Archäologen haben bei Grabungsarbeiten im Süden der ägyptischen Fundstätte Abydos das Grab eines bisher unbekannten Pharaos namens Weseribre Senebkay entdeckt und die ersten materiellen Beweise für eine vergessene Dynastie in Abydos von circa 1650 bis 1600 v. Chr. gefunden. In Zusammenarbeit mit der Obersten Ägyptischen Altertumsbehörde fand das Forschungsteam des Penn Museums von der University of Pennsylvania das Grab von Pharao Senebkay nahe einem größeren Königsgrab, das erst kürzlich einem Pharao namens Sobekhotep (mutmaßlich Sobekhotep I., ca. 1780 v. Chr. ) aus der 13. Dynastie zugeordnet werden konnte.
Der Fund von Pharao Senebkays Grab ist die Krönung der Arbeiten, die im Sommer 2013 begannen, als das Team des Penn Museums unter Leitung des Chefkurators der Ägyptischen Abteilung des Museums, Dr. Josef Wegner, im Süden von Abydos eine riesige, 60 Tonnen schwere königliche Grabkammer entdeckte. Die Grabkammer aus rotem Quarzit, aus den Steinbrüchen von Gebel Ahmar (nahe der heutigen Stadt Kairo) abgebaut und von dort nach Abydos transportiert, konnte auf das späte Mittlere Königreich datiert werden, jedoch blieb ihr Besitzer unbekannt. Rätselhafterweise war der Sarkophag selbst aus dem ursprünglichen Grab entfernt und in einem späteren Grab wiederverwendet worden, jedoch blieb der ursprüngliche königliche Inhaber unbekannt, als die sommerliche Grabungssaison endete.
In den letzten Wochen der Ausgrabung kamen faszinierende Details über eine Reihe von Königsgräbern und eine vergessene Dynastie in Abydos ans Tageslicht. Die Archäologen wissen inzwischen, dass die riesige Grabkammer aus rotem Quarzit zu einem Grab gehört, das ursprünglich für einen Pharao namens Sobekhotep erbaut wurde – vermutlich für Sobekhotep I., den ersten Herrscher der 13. Ägyptischen Dynastie. Fragmente der Begräbnisstele dieses Königs wurden erst vor kurzem vor seinem riesigen, leider geplünderten Grab gefunden.
Eine Gruppe späterer Könige (die ungefähr 150 Jahre später während des Zweiten Zwischenzeit regierten) verwendete Teile von Sobekhoteps Grab erneut, um ihre eigenen Gräber zu bauen und auszustatten. Einer dieser (bisher immer noch unbekannten) Könige hatte die Grabkammer aus Quarzit ausgebaut und wiederverwendet. Das Grab eines weiteren Königs wurde erst letzte Woche entdeckt – es ist das Grab des bis dahin unbekannten Pharaos: Weseribre Senebkay.
Ein verschollener Pharao und eine vergessene Dynastie
Das neuentdeckte Grab von Pharao Senebkay datiert ungefähr ins Jahr 1650 v. Chr. und damit in die Periode der Zweiten Zwischenzeit. Die Identifikation wurde von Dr. Wegner und dem Doktoranden Kevin Cahail von der Abteilung für Nahöstliche Sprachen und Zivilisationen an der University of Pennsylvania durchgeführt. Das Grab von Senebkay besteht aus vier Kammern mit einer dekorierten Begräbniskammer aus Sandstein. Die Begräbniskammer ist bemalt mit Abbildungen der Göttinnen Nut, Nephthys, Selket und Isis, die die Kanopischen Krüge des Pharaos einrahmen. Weitere Schriftzeichen nennen die Söhne des Horus, verzeichnen den Titel des Königs und identifizieren ihn als „König von Ober- und Unterägypten, Weseribre, Sohn des Ra, Senebkay“.
Senebkays Grab wurde leider bereits im Altertum von Grabräubern geplündert, die sowohl die Mumie des Pharaos zerstörten, als auch die echt-vergoldeten Oberflächen an den Grabbeigaben des Königs abrissen. Nichtsdestotrotz entdeckten die Archäologen des Penn Museums die Überreste von König Senebkay zwischen den Trümmern seines zerstörten Sarges, seine Totenmaske und die Truhe für die Kanopen. Eine vorläufige Untersuchung des Skelettes von Pharao Senebkay durch die Doktoranden Paul Verhelst und Matthew Olson (von der Abteilung für Nahöstliche Sprachen und Zivilisationen) weist darauf hin, dass er ein Mann mittlerer Größe (ca. 175 cm) war und mit Mitte bis Ende 40 starb.
Die Entdeckung liefert wichtige neue Hinweise auf die politische und gesellschaftliche Geschichte in der Periode der Zweiten Zwischenzeit Altägyptens. Die Existenz einer eigenständigen „Abydos-Dynastie“ zeitgleich zur 15. (Hyksos) und 16. (Thebanischen) Dynastie wurde erstmals von dem Ägyptologen K. Ryholt im Jahr 1997 vermutet. Die Entdeckung von Pharao Senebkay beweist jetzt diese Abydos-Dynastie und identifiziert die Lage ihrer königlichen Nekropole im Süden von Abydos in einem Gebiet, das in der Antike Anubisberg genannt wurde. Die Könige der Abydos-Dynastie platzierten ihren Friedhof neben den Gräbern von früheren Pharaonen des Mittleren Reiches, darunter Senwosret III. (12. Dynastie, ca. 1880–1840 v. Chr.) und Sobekhotep I. (ca. 1780 v. Chr.).
Es gibt Hinweise auf ungefähr 16 Königsgräber aus dem Zeitraum zwischen 1650 und 1600 v. Chr. Senebkay scheint einer der ersten Könige der Abydos-Dynastie gewesen zu sein. Sein Name stand möglicherweise im berühmten Turiner Königspapyrus (einem Dokument aus Papyrus, das aus den Zeiten von Ramses II. stammt, ca. 1200 v. Chr.) in dem zwei Herrscher mit dem Thronnamen „Weser…re“ genannt werden, die an der Spitze einer Gruppe von mehr als einem Dutzend Könige stehen, deren Namen überwiegend gänzlich verloren sind.
Das Grab von Pharao Senebkay besitzt nur bescheidene Ausmaße. Eine wichtige Entdeckung waren die schwer beschädigten Reste von Senebkays Kanopen-Truhe. Die Truhe wurde aus Zedernholz hergestellt, das aus dem nahegelegenen Grab von Sobekhotep I. wiederverwendet worden war und noch den Namen des früheren Königs trug. Eine solche Wiederverwendung von Gegenständen aus dem benachbarten Grab von Sobekhotep durch Senebkay, wie auch die Grabkammer, die im Sommer gefunden wurde, weist auf die begrenzten Ressourcen und die isolierte wirtschaftliche Situation des Königreichs von Abydos hin, das im südlichen Teil vom Mittelägypten zwischen den größeren Reichen von Theben (16. und 17. Dynastie) und Hyksos (15. Dynastie) in Nordägypten lag. Anders als diese durch Ziffern benannten Dynastien wurden die Pharaonen der Abydos-Dynastie von der Geschichte vergessen und ihre königliche Nekropole blieb unbekannt – bis zu dieser Entdeckung von Senebkays Grab.
„Es ist aufregend, nicht nur das Grab eines bisher unbekannten Pharaos zu finden, sondern sogar die Totenstadt einer ganzen vergessenen Dynastie“, merkt Dr. Wegner an. „Die Fortsetzung der Arbeiten in den Königsgräbern der Abydos-Dynastie verspricht, ein neues Licht auf die politische Geschichte und Gesellschaft einer wichtigen, jedoch kaum bekannten Ära des Alten Ägypten zu werfen.“
Abydos und das Penn Museum
Bereits seit 1967 machen Absolventen des Penn Museums Ausgrabungen in Abydos als Teil der „Pennsylvania-Yale-Institute of Fine Arts/NYU Expedition to Abydos“. Abydos liegt am Westufer des Nils in Oberägypten und gilt als religiöses Zentrum für die Verehrung des Totengottes Osiris. Dr. Josef Wegner macht seit 1994 Ausgrabungen in Abydos. Bei Grabungen im Süden von Abydos wurde ein florierendes Zentrum für Verehrung entdeckt, das sich um das unterirdische Grab von Pharao Senwosret III. herum in dem Gebiet mit Namen Anubisberg entwickelt hat.
Das Penn Museum (eigentlich The University of Pennsylvania Museum of Archaeology and Anthropology) widmet sich dem Studium und dem Verständnis der Menschheitsgeschichte und Vielfalt. Gegründet im Jahr 1887, hat das Museum mehr als 300 archäologische und anthropologische Expeditionen in alle bewohnten Kontinente der Erde entsendet. Mit einem regen Ausstellungsplan und Unterrichtsprogrammen für Kinder und Erwachsene bietet das Museum der Öffentlichkeit eine Gelegenheit, an der fortschreitenden Entdeckung des Gesamterbes der Menschheit teilzuhaben.
Quelle: http://www.penn.museum/press-releases/1032-pharaoh-senebkay-discovery-josef-wegner.html
(SOM)
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