscher sagten, sie haben gezeigt, dass die Abweichung des Elektrons von der kugelförmigen Perfektion (sofern sie überhaupt existiert) kleiner sein muss, als von vielen Theorien vorhergesagt wird, welche Teilchen propagieren, die das Standardmodell nicht berücksichtigt. Falls die Form des Elektrons zu rund ist, werden den Wissenschaftlern zufolge viele dieser Theorien widerlegt.

Viele Varianten der Supersymmetrie sagen eine weniger runde Form für das Elektron voraus, als das ACME-Team auf experimentelle Weise fand. Falls die von diesen Versionen der Supersymmetrie vorhergesagten Teilchen existieren würden, hätten sie eine größere Deformierung des Elektrons verursacht, sagen die Forscher. Das ACME-Projekt suchte nach einer besonderen Deformierung in der Form des Elektrons, die als ein elektrisches Dipolmoment bezeichnet wird.

„Man kann sich das Dipolmoment so vorstellen, als würde man eine perfekte Kugel nehmen, eine dünne Schicht von einer Hemisphäre abrasieren und sie auf die andere Hemisphäre drauflegen“, sagte DeMille, der dabei half, frühere Grenzen bei der Elektronendeformierung zu bestimmen. „Je dicker die Schicht, desto größer das Dipolmoment. Jetzt stelle man sich ein Elektron vor, das bis auf die Größe der Erde aufgeblasen wurde. Unser Experiment wäre in der Lage gewesen, eine Schicht zu registrieren, die 10.000 Mal dünner als ein menschliches Haar ist und von der südlichen auf die nördliche Hemisphäre verschoben wurde. Aber wir haben sie nicht gesehen und das schließt einige Theorien aus.“

Die ACME-Forscher maßen das Dipolmoment mittels Elektronen innerhalb des polaren Moleküls Thoriummonoxid. Die Eigenschaften des Moleküls verstärken die Deformierung des Elektrons und verringern die Wahrscheinlichkeit für Effekte, welche die Forscher glauben lassen könnten, dass sie eine winzige Deformierung gesehen haben, wo gar keine existiert. „Es ist erstaunlich, dass einige dieser vorhergesagten, supersymmetrischen Teilchen das Elektron in eine Art Eiform zwingen würden“, sagte John Doyle von der Harvard University. „Unser Experiment sagt uns, dass dies bei unserem [momentanen] Empfindlichkeitslevel einfach nicht geschieht.“

Gabrielse, ebenfalls von der Harvard University, sagte: „Es ist ungewöhnlich und erfreulich, dass die ausgezeichnete Präzision, die von unserem kleinen Team in einem Universitätslabor erreicht wurde, den grundlegendsten Baustein unseres Universums mit einer Empfindlichkeit untersucht, die damit vergleichbar ist, was tausende Personen am weltgrößten Teilchenbeschleuniger erreichen.“

Die Abhandlung trägt den Titel „Order of Magnitude Smaller Limit on the Electric Dipole Moment of the Electron„. Die Co-Autoren sind J. Baron, W.C. Campbell, Y. V. Gurevich, P. W. Hess, N. R. Hutzler, E. Kirilov, I. Kozyryev, B. R. O’Leary, C. D. Panda, M. F. Parsons, E. S. Petrik, B. Spaun, A. C. Vutha und A. D. West. Die National Science Foundation und das National Institute of Standards and Technology (NIST) unterstützte die Arbeit.

Quelle: http://news.yale.edu/2013/12/19/electrons-shapeliness-throws-curve-supersymmetry

(THK)

Werbung

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*