Cassini beobachtet riesige Eiswolke in Titans Südpolarregion

Mit Beginn des Winters auf Titans Südhalbkugel bildet sich ein Wolkensystem, dem man die Bezeichnung Südpolarwirbel gab. (NASA / JPL-Caltech / Space Science Institute)
Mit Beginn des Winters auf Titans Südhalbkugel bildet sich ein Wolkensystem, dem man die Bezeichnung Südpolarwirbel gab. (NASA / JPL-Caltech / Space Science Institute)

Neue Beobachtungen der NASA-Raumsonde Cassini stützen die These, dass der Winter über die Südhalbkugel des Saturnmondes Titan hereinbricht. Wissenschaftler haben in der Nähe von Titans Südpol eine riesige neue Wolke aus gefrorenen Substanzen in der unteren bis mittleren Stratosphäre entdeckt. Das ist eine stabile atmosphärische Region oberhalb der Troposphäre, der aktiven Wetterschicht.

Cassinis Kamera hatte schon einmal eine beeindruckende Wolke fotografiert, die in einer Höhe von 300 Kilometern über Titans Südpol schwebte. Diese Wolke, erstmals im Jahr 2012 beobachtet, stellte sich jedoch nur als die Spitze des Eisbergs heraus: Jetzt wurde ein noch viel größeres Wolkensystem weiter unten in der Stratosphäre gefunden, das in einer maximalen Höhe von etwa 200 Kilometern liegt.

Die neue Wolke wurde von Cassinis Infrarotinstrument CIRS (Composite Infrared Spectrometer) registriert, das Profile der Atmosphäre bei unsichtbaren thermalen Wellenlängen erstellt. Die Wolke besitzt eine geringe Dichte, ähnlich wie Nebel auf der Erde, ist aber wahrscheinlich flach auf der Oberseite.

In den vergangenen paar Jahren hat Cassini Anzeichen für den Übergang vom Herbst zum Winter an Titans Südpol beobachtet – das erste Mal, dass eine Raumsonde den Beginn eines Winters auf Titan gesehen hat. Weil jede Jahreszeit auf Titan ungefähr 7,5 Erdjahre dauert, wird am Südpol auch noch Winter herrschen, wenn die Cassini-Mission im Jahr 2017 endet.

“Als wir die Infrarotdaten anschauten, stach diese Eiswolke heraus wie nichts, was wir je zuvor gesehen hatten”, sagte Carrie Anderson vom Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland). “Sie hat uns praktisch umgehauen.” Anderson präsentierte die Entdeckung am 11. November 2015 auf dem Jahrestreffen der Division of Planetary Sciences der American Astronomical Society in National Harbor (Maryland).

Die Eiswolken an Titans Pol entstehen nicht auf dieselbe Weise wie die vertrauten Regenwolken auf der Erde. Bei Regenwolken verdampft Wasser von der Oberfläche und begegnet kühleren Temperaturen, während es durch die Troposphäre nach oben steigt. Wolken bilden sich, wenn der Wasserdampf eine Höhe erreicht, wo die Kombination aus Temperatur und Luftdruck günstig für die Kondensation ist. Die Methanwolken in Titans Troposphäre entstehen auf vergleichbare Weise.

Die polaren Wolken auf Titan bilden sich jedoch durch einen anderen Prozess höher in der Atmosphäre. Die Zirkulation in der Atmosphäre transportiert Gase vom Pol der warmen Halbkugel zum Pol der kalten Halbkugel. Am kalten Pol sinken die warmen Gase herab; dieser Prozess wird als atmosphärische Setzung bezeichnet.

Die sinkenden Gase – ein Gemisch aus smogähnlichen Kohlenwasserstoffen und Stickstoff enthaltenen Substanzen namens Nitrile – treffen bei ihrem Weg nach unten auf immer kältere Temperaturen. Unterschiedliche Gase werden bei verschiedenen Temperaturen kondensieren, was in einer Schichtbildung von Wolken in verschiedenen Höhen resultiert.

Cassini erreichte Saturn im Jahr 2004 – mitten im Winter an Titans Nordpol. Als der Nordpol in den Frühling überging, verschwanden die dortigen Eiswolken. In der Zwischenzeit entstanden neue Wolken am Südpol. Das Auftauchen dieser Wolken am Südpol spricht dafür, dass sich die Richtung der globalen Zirkulation auf Titan verändert.

“Titans saisonale Veränderungen überraschen uns weiterhin”, sagte Scott Edgington, der stellvertretende Cassini-Projektwissenschaftler am Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena (Kalifornien). Cassini mit ihrem sehr leistungsfähigen Instrumentarium wird bis zum Missionsende im Jahr 2017 weiterhin regelmäßig untersuchen, wie die Veränderungen auf Titan stattfinden.”

Die Größe, Höhe und Zusammensetzung der polaren Eiswolken hilft Wissenschaftlern, die Natur und Härte von Titans Winter zu verstehen. Anhand der früher von Cassinis Kamera beobachteten Eiswolke bestimmten die Forscher, dass die Temperaturen am Südpol bis auf mindestens -150 Grad Celsius absinken. Die neue Wolke wurde in der unteren Stratosphäre entdeckt, wo die Temperaturen sogar noch kälter sind. Die Eisteilchen bestehen aus einer Vielzahl von Substanzen, die Wasserstoff, Kohlenstoff und Stickstoff enthalten.

Anderson und ihre Kollegen hatten in den CIRS-Daten die gleiche Signatur vom Nordpol gefunden, aber in diesem Fall war das Signal viel schwächer. Die sehr starke Signatur von den Südpolarwolken unterstützt die Theorie, dass der Beginn des Winters viel strenger ausfällt als sein Ende. “Die Möglichkeit, die frühen Stadien des Winters auf Titan zu sehen, ist sehr spannend”, sagte Robert Samuelson vom Goddard Space Flight Center, der mit Anderson zusammenarbeitet. “Alles, was wir am Südpol finden, verrät uns, dass der Beginn des Winters auf der Südhalbkugel viel härter ist als die späten Stadien des Winters auf Titans Nordhalbkugel.”

Die Cassini-Huygens-Mission ist ein Gemeinschaftsprojekt der NASA, ESA (European Space Agency) und der Italian Space Agency. Das JPL leitet die Mission für das Science Mission Directorate in Washington. Das CIRS-Team hat seinen Sitz am Goddard Space Flight Center.

Quelle: https://www.nasa.gov/feature/goddard/monstrous-ice-cloud-in-titans-south-polar-region

(THK)

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