Erstes Doppelsystem aus Schwarzem Loch und schnell rotierendem Be-Stern entdeckt

Illustration des extrem schnell rotierenden Be-Sterns MWC 656, der sich zusammen mit einem stellaren Schwarzen Loch als Begleiter etwa 8.500 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Eidechse befindet. (Gabriel Pérez - SMM (IAC))
Illustration des extrem schnell rotierenden Be-Sterns MWC 656, der sich zusammen mit einem stellaren Schwarzen Loch als Begleiter etwa 8.500 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Eidechse befindet. (Gabriel Pérez - SMM (IAC))

Spanische Wissenschaftler haben das erste Doppelsystem entdeckt, das aus einem Schwarzen Loch und einem schnell rotierenden Stern besteht, genauer gesagt einem Stern des Be-Typs. Obwohl theoretisch vorhergesagt, wurde bislang kein solches System gefunden. Die Beobachtungen, die zu der Entdeckung führten, wurden mit den Liverpool- und Mercator-Teleskopen am Observatorio del Roque de los Muchachos (Kanarische Inseln, Spanien) gemacht. Eine Abhandlung über die Entdeckung erschien am 16. Januar 2014 im Journal Nature.

Be-Sterne kommen im Universum recht häufig vor. Allein in unserer Galaxie sind 80 Exemplare bekannt, die sich gemeinsam mit Neutronensternen in Doppelsystemen befinden. „Ihre besondere Eigenschaft ist ihre starke Zentrifugalkraft: Sie rotieren sehr schnell, nahe an der Geschwindigkeit, bei der sie auseinanderreißen würden. Es ist so, als wären sie kosmische Kreisel“, sagte Jorge Casares vom Instituto de Astrofísica de Canarias (IAC) und der La Laguna University (ULL). Casares ist der leitende Autor und ein Experte für stellare Schwarze Löcher. Er präsentierte 1992 den ersten handfesten Beweis für ihre Existenz.

Das neu entdeckte Schwarze Loch und der Be-Stern mit der Bezeichnung MWC 656 umkreisen sich rund 8.500 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Lacerta (Eidechse). Der Be-Stern rotiert so schnell, dass seine Oberflächengeschwindigkeit eine Million Kilometer pro Stunde übersteigt. „Wir begannen mit der Untersuchung dieses Sterns im Jahr 2010, als Weltraumteleskope vorübergehende Gamma-Emissionen aus seiner Richtung registrierten, erklärte Marc Ribó vom Institute for Sciences of the Cosmos der University of Barcelona (ICCUB / IEEC-UB). „Danach wurden keine Gamma-Emissionen mehr registriert, aber wir stellten fest, dass der Stern Teil eines Doppelsystems ist“, ergänzte er.

Eine detaillierte Analyse seines Spektrums erlaubte den Wissenschaftlern, die Eigenschaften seines Begleiters abzuleiten. „Es stellte sich als ein Objekt mit einer Masse zwischen 3,8 und 6,9 Sonnenmassen heraus. Ein Objekt wie dieses, unsichtbar für Teleskope und mit einer derartigen Masse behaftet, kann nur ein Schwarzes Loch sein, weil kein Neutronenstern mit mehr als drei Sonnenmassen existiert“, sagte Ignasi Ribas vom Obersten Rat für wissenschaftliche Forschung (Consejo Superior de Investigaciones Científicas, CSIC) am Institute of Space Sciences (IEEC-CSIC).

Das Schwarze Loch und der Be-Stern umkreisen sich und es nährt sich von Materie, die von letzterem abgestoßen wird. „Die hohe Rotationsgeschwindigkeit des Be-Sterns katapultiert Materie in eine äquatoriale Scheibe. Diese Materie wird von dem Schwarzen Loch angezogen und stürzt auf es zu, wobei sie eine andere Scheibe bildet, eine sogenannte Akkretionsscheibe. Indem wir die Emissionen von der Akkretionsscheibe untersuchten, konnten wir die Bewegung des Schwarzen Lochs analysieren und seine Masse bestimmen“, kommentierte Ignacio Negueruela, ein Forscher von der University of Alicante (UA).

Wissenschaftler vermuten, dass dieses Objekt ein nahes Mitglied einer verborgenen Population von Be-Sternen ist, die mit Schwarzen Löchern gepaart sind. „Wir denken, dass diese Systeme viel verbreiteter sind als bislang angenommen, aber sie sind schwer zu entdecken, weil ihre Schwarzen Löcher auf ’stille‘ Art und Weise durch das abgestoßene Gas des Be-Sterns genährt werden, ohne viel Strahlung zu produzieren“, unterstreicht Casares. Experten hoffen, weitere vergleichbare Systeme in der Milchstraßen-Galaxie und anderen nahen Galaxien zu finden, indem sie größere Teleskope verwenden, beispielsweise das Gran Telescopio Canarias (GTC).

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Video-Link: https://youtu.be/9MhBj0UaVQk

Computeranimation des Doppelsystems mit dem Schwarzen Loch und dem Be-Stern. (Animation: Gabriel Pérez – SMM (IAC))

Neben Jorge Casares, Ignacio Negueruela, Marc Ribó und Ignasi Ribas waren auch Josep M. Paredes (Institute for Scinces of the Cosmos of the University of Barcelona (ICC/IECC-UB)), sowie Artemio Herrero und Sergio Simón (IAC und ULL) an der Studie beteiligt. Die Forscher des ICCUB und des ICE sind auch Mitglieder des Institute for Space Studies of Catalonia (IEEC).

Marc Ribó und Josep M. Paredes gehören zur Group High Energy Astrophysics (HEAUB). Ihre Aktivität konzentriert sich auf Gammaquellen in der Milchstraßen-Galaxie. Sie sind Experten für Multi-Wellenlängen-Beobachtungen und theoretische Modellierung. Ihre Forschungsarbeiten wurden in angesehenen Magazinen veröffentlicht. Im Jahr 2000 veröffentlichten sie zum Beispiel einen Artikel in Science, mit dem Paredes, der Leiter der Gruppe, den City of Barcelona Award for scientific research gewann. Beide Forscher sind Mitglieder der internationalen Kollaboration MAGIC und des Projekts Cherenkov Telescope Array (CTA), um ein Instrument der nächsten Generation für die Beobachtung hochenergetischer Gammastrahlen zu konstruieren.

Abhandlung: „A Be-type star with a black-hole companion“ von J. Casares, I. Negueruela, M. Ribó, I. Ribas, J. M. Paredes, A. Herrero, S.Simón-Díaz. Nature, January 2014. DOI: 10.1038/nature12916

Quelle: http://www.ub.edu/web/ub/en/menu_eines/noticies/2014/01/015.html

(THK)

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