Eine Zusammenarbeit von Physikern und Mathematikern hat bei der Vereinheitlichung von allgemeiner Relativitätstheorie und Quantenmechanik einen bedeutenden Fortschritt erzielt. Er besteht darin, dass in einer fundamentaleren Theorie erklärt wird, wie die Raumzeit aus der Quantenverschränkung hervorgeht. Die Studie über die Entdeckung von Hirosi Ooguri, einem leitenden Forscher am Kavli Institute for the Physics and the Mathematics of the Universe (IPMU) der University of Tokyo, der Mathematikerin Matilde Marcolli vom California Institute of Technology (Caltech) und den Doktoranden Jennifer Lin und Bogdan Stoica wird in den Physical Review Letters veröffentlicht. Es handelt sich dabei um einen Vorschlag der Herausgeber, da „die Ergebnisse von potentiellem Interesse sind und die Abhandlung ihre Botschaft erfolgreich vermittelt, besonders gegenüber Lesern aus anderen Gebieten.“
Physiker und Mathematiker haben lange nach einer Weltformel (Theory of Everything, ToE) gesucht, welche die allgemeine Relativitätstheorie mit der Quantenmechanik vereinheitlicht. Die allgemeine Relativitätstheorie erklärt die Gravitation und großräumige Phänomene wie die Dynamik von Sternen und Galaxien im Universum. Die Quantenmechanik beschreibt mikroskopische Phänomene von der subatomaren bis zur molekularen Größenordnung.
Das holografische Prinzip wird weitgehend als ein grundlegendes Merkmal einer erfolgreichen Weltformel angesehen. Es besagt, dass die Gravitation in einem dreidimensionalen Raumvolumen von der Quantenmechanik auf einer zweidimensionalen Oberfläche beschrieben werden kann, die dieses Raumvolumen umgibt. Die drei Dimensionen des Raumvolumens sollten aus den zwei Dimensionen der Oberfläche hervorgehen. Die genauen Abläufe beim Entstehen des Raumvolumens aus der Oberfläche zu verstehen, war bislang allerdings schwierig.
Jetzt haben Ooguri und seine Mitarbeiter festgestellt, dass die Quantenverschränkung der Schlüssel zur Lösung dieser Frage ist. Mit einer Quantentheorie (die die Gravitation nicht mit umfasst) zeigten sie, wie man die Energiedichte mittels Daten über die Quantenverschränkung auf der Oberfläche berechnen kann. Die Energiedichte ist eine Quelle der gravitativen Wechselwirkungen in drei Dimensionen. Das ist analog zu der Diagnose von Zuständen innerhalb unseres Körpers, indem man zweidimensionale Röntgenbilder betrachtet.
Das erlaubte den Wissenschaftlern, universelle Eigenschaften der Quantenverschränkung als Zustände der Energiedichte zu interpretieren, die von jeder konsistenten Quantengravitationstheorie erklärt werden sollten, ohne die Gravitation tatsächlich explizit miteinzubeziehen. Die Bedeutung der Quantenverschränkung wurde bereits zuvor vermutet, aber ihre genaue Rolle beim Entstehen der Raumzeit war bis zu der neuen Arbeit von Ooguri und seinen Mitarbeitern nicht klar.
Die Quantenverschränkung ist ein Phänomen, bei dem Quantenzustände wie Spin oder Polarisation von Teilchen an verschiedenen Orten nicht unabhängig voneinander beschrieben werden können. Die Messung (und damit die Beeinflussung) von einem Teilchen muss auch auf das andere wirken – Einstein bezeichnete dies als „spukhafte Fernwirkung“. Die Arbeit von Ooguri und seinen Mitarbeitern zeigt, dass diese Quantenverschränkung die drei zusätzlichen Dimensionen der Gravitationstheorie erzeugt.
„Es war bekannt, dass die Quantenverschränkung mit großen Problemen bei der Vereinheitlichung von allgemeiner Relativitätstheorie und Quantenmechanik zusammenhängt, beispielsweise mit dem Informationsparadoxon von Schwarzen Löchern und dem Firewallparadoxon. Unsere Studie wirft mittels expliziter Berechnungen neues Licht auf die Beziehung zwischen Quantenverschränkung und der mikroskopischen Struktur der Raumzeit. Die Verbindung zwischen Quantengravitation und Informationswissenschaft wird für beide Gebiete immer wichtiger. Ich selbst arbeite mit Informationswissenschaftlern zusammen, um diesem Forschungszweig weiter nachzugehen“, sagte Ooguri.
Quelle: http://www.ipmu.jp/node/2174
(THK)
Antworten