Astronomen beobachten die Zerstörung eines Sterns durch ein Schwarzes Loch

Diese Illustration zeigt ein supermassives Schwarzes Loch im Zentrum einer Galaxie. Die bläulichen Farbtöne repräsentieren Strahlung, die von der Materie in der direkten Umgebung des Schwarzen Lochs emittiert wird. Die graue Struktur, die das Schwarze Loch umgibt, besteht aus Gas und Staub. (NASA / JPL-Caltech)
Diese Illustration zeigt ein supermassives Schwarzes Loch im Zentrum einer Galaxie. Die bläulichen Farbtöne repräsentieren Strahlung, die von der Materie in der direkten Umgebung des Schwarzen Lochs emittiert wird. Die graue Struktur, die das Schwarze Loch umgibt, besteht aus Gas und Staub. (NASA / JPL-Caltech)

Ein internationales Astrophysikerteam unter Leitung eines Wissenschaftlers der Johns Hopkins University war erstmals Zeuge, wie ein Schwarzes Loch einen Stern verschluckte und einen Materieausbruch erzeugte, der sich mit annähernd Lichtgeschwindigkeit bewegte. Die Ergebnisse wurden am 26. November 2015 im Journal Science veröffentlicht. Laut dem Hubble-Stipendiaten Sjoert van Velzen von der Johns Hopkins University folgen sie dem Stern, der etwa die Größe unserer Sonne besaß, wie er von seiner gewöhnlichen Umlaufbahn abgelenkt wird, in das Gravitationsfeld eines supermassiven Schwarzen Lochs gerät und verschluckt wird.

„Diese Ereignisse sind extrem selten“, sagte van Velzen. „Es ist das erste Mal, dass wir die gesamte Zerstörung eines Sterns beobachten, gefolgt von einem kegelförmigen Ausbruch (ein sogenannter Jet), und wir verfolgten es über mehrere Monate hinweg.“

Schwarze Löcher sind Regionen im Weltraum, die so dicht sind, dass unwiderstehliche Gravitationskräfte Materie, Gas und sogar Licht daran hindern zu entkommen. Dadurch werden sie unsichtbar und erzeugen den Effekt einer [visuellen] Leere im Raum. Astrophysiker hatten vorausgesagt, dass ein sich schnell bewegender Jet aus Plasma (Elementarteilchen in einem Magnetfeld) aus der Nähe des Randes eines Schwarzen Lochs, dem Ereignishorizont, entkommen kann, wenn es große Mengen Gas verschluckt – in diesem Fall einen kompletten Stern. Diese Studie spreche dafür, dass die Vorhersage korrekt war, sagten die Wissenschaftler.

„Frühere Bemühungen, um Belege für diese Jets zu finden, darunter meine eigenen, liefen ins Leere“, sagte van Velzen, der die Analyse leitete und die Ansätze von 13 anderen Wissenschaftlern in den Vereinigten Staaten, den Niederlanden, Großbritannien und Australien koordinierte.

Man vermutet supermassive Schwarze Löcher – die größten Schwarzen Löcher – in den Zentren der meisten massereichen Galaxien. Dieses spezielle supermassive Schwarze Loch liegt am massearmen Ende des Massenbereichs und besitzt nur etwa eine Million Sonnenmassen. Trotzdem hat es die Kraft, einen Stern zu verschlingen.

Die erste Beobachtung von der Zerstörung des Sterns wurde von einem Team an der Ohio State University gemacht, das ein optisches Teleskop auf Hawaii nutzte. Das Team gab seine Entdeckung Anfang Dezember 2014 via Twitter bekannt. Nachdem er über das Ereignis gelesen hatte, kontaktierte van Velzen ein Astrophysikteam, das von Rob Fender an der University of Oxford (Großbritannien) geleitet wird. Diese Gruppe nutzte Radioteleskope, um so schnell wie möglich weitere Beobachtungen vorzunehmen. Sie kamen gerade rechtzeitig, um die Zerstörung des Sterns zu verfolgen.

Gleichzeitig standen dem internationalen Team Daten von Satelliten und bodenbasierten Teleskopen im Röntgenbereich, Radiobereich und optischen Bereich zu Verfügung, die ein erstaunliches „Multiwellenlängenportrait“ dieses Ereignisses lieferten. Hilfreich war die Tatsache, dass die fragliche Galaxie näher an der Erde liegt, als jene, die in früheren Studien untersucht wurden, um einen Jet nach der Zerstörung eines Sterns zu verfolgen. Diese Galaxie liegt rund 300 Millionen Lichtjahre entfernt, während die anderen mindestens drei mal weiter entfernt waren. Ein Lichtjahr entspricht circa 9,46 Billionen Kilometern.

Der erste Schritt des internationalen Teams war es, die Möglichkeit auszuschließen, dass das Licht von einer bereits zuvor existierenden Akkretionsscheibe stammte, die sich bildet, wenn ein Schwarzes Loch Materie verschlingt. Das half bei der Bestätigung, dass der plötzliche Helligkeitsanstieg der Galaxie auf einen neu eingefangenen Stern zurückzuführen war. „Die Zerstörung eines Sterns durch ein Schwarzes Loch ist schön kompliziert und weit davon entfernt, verstanden zu sein“, sagte van Velzen. „Anhand unserer Beobachtungen erkannten wir, dass die Ströme stellarer Überreste sich ordnen und einen Jet schneller machen können, was eine wertvolle Erkenntnis für die Erstellung einer vollständigen Theorie über diese Ereignisse ist.“

Van Velzen schloss letztes Jahr seine Doktorarbeit an der Radboud University in den Niederlanden ab, wo er Jets von supermassiven Schwarzen Löchern untersuchte. Am Ende der Doktorarbeit drückte er seine Hoffnung aus, diese Ereignisse innerhalb von vier Jahren entdecken zu können. Es stellte sich heraus, dass er nach der Verteidigung seiner Dissertation nur wenige Monate brauchte.

Van Velzen und sein Team waren nicht die einzigen Forscher, die nach Radiosignalen dieses besonders unglücklichen Sterns gesucht hatten. Eine Gruppe an der Harvard University beobachtete dieselbe Quelle mit Radioteleskopen in New Mexico und gab ihre Ergebnisse online bekannt. Beide Teams präsentierten die Ergebnisse Anfang November 2015 anlässlich eines Workshops in Jerusalem. Es war das erste Mal, dass sich die beiden konkurrierenden Teams von Angesicht zu Angesicht gegenüber standen. „Das Treffen war ein intensiver und sehr produktiver Austausch von Theorien über diese Quelle“, sagte van Velzen. „Wir kommen gut miteinander aus. Tatsächlich ging ich mit dem Leiter des anderen Teams sogar auf eine lange Wanderung nahe des Toten Meeres.“

Unterstützung für diese Studie kam unter anderem von der NASA, der Netherlands Foundation for Scientific Research (NOW), dem European Research Council, dem International Centre for Radio Astronomy Research, der Alfred P. Sloan Foundation und dem Australian Research Council.

Quelle: http://hub.jhu.edu/2015/11/26/black-hole-eats-a-star

(THK)

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