Forscher der University of Bristol haben eine sehr bekannte Klassenraumdemonstration neu analysiert, bei der ein leichterer Ball auf einem größeren, schwereren Ball fallengelassen wird, und bieten ein Modell an, um das Phänomen zu erklären.
Das „Zwei-Ball-Stoß-Problem“ wird oft genutzt, um zu demonstrieren, dass die strikten Regeln der Physik Effekte hervorbringen können, die den Erwartungen widersprechen. Wenn ein Tennisball auf einem Basketball platziert wird und beide Bälle zusammen fallengelassen werden, dann springt der Tennisball deutlich höher, als man erwarten würde – etwa drei- bis viermal höher als die Höhe, aus der er fallengelassen wurde.
Die Forschungsarbeit unter Leitung des Doktoranden Yani Berdeni vom Department of Engineering Mathematics ergab, dass sogar ein so einfaches Experiment weitere Überraschungen bereithalten kann. Der Erfolg dieses Experiments hängt davon ab, wie weit die Bälle zum Zeitpunkt des Loslassens voneinander entfernt sind. Wenn der Experimentator sehr genau ist und sicherstellt, dass es keinen Freiraum zwischen den beiden Bällen gibt, dann verringert sich der Effekt, dass der obere Ball höher springt. Die Studie wurde in den Proceedings of the Royal Society A veröffentlicht und bietet ein Modell zur Erklärung des Phänomens.
Die Wissenschaftler stellten fest, dass zwei fallengelassene Bälle nicht so hoch zurückfedern, wenn sie sich nahe beieinander befinden. Andere kürzliche Arbeiten auf dem Gebiet betrachteten die Kollision zweier Kugeln und fanden einen ähnlichen Effekt. Wenn zwei Kugeln mit geringerer Geschwindigkeit kollidieren, werden sie nicht so weit abprallen wie erwartet.
Die gängige Lehrbucherklärung des „Zwei-Ball-Abprall-Problems“ setzt zwei unabhängige, gleichzeitige Kollisionen voraus: Der untere Ball trifft auf den Boden, federt zurück und kollidiert dann mit dem oberen Ball. Newtons drittes Gesetz und der Impulserhaltungssatz werden genutzt, um die Endgeschwindigkeiten beider Bälle vorherzusagen.
Diese einfache Erklärung wurde unter Verwendung eines Fallturms überprüft, um die Bälle vertikal anzuordnen und den Zeitpunkt des Fallenlassens mittels computergesteuerter Magneten zu synchronisieren. Eine Hochgeschwindigkeitskamera kam zum Einsatz, um die Kollisionen mit 20.000 Bildern pro Sekunde aufzuzeichnen. Die Forscher stellten fest, dass die vermutete Stärke der Kollisionen inkorrekt war. Solange die Distanz zwischen den Bällen nicht extrem groß war, war der Basketball noch in Kontakt mit dem Boden, als er mit dem Tennisball zusammenstieß. Wenn die Distanz zwischen den Bällen sehr klein wurde, brach die Erklärung zusammen und sagte für den oberen Ball eine höhere Geschwindigkeit voraus.
Eine alternative Erklärung wurde entwickelt, welche den unteren Ball als eine kugelförmige Membran betrachtet. Die Deformierung der kugelförmigen Membran beim Aufprall erzeugt eine elastische Welle, die den oberen Ball durch einen trampolinähnlichen Effekt wegschießt.
„Zu verstehen, wie sich kugelförmige Körper verhalten, wenn sie miteinander kollidieren, hat wichtige Auswirkungen auf die Entwicklung ‚granularer Materialien‘ wie beispielsweise Sand, weil sie als eine Ansammlung vieler winziger Kugeln angesehen werden können“, sagte Berdeni.
Viele grundlegende Produkte wie Baumaterialien, Chemikalien, Medikamente und Lebensmittel sind granular. Weil granulare Materialien eine ungewöhnliche Materieform mit schlecht verstandenen Eigenschaften sind, arbeiten viele Verarbeitungsanlagen ineffizient und machen manchmal katastrophale Fehler. Infolgedessen könnte sogar eine kleine Verbesserung des Wissens über die Funktionsweise dieser Materialien große Auswirkungen auf die Industrie haben.
Abhandlung: „The two-ball bounce problem von Y Berdeni, A Champneys and R Szalai in den Proceedings of the Royal Society A
Quelle: http://www.bris.ac.uk/news/2015/july/two-ball-bounce-problem.html
(THK)
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