„Zweigesichtiger“ Fisch gibt Einblicke in unsere frühen Vorfahren

Der versteinerte Schädel des urzeitlichen Fisches Janusiscus. (Oxford University)
Der versteinerte Schädel des urzeitlichen Fisches Janusiscus. (Oxford University)

Die Untersuchung eines 415 Millionen Jahre alten Fischschädels spricht sehr dafür, dass der letzte gemeinsame Vorfahre aller kiefertragenden Wirbeltiere (auch Menschen) nicht sehr haiähnlich war. Sie verleiht der Theorie mehr Gewicht, laut der Haie nicht „primitiv“ sind.

Aufgrund der äußeren Merkmale des versteinerten Schädels wurde bisher angenommen, dass er zu den Knochenfischen (Osteichthyes) gehört, einer Gruppe, zu der bekannte Fische wie der Kabeljau oder der Thunfisch zählen, aber [im weiteren Sinne] auch landbewohnende Lebewesen mit Rückgrat. Als Wissenschaftler der Oxford University und des Imperial College London jedoch computertomografische Röntgenscans nutzen, um in den Schädel hineinzublicken, stellten sie fest, dass die das Gehirn umgebende Struktur an Knorpelfische (Chondrichthyes) wie Haie und Rochen erinnerte. Die „zwei Gesichter“ des Fischfossils führten dazu, dass es die Bezeichnung Janusiscus erhielt – benannt nach dem römischen Gott Janus, der mit zwei Gesichtern dargestellt wird.

„Dieses 415 Millionen Jahre alte Fossil gibt uns einen erstaunlichen Einblick in das ‚Zeitalter der Fische'“, sagte Dr. Matt Friedman vom Department of Earth Sciences der Oxford University, ein Autor der Studie. „Es verrät uns, dass der kiefertragende Wirbeltiervorfahre möglicherweise nicht in unsere existierenden Kategorien passt.“

Knorpelfische wurden oft als primitiv angesehen und als Stellvertreter dessen betrachtet, wie der kiefertragende Wirbeltiervorfahre ausgesehen haben mag. Ein wichtiger Bestandteil dieser Ansicht ist das Fehlen eines Knochenskeletts bei Knorpelfischen.

„Die Ergebnisse unserer Analyse helfen dabei, diese Ansicht auf den Kopf zu stellen: Die frühesten, kiefertragenden Wirbeltiere hätten zumindest den äußeren Merkmalen nach mehr wie Knochenfische ausgesehen, mit großen Dermalplatten auf ihren Köpfen“, sagte Sam Giles vom Department of Earth Sciences der Oxford University, der Erstautor der Studie. „Sie hätten eine Mischung von knorpel- und knochenfischähnlichen Merkmalen gezeigt. Das unterstützt die Theorie, dass sich beide Gruppen später in ihren eigenen Entwicklungsgeschichten unabhängig voneinander spezialisierten.“

Dr. Friedman sagte: „Dieser Mix aus Merkmalen, von denen manche an Knochenfische und andere an Knorpelfische erinnern, deutet darauf hin, dass Menschen möglicherweise genau so viele ‚primitive‘ Merkmale besitzen wie Haie.“

Der fossile Schädel wurde ursprünglich im Jahr 1972 nahe des Sida River in Sibirien gefunden und befindet sich derzeit im Institute of Geology an der Tallinn University of Technology in Estland. Der Studienautor Martin Brazeau vom Imperial College London entdeckte das Exemplar in einem Onlinekatalog und das Team entschied, dass es eine detailliertere Untersuchung mit modernen Methoden wert wäre.

Das Team verwendete dann Computertomografie, um das Fossil „virtuell“ zu durchschneiden. Verschiedene Materialien schwächen Röntgenstrahlung um unterschiedliche Beträge. Genau wie auf einem medizinischen Röntgenbild, zeigen sich Knochen heller als Muskeln und Haut. Das gleiche Prinzip kann auch auf Fossilien angewandt werden, weil versteinerte Knochen und Gestein die Röntgenstrahlen unterschiedlich stark abschwächen. Diese Technik wurde benutzt, um ein virtuelles 3D-Modell des Fossils zu erstellen, wodurch seine inneren und äußeren Merkmale detailliert untersucht werden konnten. Spuren der Netzwerke von Blutgefäßen und Nerven, oft weniger als 1/100 Zentimeter dick, konnten dann mit Strukturen in einer Vielzahl kiefertragender Wirbeltiergruppen verglichen werden, Haie und Knochenfische eingeschlossen.

„Das Knochenskelett zu verlieren, klingt nach einer ziemlich extremen Anpassung“, sagte Dr. Friedman, „aber zusammen mit bemerkenswerten Entdeckungen aus China lässt Janusiscus darauf schließen, dass die frühen Vorfahren der heutigen Haie und ihre Verwandtschaft genauso ‚knochig‘ begannen wie unsere eigenen Vorfahren.“

Das 415 Millionen Jahre alte Fossil namens Janusiscus liefert überzeugende Beweise für ein gut entwickeltes Außenskelett (blau) in dem gemeinsamen Vorfahren von Knochen- und Knorpelfischen. (Oxford University / K Trinajstic)
Das 415 Millionen Jahre alte Fossil namens Janusiscus liefert überzeugende Beweise für ein gut entwickeltes Außenskelett (blau) in dem gemeinsamen Vorfahren von Knochen- und Knorpelfischen. (Oxford University / K Trinajstic)

Ein Bericht über die Forschung mit dem Titel „Osteichthyan-like cranial conditions in an Early Devonian stem gnathostome“ wurde online im Journal Nature veröffentlicht.

Quelle: http://www.ox.ac.uk/news/2015-01-12-two-faced-fish-clue-our-ancestors-werent-shark

(THK)

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