Archäologen werfen Licht auf den Obelisken von Philae

Inschriften auf dem Obelisken von Philae - links die Normalansicht, rechts die Ansicht mit der RTI-Technik. (University of Oxford)
Inschriften auf dem Obelisken von Philae - links die Normalansicht, rechts die Ansicht mit der RTI-Technik. (University of Oxford)

Diesen Monat wurde Geschichte geschrieben, als der Philae-Lander die erste kontrollierte Landung auf einem Kometen durchführte. Das Projekt unter Leitung der European Space Agency (ESA) wurde entwickelt, um Bilder von der Oberfläche eines Kometen zu erhalten und Wissenschaftlern dabei zu helfen, die Zusammensetzung eines Kometen zu verstehen.

Die Landeeinheit Philae und die Raumsonde Rosetta, die sie transportiere, wurden nach zwei Objekten benannt, die entscheidend für die Entschlüsselung der ägyptischen Hieroglyphen waren: der Rosetta-Stein und der Obelisk von Philae. Hier auf der Erde nutzt ein Team des Centre for the Study of Ancient Documents der University of Oxford ein leistungsfähiges digitales Bildgebungssystem namens Reflectance Transformation Imaging (RTI), um die Inschriften auf dem Obelisken genauer zu untersuchen als jemals zuvor.

„Das Centre ist der Ausgangsort einer aufregenden, neuen Studie über ptolemäische Inschriften (ein hellenisches Königreich, das im 4.-1. Jahrhundert vor Christus in Ägypten existierte), und der Philae-Obelisk und der Rosetta-Stein sind die Juwelen in der Krone dieses Werks“, sagte Dr. Jane Masséglia vom Centre for the Study of Ancient Documents (CSAD). Beide enthalten Inschriften in ägyptischen Hieroglyphen und Altgriechisch, aber während die Inschriften auf dem Rosetta-Stein direkte Übersetzungen voneinander sind, unterscheiden sich die Inschriften auf dem Obelisken.

„Sowohl die altgriechischen als auch die ägyptischen Inschriften auf dem Obelisken erwähnen die Namen ‚Ptolemäus‘ und ‚Kleopatra‘, was den Gelehrten im 19. Jahrhundert half, ihr Wissen über die griechische Antike für die Übersetzung einiger ägyptischer Hieroglyphen zu nutzen“, ergänzte Masséglia. Der Obelisk ist einer von zweien, die 1815 in Philae in Oberägypten gefunden wurden. Er wurde von William John Bankes erworben, der ihn auf sein Anwesen Kingston Lacy in Dorset brachte. Das Anwesen ist jetzt im Besitz des National Trust.

„Nachdem er 200 Jahre lang dem englischen Wetter in Dorset ausgesetzt war und wegen des natürlicherweise gesprenkelten pinkfarbenen und schwarzen Granits, ist es für das menschliche Auge schwierig, die ganzen Inschriften zu lesen“, sagte Masséglia. „Mit der RTI-Methode konnten wir den Obelisken auf eine Weise abbilden, so dass die Farbe entfernt werden kann. Die Methode erzeugt eine Computerrekonstruktion der Objektoberfläche, basierend auf Lichtreflexionen. Damit waren wir in der Lage, klarere Bilder von den Inschriften zu erhalten als jemals zuvor.“

Das Team aus Oxford analysiert zurzeit die Bilder des Obelisken, aber die Forscher haben bereits etwas über die Inschriften herausgefunden. „Wir haben eine Zeichnung des Obelisken aus dem frühen 19. Jahrhundert, kurz bevor bekanntgegeben wurde, dass die Hieroglyphen entschlüsselt wurden“, sagte Masséglia. „Mit den hochqualitativen RTI-Bildern können wir jetzt sagen, dass wer auch immer die Zeichnung angefertigt hat, sehr genau wusste, was er tat. Sie ist eine sehr gute Aufzeichnung für jene Zeit und könnte sogar das Originaldokument sein, das von Bankes an Champollion geschickt wurde. Champollion war der Mann, dem man die finale Entschlüsselung der Hieroglyphen zuschreibt.

„Unser nächstes Projekt ist es, die Analyse der altgriechischen Inschrift auf der Basis zu komplettieren, die nie vollständig lesbar war – nicht einmal als Bankes sie das erste Mal in Philae sah. Wir können sehen, dass sie eine Petition der Priester von Philae an Ptolemaios VIII. enthält, in der sie um die Befreiung von der Steuer bitten. Aber weite Teile des Textes sind stark verwittert, und RTI ist die Technologie, die uns bei der Vervollständigung des Bildes helfen wird. Es ist sehr aufregend“, sagte Masséglia.

Das CSAD trägt mehrere Forschungsprojekte, die RTI verwenden, um wichtige Gebiete antiker Wissenschaft zu untersuchen. Die Projekte umfassen die Analyse römischer Briefe aus Vindolanda am Hadrianswall, antike Fluchtafeln aus Gloucestershire und eine neue Studie über die lateinischen Inschriften im Ashmolean Museum.

„Die Technologie ist so spannend, weil wir sie auf so viele verschiedene antike Artefakte anwenden können, die vom menschlichen Auge nicht ganz erfasst werden können“, erklärte Masséglia. „Unser RTI-Experte Ben Altshuler arbeitet auch mit Kollegen des Beazley-Archivs zusammen, um mikroskopische Markierungen auf antiken Juwelen und sogar griechischen Vasen zu untersuchen.“

„Die Technik ist so gut, sie kann sogar zeigen, welche Linie über welche Linie gezeichnet wurde, und sie erkennt die Markierungen von Vorbereitungszeichnungen unter den tatsächlichen. Man kann sich vorstellen, welchen Unterschied dies für die archäologischen Erfahrungen einer Person machen könnte. Ob am Museum oder zuhause, sie könnten die RTI-Software nutzen, um ein Objekt in genaueren Einzelheiten zu erforschen und mehr zu sehen, als sie mit dem bloßen Auge je erkennen würden.“

Quelle: http://www.ox.ac.uk/news/2014-11-24-forget-comet-lander-%E2%80%93-oxford-team-shed-light-philae-obelisk

(THK)

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