Erdnahe Objekte (Near Earth Objects, NEOs) sind Asteroiden oder Kometen, deren Umlaufbahnen sie manchmal in Erdnähe bringen, weshalb sie eine potenzielle Gefahr darstellen. Obwohl es relativ leicht ist, ein erdnahes Objekt aufgrund seiner stetigen Bewegung am Himmel in sichtbaren Wellenlängen zu registrieren, ist die Bestimmung seiner Größe und seines Gefahrenpotenzials schwieriger, weil seine optische Helligkeit sowohl von seiner Größe als auch von seinem Reflexionsvermögen abhängen.
Astronomen vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) nutzen seit mehreren Jahren die IRAC-Infrarotkamera an Bord des Weltraumteleskops Spitzer, um das von erdnahen Objekten stammende Infrarotlicht zu messen und in Kombination mit optischen Messungen ihre wahren Dimensionen abzuleiten.
Man nimmt an, dass erdnahe Objekte aus Kollisionsfragmenten im Asteroidengürtel jenseits der Marsumlaufbahn hervorgehen, wo heute bereits über 10.000 Objekte bekannt sind. Kurzperiodische Kometen können auch erdnahe Objekte sein, aber im Gegensatz zu Asteroiden haben sie ihren Ursprung höchstwahrscheinlich im Kuipergürtel, einer Region mit eishaltigen Himmelskörpern jenseits der Umlaufbahn des Neptun. Die Umlaufbahnen dieser Himmelskörper werden durch gravitative Wechselwirkungen mit den Riesenplaneten gestört und manche enden als erdnahe Objekte, wobei sie Kometenschweife entwickeln, wenn sie sich der Sonne nähern und aktiv werden. Nach einer Weile verdampfen ihre flüchtigen Substanzen und diese Kometen werden inaktiv. Infolgedessen ist es sehr wahrscheinlich, dass die untersuchte NEO-Population eine hohe Anzahl toter Kometen enthält.
Joe Hora, Giovanni Fazio und Howard Smith vom CfA haben gemeinsam mit ihren Kollegen vor zwei Jahren über die Entdeckung berichtet, dass das erdnahe Objekt „Don Quixote“ tatsächlich ein toter Komet ist. Sie konnten seinen schwachen Kometenschweif auf Infrarotbildern nachweisen. Jetzt haben sie und ihre Kollegen eine statistische Analyse des kompletten Nahinfrarot-Katalogs der erdnahen Objekte abgeschlossen. Im Rahmen der Analyse suchten sie nach möglichen kurzperiodischen Kometen, indem sie eine Kombination ihrer Orbitalparameter und ihrer Oberflächenalbedos verwendeten, die sie aus ihren Eigenschaften im Nahinfrarotbereich ableiteten.
Die Wissenschaftler stellten fest, dass zwischen 0,3 und drei Prozent der durchschnittlich hellen erdnahen Objekte wahrscheinlich inaktive, kurzperiodische Kometen sind. Sie identifizierten 23 konkrete Objekte als inaktive Kometen. Sie schlussfolgerten außerdem, dass etwa 100 große erdnahe Objekte mit Durchmessern von mehr als einem Kilometer wahrscheinlich ebenfalls inaktive, kurzperiodische Kometen sind.
Abhandlung: „Explore NEOs VIII: Dormant Short-Period Comets in the Near-Earth Asteroid Population“ von M. Mommert, A.W. Harris, M. Mueller, J. L. Hora, D. E. Trilling, W. F. Bottke, C. A. Thomas, M. Delbo, J. P. Emery, G. Fazio und H. A. Smith.
Quelle: https://www.cfa.harvard.edu/news/su201541
(THK)
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