Haben Schwarze Löcher Haare? – Über die theoretische Entstehung nackter Singularitäten

Ein computergeneriertes Bild eines Sternenfeldes (links) und wie es von einem Astronauten in der Nähe eines Schwarzen Lochs in der Bildmitte gesehen werden würde (rechts). Die Gravitation des Schwarzen Lochs erzeugt einige ungewöhnliche sichtbare Verzerrungen. Laut einer neuen Forschungsarbeit ist es prinzipiell möglich, dass Schwarze Löcher ohne Ereignishorizont entstehen, sogenannte nackte Singularitäten. (Robert Nemiroff, MTU)
Ein computergeneriertes Bild eines Sternenfeldes (links) und wie es von einem Astronauten in der Nähe eines Schwarzen Lochs in der Bildmitte gesehen werden würde (rechts). Die Gravitation des Schwarzen Lochs erzeugt einige ungewöhnliche sichtbare Verzerrungen. Laut einer neuen Forschungsarbeit ist es prinzipiell möglich, dass Schwarze Löcher ohne Ereignishorizont entstehen, sogenannte nackte Singularitäten. (Robert Nemiroff, MTU)

In galaktischen Kernen scheinen sich Schwarze Löcher mit einer Masse von Millionen oder sogar Milliarden Sonnenmassen zu befinden. In dramatischen Fällen wie Quasaren macht man sie verantwortlich für die spektakulären Phänomene wie das Abstoßen schmaler Teilchenjets mit fast Lichtgeschwindigkeit. Man nimmt an, dass solche Abströmungen von Materie angetrieben werden, die sich in einer heißen Scheibe um das Schwarze Loch herum ansammelt. Viel kleinere Schwarze Löcher mit einer Masse von ungefähr einer Sonnenmasse entstehen durch den katastrophalen Tod eines Sterns als Folge einer Supernova.

In der traditionellen Theorie wird ein Schwarzes Loch dadurch charakterisiert, dass es „keine Haare“ besitzt. Das bedeutet, es ist so einfach strukturiert, dass es mit nur drei Parametern vollständig beschrieben werden kann: seiner Masse, seiner Rotation (Drehimpuls) und seiner elektrischen Ladung. Obwohl es aus einer komplexen Mischung von Materie und Energie entstanden sein mag, gehen all die spezifischen Einzelheiten verloren, wenn es in einen einzigen Punkt kollabiert. Im Standardparadigma ist das Schwarze Loch von einem „Horizont“ umgeben und wenn Materie oder Licht (Energie) diesen Horizont erst einmal überschritten hat, kann sie/es nicht mehr entkommen. Deshalb erscheint die Singularität schwarz. Außerhalb dieses Horizonts kann eine Akkretionsscheibe (falls vorhanden) ungehindert Strahlung abgeben.

Dieses Bild mag verlockend sein, aber es gibt bislang keinen direkten Beweis dafür, dass irgendein vermuteter Kandidat für einen galaktischen Kern zwingend ein Schwarzes Loch sein muss und einen Horizont besitzt. Die Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie, die den Kollaps von Materie beschreiben, erlauben andere Lösungen und fordern nicht in jedem Fall, dass das Endstadium ein Schwarzes Loch sein muss. Wenn Materie beispielsweise sehr langsam kondensiert, anstatt schnell in einer Supernova, dann besagt die Theorie, dass das punktartige Endstadium keinen Ereignishorizont besitzt. So ein Objekt wird als „nackte Singularität“ bezeichnet. „Singulatität“ deshalb, weil ein es wie ein Schwarzes Loch punktartige Dimensionen hat, aber „nackt“ weil es keinen Ereignishorizont besitzt und Licht aus seinem Einflussbereich entkommen kann – es ist nicht schwarz.

Der Astronom Ramesh Narayan vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (Cf) und zwei Kollegen haben eine – zumindest theoretische – Möglichkeit abgeleitet, wie ein solcher langsamer Kollaps eine nackte Singularität bilden kann. Dann erforschten die Wissenschaftler Möglichkeiten, durch die es möglich sein könnte, die nackte Singularität von einem Schwarzen Loch zu unterscheiden. Dazu verwendeten sie die Art der Strahlung, die aus einer Scheibe um das Objekt herum emittiert wird. Die Ergebnisse sind nicht nur ein Spaß zum Nachgrübeln, sondern helfen Astronomen auch, diese bizarren Objekte zu untersuchen, die vielleicht schon am Anfang entstanden sind.

Abhandlung: „Distinguishing Black Holes from Naked Singularities Through Their Accretion Disc Properties“ von Pankaj S. Joshi, Daniele Malafarina und Ramesh Narayan

Quelle: http://www.cfa.harvard.edu/news/su201407

(THK)

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