Ein Verwerfungssystem, das sich von San Diego bis nach Los Angeles zieht, kann Erbeben bis zur Stärke 7,3 erzeugen, falls die küstennahen Segmente aufreißen, und 7,4, falls das südliche Landsegment ebenfalls aufreißt. Das ist das Ergebnis einer Analyse unter Leitung der Scripps Institution of Oceanography an der University of California in San Diego.
Die Newport-Inglewood- und Rose-Canyon-Verwerfungen (NIRC-Verwerfungen) wurden als separate Systeme betrachtet, aber die Studie zeigt, dass sie tatsächlich ein durchgehendes Verwerfungssystem darstellen, das sich von der San Diego Bay bis nach Seal Beach in Orange County zieht, und dann an Land durch das Los-Angeles-Becken verläuft.
„Dieses System verläuft hauptsächlich vor der Küste, aber nie mehr als circa 6,5 Kilometer von den Küsten San Diegos, Orange Countys und Los Angeles Countys entfernt“, sagte die Hauptautorin der Studie, Valerie Sahakian. Sie führte die Studie im Rahmen ihrer Doktorarbeit an der Scripps Institution durch und ist jetzt Postdoktorandin am U.S. Geological Survey (USGS). „Sogar bei einem starken Erdbeben der Magnitude 5 oder 6 kann das noch bedeutende Auswirkungen auf diese Regionen haben, die zu den am dichtesten besiedelten Gebieten in Kalifornien gehören.“
Die Studie mit dem Titel „Seismic constraints on the architecture of the Newport-Inglewood/Rose Canyon fault: Implications for the length and magnitude of future earthquake ruptures“ erscheint im Journal of Geophysical Research der American Geophysical Union.
Die Forscher verarbeiteten Daten von früheren seismologischen Untersuchungen und ergänzten sie mit hochauflösenden bathymetrischen Daten, die von Scripps-Wissenschaftlern zwischen 2006 und 2009 vor der Küste gesammelt wurden. Außerdem flossen seismologische Untersuchungen in die Studie ein, die im Jahr 2013 an Bord der ehemaligen Scripps-Forschungsschiffe New Horizon und Melville durchgeführt wurden.
Die grundverschiedenen Daten haben unterschiedliche Auflösungen und Penetrationstiefen, was eine „verschachtelte Beobachtung“ der Region ermöglicht. Dieser Ansatz erlaubte den Wissenschaftlern, die Verwerfungsarchitektur mit bisher unerreichter Auflösung zu definieren und dadurch Abschätzungen der Erdbebenmagnitude mit höherer Sicherheit zu erstellen.
Sie identifizierten vier Segmente der Blattverschiebung, die von etwas aufgespalten wurden, das Geowissenschaftler als Stepover bezeichnen: Punkte, wo die Verwerfung horizontal verschoben ist. Forscher gehen allgemein davon aus, dass Stepover, die breiter als drei Kilometer sind, mit höherer Wahrscheinlichkeit Brüche entlang der gesamten Verwerfung verhindern und sie stattdessen in einzelne Segmente aufteilen, was schwächere Erdbeben auslöst. Weil die Stepover in der Newport-Inglewood/Rose-Canyon-Verwerfung (NIRC) höchstens zwei Kilometer breit sind, sei dem Forschungsteam zufolge ein Aufreißen aller küstennahen Segmente möglich, sagte der Co-Autor und Scripps-Geologe Neal Driscoll.
Das Team nutzte zwei Schätzmethoden, um das maximale Potenzial eines Bruchs der gesamten Verwerfung inklusive ihrer Küsten- und Landsegmente abzuleiten. Beide Methoden ergaben Schätzungen zwischen Magnitude 6,7 und Magnitude 7,3 bis 7,4.
Das Verwerfungssystem ist bekannt für ein Erdbeben der Stärke 6,4, bei dem 1933 in Long Beach (Kalifornien) 115 Menschen ums Leben kamen. Forscher haben Belege für frühere Erdbeben mittlerer Stärke auf den Landsegmenten der Verwerfung gefunden. Demnach gab es am nördlichen Ende des Verwerfungssystems zwischen drei und fünf Brüche in den vergangenen 11.000 Jahren. Am südlichen Ende gibt es Anhaltspunkte für ein Erdbeben, das vor ungefähr 400 Jahren stattfand und wenig signifikante Aktivitäten in den 5.000 Jahren davor.
Driscoll hat kürzlich lange Sedimentkerne von der küstennahen Segmenten der Verwerfung gesammelt, um frühere Brüche entlang der küstennahen Segmente zu datieren, aber die Arbeit war nicht Teil dieser Studie.
Außer Sahakian und Driscoll wirkten Jayne Bormann, Graham Kent und Steve Wesnousky (Nevada Seismological Laboratory an der University of Nevada in Reno) sowie Alistair Harding von der Scripps Institution als Autoren an der Studie mit. Southern California Edison finanzierte die Forschung unter Leitung der California Energy Commission und der California Public Utilities Commission.
„Weitere Untersuchungen werden gewährt, um das aktuelle Wissen über das Erdbebenpotenzial des NIRC-Verwerfungssystems und die Bedrohungen für urbane Küstengebiete von Tijuana bis Los Angeles zu verbessern“, besagt die Studie.
(THK)
Antworten