Die hier abgebildete Wagenradgalaxie besitzt eine höchst komplexe Struktur, was sie besonders für Astronomen interessant macht, die sich mit der Entwicklung von Galaxien beschäftigen. Sie liegt ungefähr 500 Millionen Lichtjahre entfernt in Richtung des Sternbildes Sculptor (Bildhauer). Die Wagenradgalaxie trägt die Katalogbezeichnung ESO 350-40 und ist als Ringgalaxie klassifiziert. Der Grund für diese Klassifizierung ist auf dem Bild deutlich erkennbar: Sie hat eine ringförmige Struktur, die Gegenstand mehrerer wissenschaftlicher Untersuchungen ist.
Nach aktuellem Kenntnisstand gehen die Astronomen von dem Szenario aus, dass eine kleinere Galaxie vor etwa 100 Millionen Jahren direkt durch das Zentrum der Wagenradgalaxie stieß. Die gravitativen Wechselwirkungen zwischen den beiden kollidierenden Galaxien erzeugten im Lauf der Zeit das Erscheinungsbild, das wir heute beobachten. Glücklicherweise können Astronomen heute auf modernste Technik zurückgreifen, die die Beobachtung in verschiedensten Wellenlängen ermöglicht.
Einen Großteil der wichtigen Informationen über ein kosmisches Objekt liefert nicht das sichtbare Licht, sondern jene Wellenlängen, die für das menschliche Auge normalerweise unsichtbar sind. Dazu gehören beispielsweise Infrarotlicht, ultraviolettes Licht oder auch Röntgen- und Gammastrahlung. Erst die Beobachtung in diesen Wellenlängenbereichen gibt umfassenden Aufschluss über bestimmte Eigenschaften des Objekts oder physikalische Prozesse in seiner direkten Umgebung.
Das Astro-Bild der Woche ist eine Kombination aus Beobachtungsdaten, die in mehreren Wellenlängenbereichen gesammelt wurden. Zum Einsatz kamen dabei die Weltraumteleskope Chandra, GALEX, Spitzer und Hubble, die in ihrem jeweiligen Bereich zu den derzeit leistungsfähigsten Beobachtungsinstrumenten gehören. Unten ist noch einmal das Astro-Bild der Woche eingebunden – allerdings zusammen mit den Einzelaufnahmen, aus denen es besteht. Auf diese Weise kann man besser nachvollziehen, welche Daten von welchem Teleskop stammen und welche Erkenntnisse Astronomen aus ihnen ableiten können.
Die auffälligste Struktur der Wagenradgalaxie ist sicherlich der äußere, hellblau leuchtende Ring. Anhand der Daten des Galaxy Evolution Explorer (GALEX) rechts kann man erkennen, dass dieser Ring im ultravioletten Bereich des elektromagnetischen Spektrums besonders hell erscheint. Astronomen gelangen daher zu der Schlussfolgerung, dass dort zahlreiche massereiche Sterne entstehen, die einen Großteil ihrer Strahlung in Form von ultraviolettem Licht abgeben.
In dem äußeren Ring sind auch einige Röntgenquellen vorhanden, wie die Daten des Weltraumteleskops Chandra belegen, welche in violetten Farbtönen dargestellt sind. Hier vermuten Astronomen die Präsenz massereicher Doppelsternsysteme, die stark im Röntgenbereich leuchten. Als Partner in diesen sogenannten Röntgendoppelsternsystemen kommen auch Schwarze Löcher in Frage.
Der innere Ring, hier in Gelb- und Orangetönen dargestellt, ist ebenfalls eine direkte Folge der Kollision. Jedoch ist die Sternentstehungsrate wesentlich geringer als in dem äußeren Ring. Die Weltraumteleskope Hubble (sichtbares Licht) und Spitzer (infrarotes Licht) registrieren außerdem die Emissionen organischer Moleküle, die sich als in der Galaxie verstreute, rötliche Gebiete abzeichnen.
Auf dem Bild sind zudem zwei der drei möglichen Kandidaten zu sehen, die für die Kollision in Frage kommen könnten: Die kleine Galaxie links unten (der pinkfarbene Fleck), sowie eine kleine, grün leuchtende Spiralgalaxie im unteren Teil des Bildes. Weitere Forschungsarbeiten mit den vorhandenen Teleskopen und den Weltraumteleskopen der nächsten Generation könnten helfen, die Entwicklungsgeschichte der Wagenradgalaxie weiter zu enthüllen.
Eine größere Version der Aufnahme gibt es unter:
http://photojournal.jpl.nasa.gov/jpeg/PIA03296.jpg
Anmerkung der Redaktion
Die anderen drei Vorschläge für das Astro-Bild der Woche waren:
Bild 1: Die Andromeda-Galaxie in Ultraviolett
Bild 2: Das Hubble-V
Bild 4: wird nächste Woche zum Astro-Bild der Woche
(THK)
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