Das Astro-Bild der Woche zeigt einen Teil von einer der größten Sternentstehungsregionen innerhalb der lokalen Galaxiengruppe: 30 Doradus, besser bekannt als der Tarantelnebel. Er befindet sich ungefähr 170.000 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt in einer kleinen Satellitengalaxie unserer Milchstraßen-Galaxie, der Großen Magellanschen Wolke. Aufgrund seiner Nähe und wegen seines enormen Durchmessers von circa 650 Lichtjahren kann der Tarantelnebel bereits gut mit kleinen Teleskopen beobachtet werden. Allerdings ist dies nur auf der Südhalbkugel möglich. In Mitteleuropa ist er nie zu sehen, weil das Sternbild, in dem er liegt (Schwertfisch, lat. Dorado), nicht über den Horizont steigt.
Glücklicherweise gibt es aber auch auf der Südhalbkugel einige äußerst leistungsfähige Teleskope, die vorzugsweise in den trockenen Wüsten südlich der Äquatorregion errichtet wurden. Dazu zählen zum Beispiel die Großteleskope der Europäischen Südsternwarte (ESO) in der chilenischen Atacama-Wüste. Für das Astro-Bild der Woche wurden Beobachtungsdaten zweier ESO-Teleskope verwendet, das 2,2-Meter MPG/ESO Telescope am La Silla Observatory und das Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy (VISTA) Telescope am Paranal Observatory. Ersteres sammelte Beobachtungsdaten im sichtbaren Wellenlängenbereich, während das VISTA-Teleskop Infrarotdaten beisteuerte.
Die Kombination der Daten ergibt ein atemberaubendes Bild aus chaotisch anmutenden Nebelstrukturen und zahllosen Sternen. Etwas rechts unterhalb der Bildmitte liegt der auffällig helle und orangefarbene Stern mit der Katalogbezeichnung VFTS 682. Dieser Stern ist ein ganz besonderes Objekt – es handelt sich um einen der massereichsten bekannten Sterne. Seine Masse wird auf 150 Sonnenmassen geschätzt, seine Leuchtkraft entspricht dem 3,2-Millionenfachen der Leuchtkraft unserer Sonne. Er ist jedoch tief in umgebende Staub- und Gaswolken eingebettet, die einen Großteil des sichtbaren Lichts blockieren.
Noch unklar ist der Ursprung dieses Ausnahmesterns. Ein Stück rechts unterhalb von ihm ist der Supersternhaufen R 136 zu erkennen, der ebenfalls einige extrem massereiche Sterne enthält. Eine Theorie besagt, dass VFTS 682 in diesem Sternhaufen entstand und dann durch gravitative Wechselwirkungen aus ihm herauskatapultiert wurde. Dagegen spricht allerdings die geringe Eigengeschwindigkeit des Sterns und die Tatsache, dass es in seiner Umgebung offenbar keine Hinweise auf ein sogenannten Bowshock gibt. Bowshocks sind gewaltige Schockwellen, die von Sternen erzeugt werden, wenn sie sich mit hohen Geschwindigkeiten durch das interstellare Medium bewegen. Seine relativ isolierte Position knapp 100 Lichtjahre von dem Sternhaufen entfernt lässt ebenfalls darauf schließen, dass er sich aus einer riesigen Gas- und Staubwolke vor Ort gebildet hat.
Der Tarantelnebel ist eine wahre Fundgrube für Astronomen und Astrophysiker, die sich mit den verschiedensten Facetten der Sternentstehung beschäftigen: von dem gravitativen Kollaps lokaler Gasansammlungen in Protosterne über die Entwicklung massereicher Sterngiganten wie VFTS 682 bis hin zu Supernova-Explosionen. Die Fülle an neuen Daten und Erkenntnissen dient der Überarbeitung aktueller Modelle und Computersimulationen, um die komplexen Prozesse besser beschreiben und verstehen zu können.
Eine größere Version der Aufnahme gibt es unter:
https://cdn.eso.org/images/large/eso1117a.jpg
Anmerkung der Redaktion
Die anderen drei Vorschläge für das Astro-Bild der Woche waren:
Bild 1: Der Sternhaufen NGC 3293
Bild 2: Der Kugelsternhaufen 47 Tucanae
Bild 3: Weitfeldaufnahme des Schatzkästchens NGC 4755
(THK)
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