Mit immer stärkeren Lasern haben Forscher des Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL) eine rekordbrechende Anzahl von Elektron-Positron-Paaren erzeugt. Das eröffnet aufregende Möglichkeiten, extreme astrophysikalische Prozesse zu untersuchen, beispielsweise Schwarze Löcher und Gammastrahlenausbrüche (Gamma-ray Bursts, GRBs).
In Experimenten mit drei Lasersystemen – Titan vom LLNL, Omega-EP vom Laboratory for Laser Energetics und Orion vom Atomic Weapons Establishment (AWE) in Großbritannien – erzeugten die LLNL-Physikerin Hui Chen und ihre Kollegen fast eine Billion Positronen (Antimaterieteilchen). In vorangegangenen Experimenten mit dem Titan-Laser hatte Chens Team im Jahr 2008 bereits Milliarden Positronen erschaffen.
Positronen oder „Anti-Elektronen“ sind Antiteilchen mit derselben Masse wie ein Elektron, aber mit entgegengesetzter Ladung. Die Erzeugung energiereicher Elektron-Positron-Paare kommt häufig in extremen astrophysikalischen Umgebungen vor, wo der rasche Kollaps von Sternen und die Entstehung von Schwarzen Löchern stattfinden. Diese Teilchenpaare strahlen ihre Energie letztendlich ab und produzieren extrem helle Gammastrahlenausbrüche. Gammastrahlenausbrüche sind die hellsten bekannten elektromagnetischen Ereignisse, die im Universum auftreten, und sie können eine Dauer von zehn Millisekunden bis zu mehreren Minuten haben. Der Mechanismus, wie diese Gammastrahlenausbrüche entstehen, ist aber noch ein Rätsel.
Im Labor können Jets aus Elektron-Positron-Paaren erzeugt werden, indem intensives Laserlicht auf eine Goldfolie trifft. Die Wechselwirkung erschafft hochenergetische Strahlung, die das Material durchdringen und Elektron-Positron-Paare produzieren wird, wenn sie mit den Kernen der Goldatome interagiert. Die Fähigkeit, mit energiereichen Lasern eine große Anzahl von Positronen im Labor zu erschaffen, öffnet die Tür zu verschiedenen neuen Wegen in der Antimaterieforschung. Dazu gehört das Wissen über die Physik, die extremen astrophysikalischen Phänomenen wie Schwarzen Löchern und Gammastrahlenausbrüchen zugrunde liegt.
„Das Ziel unserer Experimente war zu verstehen, wie der Strom aus erzeugten Elektron-Positron-Paaren mit der Laserenergie zusammenhängt“, sagte Chen. Chen und der frühere LLNL-Stipendiat Frederico Fiuza (jetzt am SLAC National Accelerator Laboratory) wirkten als Co-Autoren an dem Artikel mit, der am 26. Mai 2015 in den Physical Review Letters erschien.
„Wir haben die dominanten Abläufe identifiziert, die mit der Stärke der Positronenerzeugung und mit den Laser- und Zielparametern zusammenhängen. Jetzt können wir schauen, wie sie sich auf die Untersuchung der für die Gammastrahlenausbrüche relevanten Physik auswirkt“, sagte Chen. „Die vorteilhafte Regelung der Elektron-Positron-Paare in unseren Experimenten mit Hilfe der Laserenergie spricht dafür, dass in naher Zukunft Laser der 10-Kilojoule-Klasse mit verfügbarer Laserintensität und Pulsdauer 100 Mal mehr Antimaterie liefern könnten.“
Das Team nutzte diese auf experimentellem Wege erhaltenen Ergebnisse zusammen mit Grundsimulationen, um die Wechselwirkung zweier Elektron-Positron-Paare für zukünftige Laser-Parameter zu modellieren. „Unsere Simulationen zeigen, dass wir mit kommenden Lasersystemen untersuchen können, wie diese energiereichen Paare aus Materie und Antimaterie ihre Energie in Strahlung umwandeln“, sagte Fiuza. „Die Bestätigung dieser Vorhersagen durch ein Experiment wäre extrem spannend.“
Antimaterieforschung könnte offenbaren, warum mehr Materie als Antimaterie den Urknall am Anbeginn des Universums überstand. Es gibt viele Spekulationen darüber, warum das beobachtbare Universum anscheinend fast vollständig aus Materie besteht, ob andere Orte fast komplett aus Antimaterie bestehen, und was möglich wäre, wenn Antimaterie genutzt werden könnte. Man vermutet, dass im sehr jungen Universum normale Materie und Antimaterie im Gleichgewicht waren. Aber aufgrund einer „Asymmetrie“ zerfiel die Antimaterie oder wurde ausgelöscht, und heute wird nur sehr wenig Antimaterie beobachtet.
In zukünftigen Arbeiten planen die Forscher die Verwendung der National Ignition Facility, um Laser-Antimaterie-Experimente durchzuführen und die Physik von relativistischen Paarschocks in Gammastrahlenausbrüchen zu untersuchen, indem sie sogar noch größere Ströme aus Elektron-Positron-Paaren erschaffen.
Die Forschungsarbeit wurde vom Laboratory Directed Research and Development Program des LLNL und des LLNL Lawrence Fellowship finanziert. Neben Chen und Fiuza waren Anthony Link, Andy Hazi, Matt Hill, David Hoarty, Steve James, Shaun Kerr, David Meyerhofer, Jason Myatt, Jaebum Park, Yasuhiko Sentoku and Jackson Williams vom LLNL, dem AWE, der University of Alberta, der University of Rochester und der University of Nevada in Reno an der Studie beteiligt.
(THK)
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