Die Venus verbirgt etwas unter ihren hellen Wolken: Ein bedeutendes Rätsel über den Planeten, dessen Lösung Forscher ein wenig näher gekommen sein könnten. Die Wissenschaftler verwendeten dafür eine erneute Analyse von 20 Jahre alten Beobachtungsdaten einer Raumsonde.
Aus der Umlaufbahn kann die Venusoberfläche nicht in sichtbarem Licht beobachtet werden, weil die heiße, dichte, wolkenreiche Atmosphäre des Planeten sie verbirgt. Stattdessen haben Raumsonden Radartechnologie benutzt, um die Wolken zu durchdringen und die Oberfläche zu kartieren. Dabei wurden zum einen die von der Oberfläche reflektierten Radarwellen herangezogen, um die Höhe zu messen, und zum anderen schaute man sich die Radioemissionen der heißen Oberfläche an. Die letzte Raumsonde, welche die Venus auf diese Weise untersuchte, war Magellan vor zwei Jahrzehnten. Eine der venusianischen Überraschungen, die zu der Zeit entdeckt wurden, war die Tatsache, dass Radiowellen in verschiedenen Höhen auf der Venus unterschiedlich stark reflektiert werden. Außerdem wurde eine Handvoll radiodunkler Gebiete in den höchsten Höhenlagen beobachtet. Beide Rätsel haben sich bisher der Erklärung entzogen.
„In den Hochländern gibt es einen allgemeinen Trend zur Aufhellung und dann gibt es dunkle Gebiete an den höchsten Stellen“, erklärte Elise Harrington, eine Studentin der Geowissenschaften an der Simon Fraser University in British Columbia. Sie analysierte die Venusdaten erneut im Rahmen ihres Praktikums am Lunar and Planetary Institute, wobei sie von Allan Treiman betreut wurde. In diesem Fall bedeutet die Aufhellung, dass die Radiowellen gut reflektiert werden. Dunkle Gebiete verraten, dass die Radiowellen nicht reflektiert werden. Mit anderen Worten: Je höher man sich auf der Venus befindet, desto stärker wird die Radioreflektivität der Oberfläche, bis sie plötzlich radioschwarz wird.
„Die Temperatur verändert sich mit der Höhe – wie auf der Erde“, sagte Harrington. Die kühleren Temperaturen in größerer Höhe führen auf der Erde zu Eis und Schnee, was ein ähnliches Helligkeitsmuster erzeugt, allerdings in sichtbarem Licht. „Zu den Möglichkeiten auf der Venus gehören ein temperaturabhängiger, chemischer Verwitterungsprozess oder Schwermetallsubstanzen, die aus der Atmosphäre niederschlagen – ein Schwermetallfrost.“ Diesen Rätseln auf den Grund gehen, war sehr schwer, weil die Venus seit Magellan nicht mehr besucht wurde und daher keine besseren Daten verfügbar sind.
Harrington und Trieman wandten sich deswegen nochmals den alten Daten zu. Sie verwendeten neue Stereoradar-Höhendaten (von Dr. R. Herrick, University of Alaska), statt die geringer aufgelösten Radardaten. Das verbesserte die Höhenauflösung von 8*12 Kilometer auf nur 600*600 Meter. Sie nutzen auch Magellans Synthetic Aperture Radar (SAR) mit seiner Auflösung von 75*75 Metern, um die Radioreflektivität zu untersuchen, anstelle der Daten über die Radioemissionen von der Oberfläche, die nur eine grobe Auflösung von 15*23 Kilometern hatten.
Dies wandten sie auf zwei Gebiete in der Hochlandregion Ovda Regio auf der Venus an und bestätigten dasselbe Muster der Radaraufhellung mit zunehmender Höhe, wie es in früheren Studien gefunden wurde. Die Radarreflektivität war in 2.400 Metern Höhe niedrig und stieg dann mit zunehmender Höhe bis 4.500 Meter rapide an. Aber sie fanden auch viele weitere dieser seltsamen schwarzen Gebiete mit einem deutlichen Abfall der Reflektivität in 4.700 Metern Höhe. „Die früheren Autoren sahen ein paar dunkle Flecken“, sagte Harrington. „Aber wir sehen Hunderte davon.“
Vor Jahren hatte man vermutet, dass eine Art ferro-elektrische Substanz die Ursache für die Aufhellung und die dunklen Gebiete sein könnte, aber bislang wurde keine bestimmte Substanz identifiziert, die dazu imstande wäre. Mit einer Oberflächentemperatur von fast 500 Grad Celsius und mehr als dem 90-fachen irdischen Luftdruck auf Meereshöhe und mit gelegentlichem Säureregen ist es nicht leicht, die Materialeigenschaften unter Venus-Bedingungen zu testen.
„Niemand weiß, was die plötzliche Dunkelheit erklärt“, sagte Harrington, die die Forschungsarbeit am 20. Oktober 2014 auf dem Treffen der Geological Society of America in Vancouver (British Columbia) präsentierte. „Wir denken, dass es möglicherweise mehr Interesse an der Venus weckt.“
Quelle: http://www.geosociety.org/news/pr/2014/14-75.htm
(THK)
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