
Nur Wochen vor der historischen Begegnung des Kometen C/2013 A1 (Siding Spring) mit dem Mars im Oktober 2014 trat die NASA-Raumsonde MAVEN (Mars Atmosphere and Volatile Evolution) in eine Umlaufbahn um den Roten Planeten ein. Um die empfindliche Ausrüstung an Bord von MAVEN vor möglichen Schäden zu schützen, wurden einige Instrumente während des Vorbeiflugs abgeschaltet. Dasselbe wurde bei anderen Mars-Orbitern gemacht. Aber ein paar Instrumente, darunter MAVENs Magnetometer, blieben aktiviert und führten während des bemerkenswert nahen Vorbeiflugs des Kometen Beobachtungen aus erster Reihe durch.
Die einmalige Gelegenheit gab Wissenschaftlern einen genauen Blick auf das Chaos, das der Vorbeiflug des Kometen in der magnetischen Umgebung des Mars, der Magnetosphäre, anrichtete. Der Effekt war vorübergehend aber tiefgreifend. „Der Komet Siding Spring stürzte das Magnetfeld um den Mars ins Chaos“, sagte Jared Espley, ein Mitglied des MAVEN-Wissenschaftsteams am Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland). „Wir denken, dass die Begegnung einen Teil der oberen Marsatmosphäre weggeblasen hat, ähnlich wie es ein starker Sonnensturm tun würde.“
Im Gegensatz zur Erde wird der Mars nicht von einer starken Magnetosphäre geschützt, die innerhalb des Planeten erzeugt wird. Die Atmosphäre des Mars bietet allerdings einen gewissen Schutz, indem sie den Sonnenwind um den Planeten herumlenkt, so wie ein Stein das fließende Wasser in einem Bach teilt. Das passiert, weil die Marsatmosphäre in großen Höhen aus Plasma besteht – einer Schicht aus elektrisch geladenen Teilchen und Gasmolekülen. Geladene Teilchen im Sonnenwind wechselwirken mit diesem Plasma und die Bewegungen all dieser Ladungen erzeugt Ströme. Genau wie Ströme in einfachen elektrischen Stromkreisen, induzieren diese bewegten Ladungen ein Magnetfeld, das im Falle des Mars aber recht schwach ist.
Der Komet Siding Spring ist auch von einem Magnetfeld umgeben. Es resultiert aus den Interaktionen des Sonnenwinds mit dem Plasma, das in der Koma des Kometen erzeugt wird. Die Koma ist die Gashülle, die von dem Kometenkern ausgeht, wenn er von der Sonne aufgeheizt wird. Der Kern von Siding Spring – ein Brocken aus Eis und Gestein – ist nicht größer als einen halben Kilometer. Aber die Koma ist sehr ausgeprägt und erstreckt sich über eine Million Kilometer in jede Richtung. Der dichteste Bereich der Koma – die innere Region nahe des Kerns – ist der Teil eines Kometen, der in Teleskopen und Kameras als große, verschwommene Kugel erscheint.
Als der Komet Siding Spring den Mars passierte, waren die beiden Himmelskörper etwa 140.000 Kilometer voneinander entfernt. Die Koma des Kometen strich mehrere Stunden lang über den Planeten, wobei die dichte innere Koma die Oberfläche erreichte oder fast erreichte. Der Mars wurde mit einer unsichtbaren Welle geladener Teilchen aus der Koma überflutet, und die starken Magnetfelder um den Kometen verschmolzen vorübergehend mit dem eigenen schwachen Magnetfeld des Planeten und überwältigten es. „Die Hauptwirkung fand während der engsten Annäherung des Kometen statt, aber die Magnetosphäre des Planeten begann bereits Auswirkungen zu spüren, als sie in den äußeren Rand der Kometenkoma eintrat“, sagte Espley.
Zunächst waren die Veränderungen gering. Als die Magnetosphäre des Mars, die sich normalerweise geordnet über dem Planeten befindet, auf den nahenden Kometen zu reagieren begann, fingen einige Regionen an, sich neu auszurichten und in andere Richtungen zu zeigen. Mit der Annäherung des Kometen nahmen diese Effekte an Intensität zu und ließen das planetare Magnetfeld fast wie einen Vorhang im Wind flattern. Zum Zeitpunkt der engsten Annäherung, als das Plasma von dem Kometen am dichtesten war, lag das Magnetfeld des Mars in komplettem Chaos. Sogar Stunden nach der Weiterreise des Kometen konnten noch einige Störungen gemessen werden.
Espley und seine Kollegen denken, dass die Auswirkungen der Plasmawelle ähnlich jenen eines starken aber kurzlebigen Sonnensturms waren. Und wie bei einem Sonnensturm bewirkte die nahe Passage des Kometen wahrscheinlich einen temporären Anstieg der Gasmenge, die aus der oberen Marsatmosphäre entweicht. Mit der Zeit fordern diese Stürme ihren Tribut von der Atmosphäre.
„Mit MAVEN versuchen wir zu verstehen, wie die Sonne und der Sonnenwind mit dem Mars interagieren“, sagte Bruce Jakosky, der leitende Wissenschaftler der MAVEN-Mission vom Laboratory for Atmospheric and Space Physics der University of Colorado in Boulder. „Indem wir schauen, wie die Magnetosphären des Kometen und des Mars miteinander interagieren, können wir ein besseres Verständnis der genauen Prozesse gewinnen, die jede einzelne Magnetosphäre kontrollieren.“
Diese Forschungsarbeit wurde in den Geophysical Research Letters veröffentlicht.
Quelle: http://www.nasa.gov/feature/goddard/2016/close-comet-flyby-threw-mars-magnetic-field-into-chaos
(THK)
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