„Tödliche“ Sterne im Orionnebel zerstören Planeten vor deren Entstehung

Diese künstlerische Illustration zeigt zwei protoplanetare Scheiben in der Nähe eines massereichen Sterns des O-Typs. Die nähere protoplanetare Scheibe wird ihrer Staub- und Gasvorkommen beraubt, die durch die Strahlung des massereichen Sterns weggeblasen werden. Die weiter entfernte Scheibe kann ihr Potenzial zur Bildung von Planeten behalten. (NRAO / AUI / NSF; B. Saxton)
Diese künstlerische Illustration zeigt zwei protoplanetare Scheiben in der Nähe eines massereichen Sterns des O-Typs. Die nähere protoplanetare Scheibe wird ihrer Staub- und Gasvorkommen beraubt, die durch die Strahlung des massereichen Sterns weggeblasen werden. Die weiter entfernte Scheibe kann ihr Potenzial zur Bildung von Planeten behalten. (NRAO / AUI / NSF; B. Saxton)

Der Orionnebel ist die Heimat von hunderten jungen Sternen und sogar noch jüngeren Protosternen mit protoplanetaren Scheiben. Viele dieser entstehenden Systeme werden Planeten entwickeln. Bei anderen Systemen werden der planetenbildende Staub und das Gas jedoch von der harten, ultravioletten Strahlung weggeblasen, welche von massereichen Sternen des O-Typs emittiert wird, die in der Nähe lauern.

Ein Astronomenteam aus Kanada und den Vereinigten Staaten hat das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) verwendet, um die oft tödliche Beziehung zwischen leuchtkräftigen O-Typ-Sternen und nahen Protosternen im Orionnebel zu untersuchen. Die Daten der Forscher offenbaren, dass Protosterne innerhalb von 0,1 Lichtjahren (ca. 965 Milliarden Kilometer) Entfernung zu einem O-Typ-Stern binnen weniger Millionen Jahre ihrer Kokons aus Gas und Staub beraubt werden. Das ist viel schneller, als sich Planeten bilden können.

„O-Typ-Sterne sind wirkliche Monster im Vergleich zu unserer Sonne und emittieren immense Mengen ultravioletter Strahlung, was katastrophale Auswirkungen auf die Entwicklung junger Planetensysteme haben kann“, sagte Rita Mann, eine Astronomin des National Research Council of Canada in Victoria. Sie ist die leitende Autorin einer Studie im Astrophysical Journal. „Mit ALMA schauten wir dutzende junger Sterne an, die das Potenzial zur Planetenbildung haben, und wir fanden erstmals deutliche Hinweise dafür, wo protoplanetare Scheiben durch die intensive Strahlung eines benachbarten, massereichen Sterns einfach verschwanden.“

Viele, wenn nicht alle sonnenähnlichen Sterne werden in dicht bevölkerten stellaren Kinderstuben wie dem Orionnebel geboren. Im Verlauf von nur ein paar Millionen Jahren fügen sich Staubkörnchen und Gasvorkommen zu größeren, dichteren Körpern zusammen. Bleiben sie relativ ungestört, werden sich diese Systeme schließlich in voll ausgebildete Sternsysteme mit großen und kleinen Planeten entwickeln und sich letztendlich wegbewegen, um ein Teil der galaktischen Sternpopulation zu werden.

Astronomen denken, dass massereiche und kurzlebige Sterne in interstellaren Wolken und deren Umgebung entscheidend für diesen anhaltenden Prozess der Sternentstehung sind. Am Ende ihres Lebens explodieren massereiche Sterne als Supernova und schleudern Staub und schwere Elemente in die umgebende Region. Der Staub und die schweren Elemente werden in der nachfolgenden Sterngeneration wiederverwertet. Die Supernova-Explosionen liefern auch den Anstoß für eine neue Runde der Stern- und Planetenentstehung. Aber während sie so hell leuchten, können diese größeren Sterne geradezu tödlich für Planeten sein, wenn sich ein junges System in zu geringer Entfernung befindet.

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Video-Link: https://youtu.be/B__7V50J7Jw

Die Video-Animation zeigt die Bildung protoplanetarer Scheiben und die Auswirkungen der ultravioletten Strahlung von massereichen Sternen. (Narration: Dr. Rita K. Mann; Video and Images Courtesy of Brian Kent, NRAO / AUI / NSF; Model from Brian Abbot (AMNH / Hayden); Data from Hillenbrand, L., 1997, AJ, 113, 1733; Bill Saxton, NRAO / AUI / NSF; NASA / ESA, M. Robberto (Space Telescope Science Institute / ESA) and the Hubble Space Telscope Orion Treasury Project Team; NASA / ESA Hubble Space Telescope Bally et al.; Smith et al.; NASA, C.R. O’Dell and S.K. Wong (Rice University))

„Massereiche Sterne sind heiß und mehrere hundert Mal leuchtkräftiger als unsere Sonne“, sagte James Di Francesco, der ebenfalls für den National Research Council of Canada tätig ist. „Ihre energiereichen Photonen können eine nahe protoplanetare Scheibe schnell erodieren, indem sie deren Gas aufheizen, es aufspalten und wegblasen.“

Frühere Beobachtungen mit dem Hubble Space Telescope enthüllten erstaunliche Bilder von protoplanetaren Scheiben im Orion. Viele hatten die Form einer Träne, wobei ihr Staub und Gas von einem nahen, massereichen Stern weggeblasen wurde. Diese optischen Bilder konnten allerdings nichts über die dort vorhandene Staubmenge aussagen, oder darüber, wie sich die Staub- und Gaskonzentrationen in Bezug zu massereichen Sternen veränderten.

Die neuen ALMA-Beobachtungen registrierten diese und andere, nie zuvor gesehene protoplanetare Scheiben und verdoppelten die Anzahl der in dieser Region entdeckten protoplanetaren Scheiben. ALMA konnte auch hinter ihre oberflächlichen Erscheinungsbildern sehen und tief in sie hineinblicken, um zu messen, wie viel Masse in ihnen vorhanden ist.

Durch Kombination dieser Untersuchungen mit vorherigen Beobachtungen des Submillimeter Array (SMA) auf Hawaii stellten die Wissenschaftler fest, dass jeder Protostern innerhalb der Extrem-UV-Hülle eines massereichen Sterns in sehr kurzer Zeit einen Großteil der Materie seiner Scheibe verlieren würde. Protoplanetare Scheiben in derart geringen Entfernungen behielten nur einen Bruchteil (die Hälfte oder weniger) der Masse, die zur Bildung eines Planeten mit Jupitergröße erforderlich ist. Jenseits des 0,1 Lichtjahre großen Radius, in der von fernem UV dominierten Region, beobachteten die Forscher einen umfassenden Massenbereich der Scheiben; die Massen liegen zwischen einer und 80 Jupitermassen. Das ist vergleichbar mit der Staubmenge, die in massearmen Sternentstehungsregionen registriert wird.

„Zusammengenommen sprechen unsere Untersuchungen mit ALMA dafür, dass Extrem-UV-Regionen nicht nur unbewohnbar sind, sondern dass sie auch geradezu bedrohlich für die Planetenentstehung sind. Bei ausreichend großer Entfernung ist es jedoch möglich, eine viel günstigere Umgebung zu finden“, sagte Mann. „Diese Arbeit ist wirklich die Spitze des Eisbergs dessen, was ALMA leisten wird. Wir hoffen zu erfahren, wie häufig Sonnensysteme wie unser eigenes sind.“

Andere Wissenschaftler, die an diesem Projekt beteiligt waren, sind Doug Johnstone (National Research Council of Canada), Sean M. Andrews (Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics), Jonathan P. Williams (University of Hawaii), John Bally (University of Colorado), Luca Ricci (California Institute of Technology), A. Meredith Hughes (Wesleyan University) und Brenda C. Matthews (National Research Council of Canada).

ALMA, eine internationale Astronomie-Einrichtung, ist eine Partnerschaft von Europa, Nordamerika und Ostasien in Kooperation mit der Republik Chile. Die Konstruktion und Operationen ALMAs werden seitens Europa von der ESO geleitet, seitens Nordamerika vom National Radio Astronomy Observatory (NRAO) und seitens Ostasien vom National Astronomical Observatory of Japan (NAOJ). Das Joint ALMA Observatory (JAO) übernimmt die gemeinsame Leitung der Konstruktion, Inbetriebnahme und Operationen ALMAs.

Quelle: https://public.nrao.edu/news/pressreleases/death-stars-in-orion

(THK)

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