In einer fernen Galaxie, rund 12,4 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt, verschlingt ein gefräßiges Schwarzes Loch ein galaktisches Mahl. Sein Fressrausch produziert so viel Energie, dass es das Gas in seiner gesamten Galaxie aufwühlt. „Es ist wie ein Topf mit kochendem Wasser, der von einem Kernreaktor in der Mitte aufgeheizt wird“, sagte Tanio Diaz-Santos von der Universidad Diego Portales in Santiago (Chile), der Hauptautor einer neuen Studie über diese Galaxie.
Diese Galaxie namens W2246-0526 ist einer 2015 veröffentlichten Forschungsarbeit zufolge die hellste bekannte Galaxie, basierend auf Daten des Wide-field Infrared Survey Explorer (WISE). Das bedeutet, sie hat den höchsten Energieausstoß aller bekannten Galaxien im Universum und würde am hellsten leuchten, wenn alle Galaxien gleich weit von uns entfernt wären. Die neue Studie wurde in den Astrophysical Journal Letters veröffentlicht und enthüllt, dass diese Galaxie außerdem sehr turbulentes Gas abstößt. Das ist ein Phänomen, das bei einem Objekt dieser Art nie zuvor beobachtet wurde.
„Diese Galaxie reißt sich selbst auseinander“, sagte Roberto Assef, ein Astronom an der Universidad Diego Portales und Leiter des Beobachtungsteams am Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) in Chile. „Der Impuls und die Energie der auf das Gas treffenden Lichtteilchen sind so groß, dass sie das Gas in alle Richtungen wegdrücken.“ Mit ALMA fanden Astronomen in der gesamten Galaxie große Mengen ionisierten Kohlenstoffs in einem sehr turbulenten Zustand. Die Galaxie entstand etwas mehr als eine Milliarde Jahre nach dem Urknall.
Das wachsende supermassive Schwarze Loch im Zentrum der Galaxie ist die wahrscheinliche Ursache der Turbulenzen. Wenn die Gravitation des Schwarzen Lochs umgebendes Gas und andere Materie anzieht, bildet die Materie eine Struktur um das Schwarze Loch, die als Akkretionsscheibe bezeichnet wird. Die Reibung innerhalb dieser Scheibe erzeugt die intensive Helligkeit und lässt die Galaxie heller als 300 Billionen Sonnen leuchten.
Man vermutet, dass der Ereignishorizont des Schwarzen Lochs eine Million Mal kleiner als die Galaxie ist. Trotzdem beeinflusst die von dem Materie verschlingenden Schwarzen Loch emittierte Energie Gas, welches tausende Lichtjahre von ihm entfernt ist.
Obwohl Turbulenzen in Gas um supermassive Schwarze Löcher schon früher nachgewiesen wurden (beispielsweise um die Zentren einiger naher, heller Galaxien, die aktive galaktische Kerne enthalten), bewegten sich diese Winde in bestimmten Richtungen. Dies ist das erste Mal, dass in der gesamten Galaxie hochgradig turbulentes Gas registriert wurde. „Das ‚kochende‘ Gas befindet sich nicht in der Akkretionsscheibe. Die komplette Galaxie ist davon betroffen“, sagte Peter Eisenhardt, WISE-Projektwissenschaftler am Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena (Kalifornien).
Die Forscher sind nicht sicher, ob das Gas stark genug nach außen gedrückt wird, um die Galaxie ganz zu verlassen, oder ob es letztendlich wieder zurückfallen wird. „Ein wahrscheinliches Endszenario wäre, dass die Galaxie ihr ganzes Gas und ihren ganzen Staub, der sie umgibt, wegbläst, so dass wir die Akkretionsscheibe ohne ihren Staubvorhang sehen. Das bezeichnen wir als Quasar“, sagte Assef.
Diese Galaxie ist ein Beispiel für eine seltene Objektklasse, die den Namen Hot DOGs (Hot, Dust-Obscured Galaxies) trägt. Es sind energiereiche Galaxien mit supermassiven Schwarzen Löchern in ihren Zentren. Nur eine pro 3.000 Galaxien, die von WISE beobachtet wurden, fällt in diese Kategorie.
Die WISE-Mission war für die Entdeckung dieser Galaxie entscheidend, weil die Galaxie in Staub eingehüllt ist, der ihr Licht vor Teleskopen im optischen Bereich verbirgt. Der warme Staub strahlt aber im Infrarotbereich, für dessen Beobachtung WISE konstruiert wurde.
Das Jet Propulsion Laboratory leitete und betrieb WISE für das Science Mission Directorate in Washington. Im Jahr 2011 wurde das Weltraumteleskop in einen Ruhezustand versetzt, nachdem es den gesamten Himmel zweimal gescannt und damit seine Hauptziele erreicht hatte. Im September 2013 wurde WISE reaktiviert, in NEOWISE umbenannt und mit einer neuen Mission bedacht: Es hilft nun der NASA bei ihren Bemühungen, potenziell gefährliche erdnahe Objekte zu identifizieren.
Quelle: http://www.jpl.nasa.gov/news/news.php?feature=4820
(THK)
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