Das Astro-Bild der Woche zeigt ein Beispiel für die Dynamik, die man in Sternentstehungsregionen beobachten kann. Solche Gebiete können mehrere hundert Lichtjahre groß sein und zig tausende neuer Sterne beherbergen. Auf diesem Bild ist allerdings nur ein sehr kleiner Ausschnitt einer derartigen Sternentstehungsregion zu sehen. Es handelt sich um einen Teil der Dunkelwolke mit der Katalogbezeichnung LDN 1551, die sich ungefähr 450 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt in Richtung des Sternbildes Stier (Taurus) befindet.
Dunkelwolken enthalten große Mengen Staub, der das Licht der eingebetteten oder dahinter liegenden Sterne im Extremfall vollkommen blockieren kann. Das Weltraumteleskop Hubble hat mit seiner Advanced Camera for Surveys (ACS) einen kleinen Bereich der Dunkelwolke abgebildet, in dem mehrere Sterne zu erkennen sind. Das helle Objekt links ist das Sternsystem XZ Tauri. Obwohl es wie ein einzelner Stern aussieht, kreisen dort wahrscheinlich gleich mehrere Sterne umeinander. Astronomen wissen schon seit längerer Zeit, dass XZ Tauri ein Doppelsternsystem ist. Neuere Beobachtungen deuten allerdings darauf hin, dass eine der beiden Komponenten wiederum selbst aus einem Doppelsternsystem besteht, was XZ Tauri letztendlich zu einem Dreifachsystem macht.
Von dem Sternsystem wurde in jüngerer Vergangenheit eine Blase aus heißem Gas emittiert (oben links direkt über dem Stern), die das Weltraumteleskop Hubble zwischen 1995 und 2000 auf diversen Bildern festhielt. Diese Gasblase entfernt sich weiterhin von ihrem Sternsystem und hinterlässt dabei einen Gasschweif, der einige Milliarden Kilometer lang ist. Wenn die sich schnell bewegenden Gasmassen auf langsamere Gasfilamente in der näheren Umgebung stoßen, erzeugen sie starke Schockfronten, die einen sichtbaren Welleneffekt zur Folge haben.
Ein weiterer Stern, HL Tauri, liegt rechts oberhalb von XZ Tauri. Auch dort spielen sich komplexe Wechselwirkungen zwischen der Strahlung und den Sternwinden des jungen Sterns und seiner Nachbarschaft ab. Eine besondere Erwähnung verdient das Herbig-Haro-Objekt HH 150, – das ist die schmale Struktur aus Gas direkt links von HL Tauri. Herbig-Haro-Objekte entstehen, wenn die von den jungen Sternen abgestoßenen Gasjets mit hohen Geschwindigkeiten auf die benachbarten Gaswolken treffen.
Auch um den Stern V1213 Tauri existieren zwei Herbig-Haro-Objekte namens HH 30. Aufgrund physikalischer Gesetzmäßigkeiten emittieren junge Sterne die Gasjets entlang ihrer Rotationsachse in beide Richtungen. Weil die Gasjets hohe Geschwindigkeiten erreichen, lassen sich bereits innerhalb relativ kurzer Zeiträume von wenigen Jahren beträchtliche Veränderungen ihrer Struktur und Ausbreitung registrieren. Ob und wie lange ein Herbig-Haro-Objekt von der Erde aus sichtbar ist, hängt jedoch von vielen Faktoren ab.
Aus dem Erscheinungsbild von Herbig-Haro-Objekten und deren zeitlichen Veränderungen können Astronomen Rückschlüsse auf die Aktivität des jeweiligen Ursprungssterns ziehen. Neue Informationen über die Akkretionsraten von Gas und Staub können beispielsweise die bestehenden Modelle zur Sternentstehung und -entwicklung ergänzen. Da unsere Sonne und mit ihr unser Sonnensystem in einer ähnlichen Umgebung entstanden sind, helfen solche Beobachtungen dabei, unseren eigenen kleinen Platz im Universum besser zu verstehen.
Eine größere Version der Aufnahme gibt es unter:
http://cdn.spacetelescope.org/archives/images/large/heic1424a.jpg
Anmerkung der Redaktion
Die anderen drei Vorschläge für das Astro-Bild der Woche waren:
Bild 2: wird nächste Woche zum Astro-Bild der Woche (Stimmengleichstand)
Bild 3: Der Kohlenstoffstern U Camelopardalis und seine Umgebung
Bild 4: HD 140283, der älteste Stern in unserer Nachbarschaft
(THK)
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