Massereiche Gesteinsplaneten – Supererden genannt – sind in unserer Milchstraßen-Galaxie weit verbreitet. Jetzt berichten ein Astrophysiker der Northwestern University und ein Geophysiker der University of Chicago, dass die Wahrscheinlichkeit für diese Planeten, ein erdähnliches Klima zu besitzen, viel größer ist als bislang angenommen.
Das neue Modell von Nicolas B. Cowan und Dorian Abbot stellt das konventionelle Wissen in Frage, welches besagt, dass Supererden der Erde in Wirklichkeit überhaupt nicht ähneln – jede wäre eine Wasserwelt, deren Oberfläche vollständig von Wasser bedeckt ist. Die Forscher schlussfolgerten, dass die meisten tektonisch aktiven Supererden unabhängig von ihrer Masse den Großteil ihres Wassers im Mantel speichern und sowohl Ozeane als auch freiliegende Kontinente aufweisen würden, was ein stabiles Klima wie das der Erde ermöglichen würde.
Cowan ist Postdoktorand am Center for Interdisciplinary Exploration and Research in Astrophysics (CIERA) der Northwestern University und Abbot ist Juniorprofessor für geophysikalische Wissenschaften an der University of Chicago.
„Sind die Oberflächen von Supererden vollkommen trocken oder von Wasser bedeckt?“, fragte Cowan. „Wir gingen diese Fragestellung an, indem wir bekannte Geophysik auf die Astronomie anwandten. Man geht davon aus, dass Supererden tiefe Ozeane aufweisen, die ihre Becken überfluten und die gesamte Oberfläche bedecken, aber wir zeigen, dass diese Logik fehlerhaft ist“, sagte er. „Gesteinsplaneten besitzen beträchtliche Mengen Wasser in ihrem Inneren. Supererden haben wahrscheinlich seichte Ozeane, die mit ihren flachen Ozeanbecken einhergehen.“
In ihrem Modell behandelten Cowan und Abbot die verblüffenden Exoplaneten wie die Erde, die ziemlich viel Wasser in ihrem Mantel besitzt. (Ein Exoplanet oder extrasolarer Planet ist ein Planet außerhalb unseres eigenen Sonnensystems.) Der Mantel macht den Großteil des Volumens und der Masse des Planeten aus. Die Gesteine des Mantels enthalten winzige Mengen Wasser, was sich schnell summiert, weil der Mantel so ausgedehnt ist. Und ein tiefer Wasserkreislauf bewegt Wasser zwischen den Ozeanen und dem Mantel hin und her.
Cowan präsentierte die Ergebnisse am 7. Januar 2014 auf einer Pressekonferenz „Windows on Other Worlds“ anlässlich des 223. Treffens der American Astronomical Society (AAS) in Washington, DC. Am 8. Januar 2014 sprach er im Rahmen eines wissenschaftlichen Vortrags (Potomac Ballroom D, Gaylord National Resort and Convention Center) über die Forschungsarbeit. Die Studie wird am 20. Januar 2014 im Astrophysical Journal veröffentlicht.
Wasser werde aufgrund der Plattentektonik ständig zwischen dem Ozean und dem Mantel ausgetauscht, sagten Cowan und Abbot. Die Aufteilung des Wassers zwischen dem Ozean und dem Mantel wird durch den Druck am Meeresboden geregelt, der proportional zur Gravitation ist. Die Einbeziehung des Drucks am Meeresboden und die Berücksichtigung der starken Gravitation sind zwei neue Faktoren in ihrem Modell. Mit zunehmender Größe der Supererden erhöhen sich auch die Gravitation und der Druck am Meeresboden.
„Wir können 80 Mal mehr Wasser auf einer Supererde haben und ihre Oberfläche würde immer noch wie die der Erde aussehen“, sagte Cowan. „Diese massereichen Planeten weisen einen enormen Druck am Meeresboden auf und diese Kraft drückt Wasser in den Mantel.“ Es braucht nicht so viel Wasser, um einen Planeten in eine Wasserwelt zu verwandeln. „Wenn die Erde ein Massenprozent Wasser besäße, würden wir alle ertrinken, unabhängig von dem tiefen Wasserkreislauf“, sagte Cowan. „Die Oberfläche wäre von Wasser bedeckt. Ob ein tiefer Wasserkreislauf existiert oder nicht, spielt nur für Planeten eine Rolle, die zu einem Tausendstel oder einem Zehntausendstel aus Wasser bestehen.“
Die Fähigkeit von Supererden, freiliegende Kontinente zu bewahren, ist wichtig für das planetare Klima. Auf Planeten mit freiliegenden Kontinenten wie der Erde wird der tiefe Kohlenstoffkreislauf durch die Oberflächentemperaturen gesteuert, was eine stabilisierende Rückkopplung verursacht (ein Thermostat in geologischen Zeitskalen). „Solch eine Rückkopplung kann auf einer Wasserwelt wahrscheinlich nicht existieren, was bedeutet, dass sie eine viel kleinere habitable Zone haben sollten“, sagte Abbot. „Indem wir die Wahrscheinlichkeit für freiliegende Kontinente auf Supererden um das 80-fache erhöhten, haben wir ihre Chancen, ein erdähnliches Klima zu besitzen, dramatisch gesteigert.“
Cowan und Abbot stimmen zu, dass es zwei große Unsicherheiten in ihrem Modell gibt: dass Supererden Plattentektonik haben und die Wassermenge, die die Erde in ihrem Mantel speichert. „Dies sind die zwei Dinge, die wir gerne wissen würden, um unser Modell zu verbessern“, sagte Cowan. „Unser Modell ist ein Schuss aus der Hüfte, aber es ist ein wichtiger Schritt, um die Art und Weise zu verfeinern, wie wir über Supererden denken.“
Die Abhandlung trägt den Titel „Water Cycling Between Ocean and Mantle: Super-Earths Need Not Be Waterworlds„. Die Alfred P. Sloan Research Foundation unterstützte die Arbeit.
(THK)
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