Astronomen entdecken das erste Thorne-Zytkow-Objekt

Der Rote Überriese Beteigeuze im Sternbild Orion, aufgenommen vom Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile. Bei Thorne-Zytkow-Objekten befindet sich im Kern eines solchen Sterns ein zuvor verschluckter Neutronenstern. (ESO and P. Kervella)
Der Rote Überriese Beteigeuze im Sternbild Orion, aufgenommen vom Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile. Bei Thorne-Zytkow-Objekten befindet sich im Kern eines solchen Sterns ein zuvor verschluckter Neutronenstern. (ESO and P. Kervella)

Im Rahmen einer Entdeckung, die sich seit Jahrzehnten abzeichnete, haben Forscher das erste Exemplar einer theoretischen Sternklasse gefunden, die erstmals im Jahr 1975 von dem Physiker Kip Thorne und der Astronomin Anna Zytkow erdacht wurde. Sogenannte Thorne-Zytkow-Objekte (TZOs) sind Hybride aus Roten Überriesen und Neutronensternen, die oberflächlich betrachtet normalen Roten Überriesen wie etwa Beteigeuze im Sternbild Orion ähneln. Sie unterscheiden sich allerdings durch ihre einzigartigen chemischen Signaturen, die aus der Aktivität in ihren stellaren Kernbereichen hervorgehen.

Man nimmt an, dass Thorne-Zytkow-Objekte durch die Wechselwirkung zweier massereicher Sterne in einem engen Doppelsternsystem entstehen: einem Roten Überriesen und einem Neutronenstern, der sich durch eine Supernova-Explosion bildete. Obwohl der genaue Mechanismus unklar ist, besagt die gängigste Theorie, dass der viel massereichere Rote Überriese den Neutronenstern bei der Interaktion verschluckt. Der Neutronenstern spiralt anschließend in den Kern des Roten Überriesen.

Während normale Rote Überriesen ihre Energie aus der Kernfusion in ihren Kernen gewinnen, werden Thorne-Zytkow-Objekte durch die ungewöhnliche Aktivität des absorbierten Neutronensterns in ihren Kernen angetrieben. Die Entdeckung dieses Thorne-Zytkow-Objekts liefert daher Belege für ein Modell des stellaren Aufbaus, das von Astronomen bislang nicht beobachtet wurde.

Die Projektleiterin Emily Levesque von der University of Colorado in Boulder bekam in diesem Jahr den Annie Jump Cannon Award der American Astronomical Society verliehen und sagte: „Diese Objekte zu untersuchen, ist aufregend, weil sie ein völlig neues Modell repräsentieren, wie die Abläufe im Innern von Sternen funktionieren können. In diesen Kernbereichen haben wir außerdem eine neue Möglichkeit zur Produktion von schweren Elementen in unserem Universum. Sie haben davon gehört, dass alles aus ‚Sternenmaterial‘ besteht. Innerhalb dieser Sterne könnten wir jetzt eine neue Möglichkeit haben, um einiges davon zu produzieren.“

An der Studie, die zur Veröffentlichung in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society Letters freigegeben wurde, wirkten Phillip Massey (Lowell Observatory in Flagstaff, Arizona), Anna Zytkow (University of Cambridge, Vereinigtes Königreich) und Nidia Morrell (Carnegie Observatories in La Serena, Chile) als Co-Autoren mit.

Die Astronomen machten ihre Entdeckung mit dem 6,5-Meter Magellan Clay Teleskop des Las Campanas Observatory in Chile. Sie untersuchten die Lichtspektren, die von scheinbaren Roten Überriesen emittiert wurden, was ihnen verriet, welche Elemente dort vorhanden sind. Als das Spektrum eines bestimmten Sterns – HV 2112 in der Kleinen Magellanschen Wolke – zum ersten Mal angezeigt wurde, waren die Beobachter von einigen ungewöhnlichen Merkmalen recht überrascht. „Ich weiß nicht, was das ist, aber ich weiß, dass ich es mag“, erklärte Morrell.

Als Levesque und ihre Kollegen einen genauen Blick auf die feinen Linien in dem Spektrum warfen, stellten sie fest, dass ein Übermaß an Rubidium, Lithium und Molybdän präsent war. Vorherige Forschungen hatten zwar gezeigt, dass normale stellare Prozesse jedes dieser Elemente produzieren konnten. Aber hohe Konzentrationen aller drei Elemente bei den für Rote Überriesen typischen Temperaturen sind eine eindeutige Signatur für Thorne-Zytkow-Objekte.

„ich bin extrem froh, dass Beobachtungsbelege für unsere theoretische Vorhersage sich herauszukristallisieren beginnen“, sagte Zytkow. „Seit Kip Thorne und ich unsere Modelle von Sternen mit Neutronensternkernen aufgestellt hatten, war man nicht in der Lage, unsere Arbeit zu widerlegen. Wenn die Theorie solide ist, gibt es früher oder später die experimentelle Bestätigung. So war es eine Frage der Identifizierung einer vielversprechenden Sterngruppe, der Beobachtungszeit mit dem Teleskop und dem Fortschreiten mit dem Projekt.“

Das Team weist mit Sorgfalt darauf hin, dass HV 2112 einige chemische Eigenschaften aufweist, die nicht recht zu den theoretischen Modellen passen. „Natürlich könnten wir uns irren. Es gibt ein paar kleine Unstimmigkeiten zwischen einigen von uns beobachteten Einzelheiten und dem, was die Theorie vorhersagt. Aber die theoretischen Vorhersagen sind ziemlich alt und es gab seitdem viele Verbesserungen an der Theorie. Hoffentlich wird unsere Entdeckung weitere Arbeiten auf der theoretischen Seite nach sich ziehen“, betonte Massey.

Diese Forschungsarbeit wurde teilweise von der NASA und der National Science Foundation unterstützt. Die Abhandlung kann unter http://arxiv.org/abs/1406.0001 eingesehen werden.

Quelle: http://www.colorado.edu/news/releases/2014/06/04/astronomers-discover-first-thorne-%C5%BCytkow-object-bizarre-type-hybrid-star

(THK)

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