Sternentstehungsregionen wie der hier abgebildete Nebel RCW 49 sind unverzichtbare Beobachtungsobjekte für Astronomen. RCW 49 wird auch unter der alternativen Katalogbezeichnung Gum 29 geführt und liegt in Richtung des Sternbildes Carina (Kiel des Schiffs).
RCW 49 ist als eine sogenannte H-II-Region klassifiziert. Das bedeutet, dass die ausgedehnten Nebelstrukturen hauptsächlich aus ionisiertem, atomaren Wasserstoff bestehen. Die notwendige Energie zur Ionisation stammt von jungen, massereichen Sternen im Zentrum des Nebels. Dort befindet sich der junge Sternhaufen Westerlund 2, dessen Sterne enorme Mengen energiereicher, ultravioletter Strahlung abgeben. Die Strahlung ionisiert zum einen die umgebenden Gaswolken und gestaltet im Zusammenspiel mit den starken Sternwinden auch das Aussehen des Nebels mit, indem weniger dichte Gebiete schneller erodiert werden als Gebiete mit höherer Gasdichte.
Die Sternentstehungsregion hat einen Durchmesser von mindestens 200 Lichtjahren – abhängig von der tatsächlichen Entfernung. Neueste Messungen gehen hier von circa 26.000 Lichtjahren aus. Mit dem Weltraumteleskop Spitzer und anderen Hochleistungsteleskopen konnten circa 2.200 Sterne in dem Gebiet registriert werden. Dazu kommen 300 Protosterne mit protoplanetaren Scheiben aus Gas und Staub. In späteren Entwicklungsstadien könnten sich dort in ferner Zukunft Planeten bilden, so wie Astronomen es bereits bei vielen älteren Sternsystemen beobachtet haben.
Das obenstehende Bild wurde aus Daten erstellt, die das Weltraumteleskop Spitzer im infraroten Wellenlängenbereich des elektromagnetischen Spektrums gesammelt hat. Infrarote Wellenlängen eignen sich besonders gut für derartige Beobachtungen, weil sie auch verhältnismäßig dichte Staubwolken durchdringen können, die kein sichtbares Licht mehr durchlassen. Während man mit gewöhnlichen optischen Teleskopen also kaum etwas erkennen würde, weil ein erheblicher Teil des Lichts blockiert wird, offenbaren Infrarotaufnahmen noch zahlreiche Details innerhalb der Gasnebel.
Auf diese Weise und gegebenenfalls mit Beobachtungen in anderen Wellenlängenbereichen kombiniert, können Astronomen Rückschlüsse auf die komplexen physikalischen Vorgänge ziehen, die in diesen Regionen ablaufen. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle. Beispielsweise haben die massereichen Sterne in den jungen Sternhaufen keine lange Lebensdauer, weshalb sie bereits nach einigen Millionen Jahren als spektakuläre Supernovae enden. Die gewaltigen Schockwellen der explodierten Sterne wiederum nehmen Einfluss auf die Gasansammlungen in ihrer Umgebung: Sie komprimieren und destabilisieren das vorhandene Gas und bringen es dazu, unter seiner eigenen Schwerkraft zu kollabieren – die Folge ist die Entstehung eines neuen Sterns.
Das ist nur einer von zahlreichen Faktoren, die bei der Untersuchung solcher Sternentstehungsregionen berücksichtigt werden müssen. Es gibt allerdings noch viele offene Fragen hinsichtlich der Entstehung und Entwicklung von Sternen, deren Beantwortung weitere Beobachtungen notwendig macht. Bahnbrechende neue Erkenntnisse erhoffen sich Astronomen fast aller Fachgebiete vom Nachfolger des Weltraumteleskops Hubble, dem James Webb Space Telescope, dessen Start für das Jahr 2018 geplant ist.
Eine größere Version der Aufnahme gibt es unter:
http://photojournal.jpl.nasa.gov/jpeg/PIA05989.jpg
Anmerkung der Redaktion
Die anderen drei Vorschläge für das Astro-Bild der Woche waren:
Bild 2: wird nächste Woche zum Astro-Bild der Woche (Losentscheid wegen Stimmengleichstand)
Bild 3: Die Sternentstehungsregion Henize 206
Bild 4: Die nahe Zwerggalaxie NGC 1569
(THK)
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