Swift und NuSTAR beobachten die Korona eines supermassiven Schwarzen Lochs

Diese Grafiken zeigen eine sich verändernde Struktur, die Korona, die einen Röntgenausbruch in der Nähe eines Schwarzen Lochs erzeugen kann. (NASA / JPL-Caltech)
Diese Grafiken zeigen eine sich verändernde Struktur, die Korona, die einen Röntgenausbruch in der Nähe eines Schwarzen Lochs erzeugen kann. (NASA / JPL-Caltech)

Das verblüffende und seltsame Verhalten von Schwarzen Löchern ist dank neuer Beobachtungen mit den NASA-Missionen Swift und NuSTAR (Nuclear Spectroscopic Telescope Array) etwas weniger rätselhaft geworden. Die beiden Weltraumteleskope beobachteten ein supermassives Schwarzes Loch bei einem gigantischen Röntgenausbruch, was Astronomen hilft, ein bestehendes Rätsel anzugehen: Wie leuchten supermassive Schwarze Löcher auf? Die Ergebnisse sprechen dafür, dass supermassive Schwarze Löcher Röntgenstrahlen emittieren, wenn ihre umgebenden Koronen – das sind Quellen hochenergetischer Teilchen – von den Schwarzen Löchern wegschießen.

„Dies ist das erste Mal, dass wir imstande waren, das Wegschießen der Korona mit einem Aufleuchten in Zusammenhang zu bringen“, sagte Dan Wilkins von der Saint Marys University in Halifax (Kanada). Er ist der Hauptautor einer neuen Abhandlung in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, die die Ergebnisse beschreibt. „Das wird uns helfen zu verstehen, wie supermassive Schwarze Löcher einige der hellsten Objekte im Universum mit Energie versorgen.“

Supermassive Schwarze Löcher selbst geben kein Licht ab, aber sie sind oft von Scheiben aus heißer, leuchtender Materie umgeben. Die Gravitation eines Schwarzen Lochs zieht Gas an und heißt diese Materie auf, wodurch sie zum Leuchten in verschiedenen Wellenlängenbereichen angeregt wird. Eine andere Strahlungsquelle in der Nähe eines Schwarzen Lochs ist die Korona. Koronen bestehen aus hochenergetischen Teilchen, die Röntgenlicht erzeugen, aber Einzelheiten über ihr Erscheinungsbild und die Art und Weise ihrer Entstehung sind unklar.

Astronomen vermuten, dass Koronen eine von zwei wahrscheinlichen Konfigurationen besitzen. Das „Laternenmast“-Modell besagt, dass es sich um kompakte Lichtquellen handelt, ähnlich wie Glühbirnen, die sich oberhalb und unterhalb entlang der Rotationsachse des Schwarzen Lochs befinden. Dem anderen Modell zufolge sind die Koronen diffuser verbreitet, entweder als eine größere Wolke um das Schwarze Loch oder als „Sandwich“, das die umgebende Materiescheibe wie zwei Brotscheiben einrahmt. Tatsächlich ist es auch denkbar, dass die Koronen zwischen dem Laternenmast-Modell und dem Sandwich-Modell hin- und herspringen.

Die neuen Daten unterstützen das Laternenmast-Modell und demonstrieren in den bislang genauesten Details, wie sich die glühbirnenähnlichen Koronen bewegen. Die Beobachtungen begannen, als Swift (das den Himmel nach kosmischen Röntgen- und Gammaausbrüchen absucht) einen starken Ausbruch von einem supermassiven Schwarzen Loch namens Markarian 335 (Mrk 335) registrierte. Markarian 335 liegt etwa 324 Millionen Lichtjahre entfernt in Richtung des Sternbildes Pegasus. Dieses supermassive Schwarze Loch sitzt im Zentrum einer Galaxie und war einmal eine der hellsten Röntgenquellen am Himmel.

„Im Jahr 2007 geschah etwas sehr Merkwürdiges, als Markarian 335 um den Faktor 30 schwächer wurde. Wir haben festgestellt, dass es wiederholt aufleuchtet, aber nicht mehr die zuvor beobachtete Helligkeit und Stabilität erreicht hat“, sagte Luigi Gallo von der Saint Marys University, der leitende Wissenschaftler des Projekts. Ein anderer Co-Autor, Dirk Grupe von der Morehead State University in Kentucky, nutzt Swift seit 2007 regelmäßig zur Überwachung des Schwarzen Lochs.

Im September 2014 registrierte Swift einen riesigen Ausbruch von Markarian 335. Als Gallo ihn bemerkte, schickte er eine Anfrage an das NuSTAR-Team, damit es das Objekt als Teil des Programms für Gelegenheitsziele anvisiert, in dessen Rahmen der vorgesehene Beobachtungsplan des Observatoriums für wichtige Ereignisse unterbrochen wird. Acht Tage später richtete NuSTAR seine Röntgenaugen auf das Ziel und konnte die letzte Hälfte des Flare-Ereignisses mitverfolgen.

Nach sorgfältiger Sichtung der Daten erkannten die Astronomen, dass sie den Ausstoß und den letztendlichen Kollaps der Korona des Schwarzen Lochs sahen. „Die Korona bewegte sich zuerst nach innen und schoss dann hoch wie ein Jet“, sagte Wilkins. „Wir wissen noch nicht, wie Jets von Schwarzen Löchern entstehen, aber es ist eine spannende Möglichkeit, dass die Korona dieses Schwarzen Lochs begann, die Basis eines Jets zu bilden, bevor sie kollabierte.“

Wie konnten die Forscher herausfinden, dass sich die Korona bewegt hatte? Die Korona emittiert Röntgenlicht, das ein geringfügig anderes Spektrum (Röntgen-„Farben“) besitzt als das Licht, welches von der Scheibe um das Schwarze Loch stammt. Aus der Analyse eines Röntgenspektrums von Markarian 335 in einem Wellenlängenbereich, der sowohl von Swift als auch von NuSTAR registriert wird, konnten die Wissenschaftler ableiten, dass das Röntgenlicht der Korona heller geworden war – und dass dieser Helligkeitsanstieg durch die Bewegung der Korona verursacht wurde.

Koronen können sich sehr schnell bewegen. Die mit Markarian 335 verbundene Korona breitete sich den Forschern zufolge mit etwa 20 Prozent der Lichtgeschwindigkeit aus. Wenn das passiert und sich die Korona in unsere Richtung bewegt, dann wird ihr Licht durch einen Effekt verstärkt, der als relativistische Dopplerverstärkung bezeichnet wird. Zusammengenommen zeigen die Ergebnisse, dass der Röntgenausbruch dieses Schwarzen Lochs von der ausgestoßenen Korona erzeugt wurde.

„Die Natur der energiereichen Röntgenquelle, die wir Korona nennen, ist rätselhaft. Aber mit der Fähigkeit, jetzt dramatische Veränderungen wie diese zu verfolgen, erhalten wir Hinweise auf seine Größe und seine Struktur“, sagte Fiona Harrison vom California Institute of Technology in Pasadena. Harrison ist die leitende Wissenschaftlerin des NuSTAR-Projekts und war nicht an der Studie beteiligt. Viele andere Rätsel bezüglich Schwarzer Löcher bleiben bestehen. Beispielsweise möchten Astronomen verstehen, was den Ausstoß der Korona überhaupt erst auslöst.

NuSTAR ist eine Small Explorer Mission unter Leitung des Caltech und wird vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena (Kalifornien) für das Science Mission Directorate in Washington betrieben. NuSTAR wurde in Zusammenarbeit mit der Danish Technical University und der Italian Space Agency (ASI) entwickelt. Der Satellit wurde von Orbital Science Corp. in Dulles (Virginia) gebaut. Das Operationszentrum der NuSTAR-Mission befindet sich an der University of California in Berkeley, und das offizielle Datenarchiv hat seinen Sitz am High Energy Astrophysics Science Archive Research Center der NASA. Die ASI stellt die Bodenstation und ein Spiegelarchiv zur Verfügung. Das Jet Propulsion Laboratory wird vom Caltech für die NASA geleitet.

Quelle: http://www.jpl.nasa.gov/news/news.php?feature=4753

(THK)

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