Es ist ein großes Rätsel, wie in der giftigen und unbewohnbaren Umgebung auf unserem Planeten vor Milliarden Jahren das Leben entstand. Forscher haben die Umweltbedingungen einer jungen Erde in Teströhren simuliert und sogar einige der Grundbestandteile des Lebens hergestellt. Aber wie sich diese Bestandteile zu lebenden Zellen zusammenfügten, und wie Leben erstmals Energie erzeugen konnte, bleibt unbekannt. Eine neue Studie unter Leitung von Laurie Barge vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena (Kalifornien) demonstriert eine einzigartige Möglichkeit, um die Ursprünge des Lebens zu erforschen: Brennstoffzellen.
Brennstoffzellen gibt es in speziellen Autos, Flugzeugen und in bemannten NASA-Raumfahrzeugen wie dem außer Dienst gestellten Space Shuttle. Die Zellen sind mit Batterien vergleichbar, was die Erzeugung von Elektrizität und Energie betrifft, aber sie benötigen einen Brennstoff, zum Beispiel Wasserstoffgas. In der neuen Studie werden die Brennstoffzellen nicht für die Erzeugung von Energie genutzt, sondern für das Testen chemischer Reaktionen, von denen man annimmt, dass sie zur Entstehung des Lebens führten.
„Etwas auf der Erde führte zu Leben und wir denken, ein wichtiger Faktor dafür war, dass der Planet elektrische Energie auf dem Meeresboden bereitstellt“, sagte Barge. „Diese Energie könnte das Leben angekurbelt und es unterstützt haben, nachdem es entstand. Jetzt haben wir eine Möglichkeit, verschiedene Materialien und Umgebungen zu testen, die dem Leben nicht nur auf der Erde geholfen haben könnten, sondern möglicherweise auch auf dem Mars, dem Jupitermond Europa und an anderen Orten im Sonnensystem.“ Barge ist ein Mitglied des Icy-Worlds-Teams am NASA Astrobiology Institute, das seinen Sitz am Ames Research Center in Moffett Field (Kalifornien) hat. Die Abhandlung des Teams erschien am 13. März 2014 online im Journal Astrobiology.
Eine der Grundfunktionen von Leben (wie wir es kennen) ist die Fähigkeit, Energie zu speichern und zu nutzen. In Zellen ist dies eine Form von Stoffwechsel und umfasst den Transfer von Elektronen von einem Molekül zu einem anderen. Der Prozess ist in unseren eigenen Körpern am Werk und gibt uns Energie. Brennstoffzellen ähneln biologischen Zellen dahingehend, dass auch hier Elektronen von und zu Molekülen transferiert werden. In beiden Fällen resultiert das in der Erzeugung von Elektrizität und Energie. Damit eine Brennstoffzelle arbeiten kann, benötigt sie einen Brennstoff wie Wasserstoffgas, sowie Elektroden und Katalysatoren, die den Elektronentransfer unterstützen. Die Elektronen werden von einem Elektronenspender (beispielsweise Wasserstoff) zu einem Elektronennehmer (wie etwa Sauerstoff) transportiert, was einen elektrischen Strom zur Folge hat. In unseren Zellen transferieren metallhaltige Enzyme – unsere biologischen Katalysatoren – die Elektronen und erzeugen Energie zum Leben.
In den Experimenten des Teams bestehen die Elektroden und Katalysatoren der Brennstoffzellen aus primitivem, geologischen Material, von dem man annimmt, dass es auf der frühen Erde existierte. Falls dieses Material bei dem Transfer von Elektronen helfen kann, werden die Forscher einen elektrischen Strom registrieren. Durch das Testen verschiedener Materialtypen erlauben diese Experimente mit den Brennstoffzellen den Wissenschaftlern, die chemischen Prozesse einzugrenzen, die bei der ersten Entstehung des Lebens auf der Erde abgelaufen sein könnten.
„Was wir hier durchführen, ist die Simulation energetischer Prozesse, welche die Lücke zwischen den geologischen Prozessen auf der frühen Erde und dem Auftauchen des biologischen Lebens auf diesem Planeten schließen könnten“, sagte Terry Kee von der University of Leeds in England. Kee ist einer der Co-Autoren der Abhandlung. „Wir gehen in der Zeit zurück, um bestimmte Minerale zu testen (zum Beispiel jene, die Eisen und Nickel enthalten), welche auf der frühen Erde häufig vorkamen und zu biologischem Stoffwechsel geführt haben könnten“, sagte Barge.
Die Forscher testeten auch Material von kleinen, im Labor gewachsenen „Schloten“, welche die riesigen Strukturen simulieren, die aus den hydrothermalen Schloten auf dem Meeresboden wachsen. Diese „chemischen Gärten“ sind potenzielle Orte für chemische Reaktionen vor der Entstehung des Lebens. Als das Team Material von den im Labor gewachsenen Schloten in den Brennstoffzellen verwendete, wurden elektrische Ströme registriert. Barge sagte, dies sei ein vorläufiger Test, der zeige, dass die hydrothermalen Schlote auf der frühen Erde Elektronen transferieren konnten und dadurch einige der ersten energetischen Reaktionen ausgelöst haben könnten, die zu Stoffwechsel führten.
Die Experimente zeigten auch, dass die Brennstoffzellen genutzt werden können, um andere Materialien von unserer urzeitlichen Erde zu testen. Und falls Leben auf anderen Planeten entstand, können auch jene Bedingungen getestet werden. „Wir können einfach einen Ozean und Materialien einbringen, die auf dem frühen Mars existiert haben könnten“, sagte Barge. „Weil Brennstoffzellen modular aufgebaut sind, was bedeutet, dass man Teile leicht durch andere Teile ersetzen kann, können wir diese Techniken verwenden, um das Potenzial jedes Planeten für die Entstehung von Leben zu untersuchen.“
Am Jet Propulsion Laboratory werden Brennstoffzellen nicht nur für die Erforschung des Lebens genutzt, sondern sie werden auch für Langzeitaufenthalte von Menschen im Weltraum entwickelt. Wasserstoffzellen können Wasser erzeugen, das wiederverwertet und erneut als Brennstoff verwendet werden kann. Forscher experimentieren mit diesen modernen regenerativen Brennstoffzellen, die hocheffizient sind und lang andauernde Energie liefern. Thomas I. Valdez, der regenerative Brennstoffzellen am Jet Propulsion Laboratory entwickelt, sagte: „Ich denke, es ist großartig, dass wir Techniken, die für die Untersuchung von Reaktionen in Brennstoffzellen genutzt werden, auf Gebiete wie die Astrobiologie übertragen können.“
Andere Autoren der Abhandlung sind: Ivria J. Doloboff, Chung-Kuang Lin, Richard D. Kidd und Isik Kanik (Icy-Worlds-Team), Joshua M. P. Hampton (University of Leeds School of Chemistry), Mohammed Ismail und Mohamed Pourkashanian (University of Leeds Centre for Fluid Dynamics), John Zeytounian (University of Southern California, Los Angeles), sowie Marc M. Baum und John A. Moss (Oak Crest Institute of Science, Pasadena). Das JPL wird vom California Institute of Technology in Pasadena für die NASA betrieben.
Quelle: http://www.jpl.nasa.gov/news/news.php?release=2014-079
(THK)
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